Die missionarische Dimension des Ordens der Barmherzigen Brüder

Eine prophetische Stimme Im Dienst des kranken und hilfsbedürftigen Menschen

HOSPITALORDEN DES HL

 

HOSPITALORDEN DES HL. JOHANNES V. GOTT

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DIE  MISSIONARISCHE  DIMENSION

 

DES  ORDENS  DER  BARMHERZIGEN  BRÜDER

 

 

Eine prophetische Stimme im Dienst des kranken und hilfsbedürftigen Menschen

 

                                                                          

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ROM, 1997 

HOSPITALORDEN DES HL. JOHANNES V. GOTT

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DIE  MISSIONARISCHE  DIMENSION

 

DES  ORDENS  DER  BARMHERZIGEN  BRÜDER

 

 

Eine prophetische Stimme im Dienst des kranken und hilfsbedürftigen Menschen

 

                                                                          

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ROM, 1997 

 

 

 

 

 


INHALTSVERZEICHNIS

 

Abkürzungen

VORWORT

EINLEITUNG

 

I TEIL. UNSER AUFTRAG IN DER KIRCHE: DAS EVANGELIUM VON

              DER BARMHERZIGKEIT VERKÜNDEN UND ERFAHRBAR MACHEN

 

Kapitel I. Die Dimension der Evangelisierung in der Kirche

1.         Jesus von Nazareth und der Sinn des menschlichen Lebens

2.         Glaubenserfahrung und Verkündigung der Heilsbotschaft

3.         Der Auftrag der Kirche zur Evangelisierung: eine ständige Aufgabe

4.         Die evangelisierende und pastorale Kraft des Zweiten Vatikanischen Konzils

5.         Forderungen der Evangelisierung nach dem kirchlichen Lehramt:

            Evangelii Nuntiandi und Redemptoris missio

6.         Missionarische Antworten der Kirche: die neue Evangelisierung

7.         Das geweihte Leben im Licht des Mysteriums und der Sendung der Kirche

 

Kapitel II. Johannes von Gott: Bruder und Diener für das Heil aller Menschen

1.         Von der Barmherzigkeit Gottes betört

2.         Zeuge der Freundschaft Gottes zum Menschen

3.         Er steckte die anderen mit seiner Nächstenliebe an

4.         Die ersten Gefährten

5.         Prophetische und evangelisierende Zeichen seines Lebens

 

II TEIL. ZUR EVANGELISIERUNG DER ARMEN UND KRANKEN BERUFEN.

               EIN HISTORISCHER RÜCKBLICK

 

Kapitel III. Der Hospitalorden bis zur Hälfte des 19. Jahrhunderts

1.         Vom Tod des hl. Johannes v. Gott bis zur Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen

2.         Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen

2.1.      Die spanische Kongregation

2.2.      Die italienische Kongregation

3.         Der Orden in Amerika

4.         Der Orden in Asien, Afrika und Ozeanien

5.         Werte der Hospitalität und andere Faktoren, die einen wichtigen Einfluß auf die

            Ausbreitung des Ordens ausgeübt haben

6.         Der Hospitalität treu geblieben bis zum Martyrium

 

Kapitel IV. Apostolisch-missionarische Arbeit des Ordens ab der Hälfte

                    des 19. Jahrhunderts

1.         Erlöschen der spanischen Kongregation

2.         Verfall der italienischen Kongregation

3.         Verfall und Erlöschen des Ordens in den Überseeprovinzen

 

 

 

 

III TEIL. DIE HOSPITALITÄT: DER BESONDERE AUFTRAG DES ORDENS

 

Kapitel V. Leitlinien des Ordens für die Evangelisierung

1.         Geschichtlicher Werdegang der Konstitutionen

2.         Prinzipien der Evangelisierung

3.         Die missionarische Dimension in den Schriften der Brüder

4.         Die Missionstätigkeit des Ordens: Meinungen, Standpunkte und Erklärungen unserer

            Brüder in der Mission

 

Kapitel VI. Instrumente des Ordens im Dienst der Evangelisierung

1.         Organe der Generalkurie im Dienst der Missionsarbeit

2.         Interprovinzielle und Provinzorgane

 

IV TEIL. HOSPITALITÄT HEUTE

 

Kapitel VII. Die neue Blüte der Hospitalität

1.         Europa: dynamische Kraft des Ordens

2.         Der Orden in Amerika heute

3.         Afrika: neue Lebenskraft für den Baum der Hospitalität

4.         Asien: die Barmherzigen Brüder in einer Kultur voller Kontraste

5.         Ozeanien: neue Horizonte der Hospitalität

 

Kapitel VIII. Aktuelle Herausforderungen für die Missionstätigkeit des Ordens

1.         Die Berufung des Barmherzigen Bruders im Licht der Missionsarbeit

2.         Die missionarische Animation: eine ständige Herausforderung für unsere Kommunitäten

3.         Die Charta zur missionarischen Animation

4.         Grundlagen unserer Missionsarbeit

5.         Die Neue Hospitalität: Neuevangelisierung im Geist des hl. Johannes v. Gott

 

DOKUMENTATION UND BIBLIOGRAPHIE

 

 

 


WICHTIGE ABKÜRZUNGEN

 

 

AG                   AD GENTES. II. Vaticanum

                        Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche.

AGFR              Archiv der Generalkurie der Barmherzigen Brüder in Rom

AIP                  Archiv im Pisas-Haus in Granada

Celam IV         IV. Bischofskonferenz Lateinamerikas

                        Santo Domingo (12. - 28. Oktober 1992)

DV                   DEI VERBUM. II. Vaticanum

                        Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung

EA                   Ecclesia in Africa

EN                   EVANGELII NUNTIANDI. Apostolisches Schreiben von Paul VI.

                        Die Evangelisierung in der Welt von heute

GL                   Brief des hl. Johannes v. Gott an Gutierrez Lasso

GS                   GAUDIUM ET SPES. II. Vaticanum

                        Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute

GST.                Generalstatuten des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott

HS                   Brief des hl. Johannes v. Gott an die Herzogin von Sessa

Konst.              Konstitutionen des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott

                                    (Nach der Abkürzung wird das jeweilige Datum ihres Erscheinens angegeben, z.B. Konst. 1984 usw.)

LB                   Brief des hl. Johannes v. Gott an Luis Bautista

LG                   LUMEN GENTIUM. II. Vaticanum

                        Dogmatische Konstitution über die Kirche

NA                  NOSTRA AETATE. II. Vaticanum

                        Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen

PC                   PERFECTAE CARITATIS. II. Vaticanum

                        Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens

POE                 Präsenz des Ordens in Spanien. Madrid, 1986

RMi                 REDEMPTORIS MISSIO. Enzyklika von Johannes Paul II.

                        über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrages

SALOH           Interprovinzielles Sekretariat des Hospitalordens in Lateinamerika

SC                               SACROSANCTUM CONCILIUM. II. Vaticanum

                        Konstitution über die heilige Liturgie

SD                   SALVIFICI DOLORIS. Apostolisches Schreiben von Johannes Paul II.

                        über das menschliche Leiden

SELARE          Lateinamerikanisches Sekretariat für Erneuerung

VC                   VITA CONSECRATA. Apostolisches Schreiben von Johannes Paul II. über

                        das geweihte Leben

 

 

 

 

            BRIEFE DES HL. JOHANNES V. GOTT. Die Zitate aus den Briefen des hl. Johannes v. Gott stammen aus: Die Regel des heiligen Augustinus - Briefe des heiligen Johannes von Gott. Rom, 1984. Herausgeber: Provinzialat der Barmherzigen Brüder Wien - Regensburg - Frankfurt/M.

 

 

 

 

 

 


VORWORT

 

Das Dokument Die missionarische Dimension des Hospitalordens, das Sie in Händen halten, ist eine Arbeit, mit der eine wichtige Lücke in der Ordensliteratur gefüllt wird.

 

Das Dokument ist das Ergebnis eines langen Arbeitsprozesses, den ich kurz darstellen möchte:

 

·      Bei einer Zusammenkunft der Generalkommission für Animation vom 11. bis 13. März 1992 erkannte man die Notwendigkeit, ein Dokument über die “missionarische Dimension des Ordens” zu erstellen. Ohne den Titel zu definieren,. vereinbarte man, daß in dem Dokument die Missionstätigkeit des Ordens in der Vergangenheit und Gegenwart dargestellt sowie ein Ausblick in die Zukunft gegeben werden sollte.

 

·      Bei der folgenden Zusammenkunft vom 16. bis 18. Oktober desselben Jahres beschäftigte man sich erneut mit dem ins Auge gefaßten Dokument und kam überein, daß die bevorstehende Feier des 500. Geburtstages des hl. Johannes v. Gott eine ideale Gelegenheit darstellte, dem Orden das Dokument vorzulegen und dadurch das apostolische Bewußtsein bei den Brüdern und Mitarbeitern zu stärken.

 

·      1993, bei der Begegnung vom 26. bis 27. Mai, wurde der Generalkommission ein Schema mit den wichtigsten Punkten des angestrebten Dokumentes zur Prüfung vorgelegt. Das Schema wurde mit einigen geringfügigen Abänderungen von der Kommission gutgeheißen.

 

·      In der Folge wurde ein Arbeitskreis gebildet, in den Fr. Pascual Piles, seinerzeit erster Generalrat, und der Generaldelegat Afrikas Fr. Juan Bautista Carbó sowie die Mitbrüder Fr. Jesús Etayo und Fr. Ubaldo Feito berufen wurden, die die Arbeit unter sich aufteilten.

 

·      Bei der nächsten Zusammenkunft der Generalkommission für Animation vom 18. bis 20. Mai 1994 drängte man erneut darauf, daß das Dokument im Festjahr des 500. Geburtsjahres des hl. Johannes von Gott publiziert werden sollte.

 

·      Obwohl sich der Arbeitskreis nach Kräften anstrengte, mußte beim Generalkapitel 1994 in Bogotá bekanntgegeben werden, daß das Dokument unmöglich fristgerecht fertiggestellt und publiziert werden konnte

 

·      Die Erstellung und Publikation des Dokumentes wurde deswegen in das Programm der Generalleitung für das Sexennium 1994-2000 aufgenommen und sollte in dem Arbeitsabschnitt 1996-1997 mithilfe des bestehenden Arbeitskreises, P. General miteingeschlossen, erfolgen.

 

·      Bei der Zusammenkunft der Generalkommission für Animation vom 26. bis 27. Juni 1995 kam man überein, daß das Dokument sehr gut bei der im Oktober 1997 geplanten Generalkonferenz vorgelegt werden könnte.

 

·      Nachdem alle Mitglieder des Arbeitskreises ihren Teil erarbeitet hatten, wurde das Dokument auf mögliche Wiederholungen geprüft und überarbeitet und der Generalkommission für Animation bei der Zusammenkunft vom 5. bis 6. Juni 1997 vorgelegt und soll nunmehr an die Provinzen weitergeleitet werden.

Damit glauben wir, die uns anvertraute Aufgabe im Sinne des Ordens erfüllt zu haben. Außer uns eingehend mit dem Kern der Sendung der Kirche, sprich der Evangelisierung, und dem Beitrag, den wir Ordenschristen dazu leisten können, zu beschäftigen, haben wir die Missionstätigkeit des Ordens im Laufe der Geschichte darzustellen versucht und die Reichgottesarbeit, die von unseren in der Mission tätigen Brüdern zur Zeit in den Entwicklungsländern geleistet wird, mit Dankbarkeit und Anerkennung gewürdigt. Entsprechend einer Empfehlung, die von der Generalkommission für Animation bei einer Sitzung im März 1992 formuliert wurde, haben wir uns auch bemüht, einen Ausblick auf die Herausforderungen zu geben, die den Orden bei seiner Tätigkeit in den Missionen in Zukunft erwarten.

 

Es freut mich, daß ich dem Orden diese Arbeit übergeben darf. Ich bin sicher, daß ihr wichtige Impulse für das spirituelle und apostolische Wachstum der Brüder und Mitarbeiter entnommen werden können.

 

 

 

 

 

Fr. Pascual Piles

Generalprior

 

Rom,  den 12. Oktober 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EINLEITUNG

 

Die missionarische Dimension ist ein charakteristisches Kennzeichen unseres Ordens, das die Tätigkeit unserer Gemeinschaft seit ihrem Bestehen geprägt hat. Der missionarische Geist, der unsere Gemeinschaft heute wie gestern erfüllt, ist ein lebendiges Zeichen dafür, daß die Barmherzigkeit Gottes durch die in Tat und Wort gelebte christliche Liebe zu allen Menschen dringen will und erfahrene Gottesliebe, wie wir am Leben des hl. Johannes v. Gott und zahlreichen anderen heiligen Männern und Frauen sehen, unwiderstehlich danach drängt, weitergegeben zu werden.

 

Das Dokument gliedert sich in vier Teile. Der erste, der aus zwei Kapiteln gebildet ist, trägt den Titel Unser Auftrag in der Kirche: Das Evangelium von der Barmherzigkeit verkünden und erfahrbar machen. Das erste Kapitel illustriert die evangelisierende Tätigkeit der Kirche ausgehend von dem neuen Sinn, den Jesus von Nazareth dem Leben des Menschen durch sein Heilswerk gegeben hat, das er seinen Jüngern aufgetragen hat, in der Welt fortzuführen.  Von ihnen hat die Christengemeinde, die durch das Pfingstereignis zusammengeführt wurde, als wichtigste Aufgabe den Auftrag erhalten, das Evangelium zu bezeugen und zu verkünden. In diesem Kontext beschäftigt sich das Dokument besonders ausführlich mit der missionarischen Dimension der Kirche auf dem Hintergrund des II. Vaticanums und mit der Dimension der Evangelisierung als wesentlichen Inhalt des geweihten Lebens.

 

Das zweite Kapitel hat die Gestalt unseres Gründers zum Gegenstand, der, von der barmherzigen Liebe Gottes umgestaltet und gebannt, von dem unstillbaren Bedürfnis erfaßt wurde, diese beglückende Erfahrung in zeichenhafter und prophetischer Weise an die Kranken und Hilfsbedürftigen weiterzugeben. In Johannes von Gott hat unsere Ordensfamilie ihren Ursprung; mit ihm und durch ihn haben wir an der universellen Sendung der Kirche teil.

 

Der zweite Teil des Dokumentes mit dem Titel Zur Evangelisierung der Armen und Kranken berufen zeichnet den geschichtlichen Werdegang des Ordens von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nach. In den zwei Kapiteln, aus denen dieser Teil besteht, wird das apostolische und missionarische Engagement gewürdigt, das unsere Brüder erfüllte und einige von ihnen sogar zu Märtyrern machte (drittes Kapitel), während im vierten geschildert wird, wie sie nach der Krise der Aufklärungszeit wieder zu neuer Lebenskraft und erstarkter evangelischer Zeichenhaftigkeit zurückfanden.

 

Die zwei Kapitel, die den dritten Teil bilden, der den Titel trägt Die Hospitalität: der besondere Auftrag des Ordens, geben einen Überblick über die Mittel und Instrumente, mit denen sich der Orden bemüht hat, den apostolischen Geist der Brüder wach zu halten und seine Sendung im Gesundheitsdienst strukturell und ökonomisch zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird auf wichtige Dokumente des Ordens, die Konstitutionen und die Rundschreiben einiger Generaloberen Bezug genommen sowie eine Reihe von schriftlichen Zeugnissen von herausragenden Brüdern angeführt, die sich, wie z.B. der heilige Richard Pampuri, durch ihr Leben und ihren Dienst in der Hospitalität im Bereich der Sendung “ad gentes” (fünftes Kapitel) besondere Verdienste erworben haben. Das sechste Kapitel beschreibt kurz die wichtigsten Organe, die der Orden zum Dienst der Evangelisierung eingerichtet hat.

 

Im vierten Teil mit dem Titel Hospitalität heute wird dargestellt, wie die Kraft des Charismas der Hospitalität in unserem Jahrhundert dank dem vorbildhaften Leben und großmütigen Einsatz der Brüder zu neuer Blüte gelangt ist. Dank dieser Blüte ist der Orden heute, trotz des schwierigen gesellschaftlichen Umfeldes, mit dem er vielerorts konfrontiert ist, in der Lage, das Evangelium der Barmherzigkeit auf allen fünf Kontinenten zu verbreiten (siebtes Kapitel).

 

Das letzte Kapitel handelt von den aktuellen Herausforderungen der Missionsarbeit und versucht aufzuzeigen, wie wir Barmherzigen Brüder unsere Berufung in unseren Gemeinschaften, erfüllt von echtem missionarisch-apostolischem Geist, leben sollen, damit die neue Hospitalität wirklich einen Beitrag zur neuen Evangelisierung leistet.

 

Das Dokument wendet sich an alle Brüder, die heute gemeinsam mit den Mitarbeitern in den Häusern des Ordens an der neuen Hospitalität arbeiten. Zugleich wendet es sich an die kommenden Brüdergenerationen, denen es den ganzen spirituellen Reichtum darbieten will, den der Orden in jahrhundertelanger, unermüdlicher Missionstätigkeit in Treue zum hl. Geist, der Kirche, dem hl. Johannes v. Gott und dem leidenden Menschen zusammengetragen hat, damit sie mit demselben Elan die Botschaft Christi in allen Teilen der Welt weitertragen.

 

Mit dieser Schrift soll nicht zuletzt das Werk der vielen Brüder gewürdigt werden, die uns vorausgegangen sind und unter vielfachen Gesichtspunkten einen großen Beitrag zur Evangelisierung und Mission "ad gentes" geleistet haben. Zugleich hoffen wir, daß die Schrift auch ein Echo in der Praxis findet. Wenn jede Provinz sich bemüht, die eigene Geschichte neu zu entdecken, und die vielen, oft verschütteten Lebenszeugnisse der Brüder zu Tage zu fördern, denen wir die heutige Wirkkraft des Ordens verdanken, können die kommenden Generationen nicht nur wertvolle Impulse aus dem Enthusiasmus und der Opferbereitschaft dieser Brüder gewinnen, sondern auch überzeugende Motivationen für ein Leben im Dienst des Charismas finden, das wir vom hl. Johannes v. Gott als Vermächtnis empfangen haben.

 


 

 

 

 

I. TEIL

 

 

UNSER AUFTRAG IN DER KIRCHE:

 

DAS EVANGELIUM VON DER BARMHERZIGKEIT VERKÜNDEN UND ERFAHRBAR MACHEN

 



Erstes Kapitel

 

 

DIE DIMENSION DER EVANGELISIERUNG IN DER KIRCHE

 

 

1. Jesus von Nazareth und der Sinn des menschlichen Lebens

 

Die Dimension der Evangelisierung in der Kirche besteht darin, der Menschheit das Heil Jesu Christi zu vermitteln, der gekommen ist, um uns in den Plan der Liebe einzugliedern, den Gottvater für den Menschen seit dem Schöpfungsbeginn im Sinn hatte.

 

Gottvater hat uns aus Liebe und Güte erschaffen und will, daß wir an seiner göttlichen Natur teilhaben: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gen 1,1) und "Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn" (Gen 1,27). Er erschuf und ordnete alles auf das ewige Wort, seinen geliebten Sohn hin: "Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare... alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen" (Kol 1,16).

 

Gott hat uns seit jeher dazu bestimmt, "seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen, zum Lob seiner herrlichen Gnade" (Eph 1, 5-6). Dieses Liebeswollen bewirkt " zugleich seine Herrlichkeit und unsere Seligkeit” (AG 2).

 

Durch Jesus wissen wir, daß der Vater sich im Sohn, und der Vater und der Sohn im Heiligen Geist offenbaren. Aus dieser dreifaltigen Liebe ist der Mensch geboren worden, "die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur" (GS 24), weil nur der Mensch dazu bestimmt ist, am göttlichen Leben teilzuhaben. Zu diesem Zweck sind wir erschaffen worden, das ist der Hauptgrund unseres Daseins.

 

Aufgrund seiner Schwächen hat der Mensch zwiespältige Gefühle gegenüber Gott entwickelt. Die Geschichte Israels ist für die widersprüchliche Haltung des Menschen gegenüber Gott ein eindrucksvolles Beispiel. Das auserwählte Volk schwankte immer wieder zwischen der Liebe und dem Glauben zu Gott und Untreue und Götzendienst hin und her.

 

Diese Zwiespältigkeit hat seit jeher das Handeln des Menschen geprägt. Ständig aufs neue hat er sich über das Rätsel des Lebens befragt, auf das die verschiedensten Strömungen des menschlichen Denkens vergebens eine endgültige Antwort zu geben versucht haben. Die großen Fragezeichen, die über unserem Leben stehen, das Leiden und der Tod, lassen den Menschen oft an der barmherzigen Liebe Gottes des Vaters, so wie sie uns durch die Schöpfung geoffenbart wurde, zweifeln.

 

Gott hat jedoch durch den heiligen Bund die Verbindung zum Menschen nie abbrechen lassen und hat dem Menschen seine Liebe und Güte immer wieder unter Beweis gestellt, bis er sie in seinem Sohn Jesus Christus definitiv offenbarte: "Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt hat” (Hebr 1,1-2).

 

So wurde Jesus, als Gesandter des Vaters und Gesalbter des Geistes, für den Menschen zum Weg der Befreiung und des Heils und hat seinem Dasein seinen endgültigen Sinn gegeben, denn "Gott will, daß alle Menschen gerettet werden" (1 Tim 2,4). Jesus kam, um den Heilsplan zu vollenden, der von den Propheten angekündigt worden war.

 

Das ganze Leben und Wirken Jesu sind auf diese Sendung hingeordnet, wie uns im Johannesevangelium gesagt wird: "... der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll" (Joh 12, 49;  RMi 5).

 

Jesus ist der einzige Weg, der uns zu Gott zurückführt. Seine Sendung ist, alles nach dem Schöpfungsplan zu ordnen. Er ist der höchste Ausdruck der Liebe Gottes des Vaters: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen" (Joh 14, 6-9). Jesus verkündet die Frohe Botschaft Gottes, der uns einlädt, ihn als Vater anzuerkennen und unser Leben mit Vertrauen auf ihn in Erfüllung seines Willens hinzuordnen.

 

Die dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung erinnert uns: "Er (Jesus Christus) ist es, der durch sein ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung, durch Worte und Werke, durch Zeichen und Wunder, vor allem aber durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung, schließlich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit die Offenbarung erfüllt und abschließt und durch göttliches Zeugnis bekräftigt, daß Gott mit uns ist, um uns aus der Finsternis von Sünde und Tod zu befreien und zu ewigem Leben zu erwecken" (DV 4).

 

Mit Gott Gemeinschaft haben durch Jesus Christus und den Heiligen Geist heißt, eine neue Gesellschaft im Zeichen der Brüderlichkeit und Solidarität begründen, heißt, in besonderer Weise auf der Seite des Schwachen und Schutzlosen im Stil Jesu als Vorausdeutung auf das Reich Gottes stehen. Wer verkündet, daß Gott der Vater aller Menschen ist und daß deswegen alle Menschen Brüder sind, die dazu bestimmt sind, sich gemeinsam zum Vater auf den Weg zu machen und eine Welt aufzubauen, die zur vollen Fülle kommen wird, wenn Gott alles in allem sein wird, stellt die menschlichen Beziehungen auf eine total neue Grundlage.

 

 

2. Glaubenserfahrung und Verkündigung der Heilsbotschaft

 

Nachdem sich Jesus als Gesandter des Vaters zu erkennen gegeben hatte, begann er nach dem Vorbild der alten Meister Schüler um sich zu scharen, um mit ihnen sein Wort und Leben zu teilen.

 

Unter ihnen wählte er  Apostel und Jünger aus (vgl. Lk 5, 10-11; 10, 1; Mk 3, 14). So entstand um Jesus die christliche Urgemeinde, aus der sich später die Kirche Christi bildete. Außer den Personen, die namentlich in den Evangelien genannt werden, vernahmen viele andere sein Wort und begannen den Glauben nach seiner Lehre zu leben, die ihr Leben radikal veränderte.

 

Aus dem Ostergeschehen wuchs die Kirche. Diese von Jesus und seinen Jüngern gebildete neue Realität war ein greifbarer Ausdruck des Heilsplanes Gottes. Nach seiner Auferstehung gab der Herr den Aposteln den "weltkirchlichen Auftrag zur Evangelisierung", durch den sie ihre Erfahrung allen Menschen weiter vermitteln sollten. ”Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen” (Mk 16, 15; vgl. Mt 29, 19; Joh 20, 21).

 

Am Pfingsttag empfingen sie den Heiligen Geist und schwärmten in die ganze Welt aus, um die Botschaft Jesu zu verkünden, die ihr Leben mit Hoffnung und Freude erfüllt hatte. Getragen von der Kraft des Heiligen Geistes begann die christliche Urgemeinde die Heilsbotschaft in der ganzen Welt zu verbreiten: "Um dies zu vollenden, hat Christus vom Vater her den Heiligen Geist gesandt, der sein Heilswerk von innen her wirken und die Kirche zu ihrer eigenen Ausbreitung bewegen soll" ( AG 4).

 

Die Kirche hat in dieser ersten Gruppe von Jüngern, die sich um Jesus scharte, stets ein Bezugsmodell für die christliche Gemeinschaft und ihre Sendung in der Welt gesehen. “Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten" (Apg 2, 42), und waren " ein Herz und eine Seele” (Apg 4, 32).

 

In der Folge entstanden neue Gemeinden in Samaria, Cäsarea, Syrien, Kleinasien und Europa. Es ist klar, daß diese Gemeinden ohne einen starken Gemeinschaftssinn nicht überlebt hätten und sich ohne ein ausgeprägtes Sendungsbewußtsein nie so ausgebreitet hätten, wie es dann geschehen ist.

 

Als ein herausragendes Modell für die Missionstätigkeit kann die Kirche in Antiochia bezeichnet werden (vgl. Apg 11, 19-30). Ihre Gründer kamen aus der Gemeinde von Jerusalem. Nach ihrer Ankunft in Antiochia beschlossen sie, gedrängt vom Heiligen Geist, sich der Evangelisierung zu widmen und machten aus der Missionstätigkeit einen tief im Glauben verwurzelten Lebensstil. So begann das Missionswerk der Kirche, das bis heute andauert.

 

 

3. Der Auftrag der Kirche zur Evangelisierung: eine ständige Aufgabe

 

Die Evangelisierung ist für Kirche Ausdruck der Gemeinschaft mit Christus: "So wird deutlich, daß die missionarische Tätigkeit zuinnerst aus dem Wesen der Kirche hervorquillt. Sie breitet ihren heilschaffenden Glauben aus, verwirklicht in der Ausbreitung ihre katholische Einheit und wird von ihrer Apostolizität gehalten. Sie ist Vollzug der kollegialen Gesinnung ihrer Hierarchie und bezeugt, verbreitet und fördert ihre Heiligkeit" (AG 6).

 

Die Identität der Kirche hat sich im Lauf der Geschichte ganz besonders im Auftrag zur Evangelisierung gezeigt: "Wir wollen erneut bekräftigen, daß die Aufgabe, allen Menschen die Frohbotschaft zu verkündigen, die wesentliche Sendung der Kirche ist, eine Aufgabe und Sendung, die die umfassenden und tiefgreifenden Veränderungen der augenblicklichen Gesellschaft nur noch dringender machen. Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. Sie ist da, um zu evangelisieren" (EN 14).

 

Die Frohe Botschaft ist an zahllose Orte überall auf der Welt gelangt; trotzdem bleibt die Tatsache, daß bisher nur ein Drittel der Menschheit evangelisiert wurde: "Während wir uns dem Ende des zweiten Jahrtausends des Erlösungswerkes nähern, wird es immer deutlicher, daß jene Völker, zu denen noch keine erste Verkündigung von Christus gedrungen ist, die Mehrheit der Menschheit bilden" (RMi 40).

 

Ein wichtiger Aspekt bei der Evangelisierung waren die wechselnden Fortschritte und Rückschritte, die es bei diesem Bestreben gegeben hat (vgl. AG 6). Die Ausbreitung der Kirche fiel mit der Zeit der Entdeckungen und Eroberungen zusammen, weshalb diese Zeit gemeinhin auch als das “christliche Zeitalter” bezeichnet wird, das mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches und der Christianisierung der europäischen Völker begann. Die Entdeckung Amerikas und die Missionen in Asien und Afrika markierten wichtige Momente in der Geschichte der Evangelisierung.

 

Die Kirche ist bei der Durchführung ihres Auftrages zahlreichen Hindernissen begegnet, als deren wichtigste hier erwähnt werden sollen: der Widerstand vieler Kulturen gegen den christlichen Glauben, die Verfolgung durch politische Systeme, die Folgen mangelnder Inkulturation, das schwierige Zusammenleben mit anderen Religionen usw.... Diese Hindernisse wurden allmählich dank der inneren Überzeugung und Kraft, die der Heilige Geist der Kirche schenkte, überwunden. Zugleich bewirkten sie wichtige Phasen der Neubelebung in der Kirche und beeindruckende Zeugnisse, die bis zum Martyrium gingen.

 

In neuerer Zeit sind andere Schwierigkeiten aufgetreten. Tatsächlich haben wir es heute mit einer dominierenden Kultur zu tun, die den Plan Gottes mit der Welt verkennt und seiner innersten Werte beraubt.

 

Die Gesellschaft hat einen tiefen Umbruch erlebt, der die Kirche gezwungen hat, ihre Aufgabenstellung und ihre Position zu überdenken und neu zu definieren. Aus dieser Notwendigkeit wurde das Zweite Vatikanische Konzil einberufen, das dem Werk der Evangelisierung der Kirche eine neue Orientierung gegeben hat.

 

Das Konzil erhellte den Sendungsauftrag der Kirche ausgehend von der christozentrischen Bedeutung der “Inkarnation“ (Menschwerdung Christi) und sah darin den Hauptbezugspunkt, auf den alles hingeordnet werden mußte: "Die Sendung der Kirche vollzieht sich mithin durch das Wirken, kraft dessen sie im Gehorsam gegen Christi Gebot und getrieben von der Gnade und Liebe des Heiligen Geistes allen Menschen und Völkern in voller Wirklichkeit gegenwärtig wird, um sie durch das Zeugnis des Lebens, die Verkündigung, die Sakramente und die übrigen Mitteilungsweisen der Gnade zum Glauben, zur Freiheit und zum Frieden Christi zu führen: So soll ihnen der freie und sichere Weg zur vollen Teilhabe am Christusgeheimnis eröffnet werden" (AG 5).

 

Die Kirche leugnet nicht, daß auch in der Welt und anderen Religionen sich Elemente der Wahrheit finden (vgl. NA 2), doch zugleich erklärt sie, "daß diese pilgernde Kirche zum Heile notwendig ist. Christus allein ist Mittler und Weg zum Heil” (LG 14). Das muß, ausgehend vom Heilsplan Gottes, in einem weiten Sinn verstanden und angewandt werden.

 

Nach dem Konzil, als die Theologie der Missionsarbeit den Bedürfnissen der modernen Welt angepaßt zu sein schien, zeigten sich in der Kirche Tendenzen, die auch die neuen Inhalte der Konzilslehre in Frage stellten. Themen wie Befreiung, politische Theologie, das Heil der Nichtchristen, die Förderung der Gerechtigkeit und des Friedens und die verschiedenen Formen missionarischer Zeugnisablegung und Zusammenarbeit wurden in der nachkonziliären Debatte aus verschiedenen Perspektiven diskutiert und in die Praxis umgesetzt.

 

Die verschiedenen geistigen Strömungen, die sich bei der Interpretation dieser Themen herauskristallisierten, haben verschiedene Stile, Arbeitsweisen und Erfahrungen gezeitigt, die jedoch alle dasselbe Ziel verfolgten.

 

Das apostolische Schreiben "Evangelii Nuntiandi" und die Enzyklika "Redemptoris Missio" haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, daß die verschiedenen Aspekte der Missionstätigkeit harmonisiert und die unterschiedlichen Interpretationen aus der nachkonziliären Zeit überwunden wurden.

 

 

4. Die evangelisierende und pastorale Kraft des Zweiten Vatikanischen Konzils

 

Das Zweite Vatikanische Konzil ist nicht nur der Initiative von Johannes XXIII. zu verdanken, sondern war das Ergebnis einer Entwicklung, die bereits hundert Jahre davor begonnen hatte. Die Kirche spürte bereits seit langem das Bedürfnis, ihre Position vor den tiefen und rapiden Veränderungen der Welt zu klären und neu zu definieren, auch weil sie vor der modernen Philosophie ihren Auftrag nicht mit Denkkategorien aus der Vergangenheit erklären konnte.

 

Es galt, neue Ansätze zu finden, um den Kern des Daseins und Wirkens der Kirche als Sakrament und Gesandte zur Bezeugung der durch Christus geoffenbarten Liebe Gottes deutlich und klar zur Geltung zu bringen. Das neue Selbstverständnis, das sich daraus ergab, kann als der wichtigste Beitrag des II. Vaticanums betrachtet werden, von dem eine große evangelisierende und pastorale Kraft ausgegangen ist.

 

Von dem Konzil wurde viel Neues eingeleitet. In der Folge soll darüber ein kurzer Überblick gegeben werden.

 

 

a) Das Verhältnis der Kirche zur Welt

 

Das Konzil stellte das Verhältnis zwischen Kirche und Welt auf eine neue Grundlage,  indem es den Glauben als Wegangebot und nicht mehr als Herrschaftsanspruch des Religiösen über das Weltliche auffaßte und darstellte.

 

Dieses neue Glaubensverständnis, dessen Pfeiler die Freiheit und die persönliche Überzeugung sind, förderte eine neue Form der Eingliederung der Gläubigen in die Welt, deren Endziel der Aufbau des einen Volkes Gottes aus dem Glauben und der Liebe ist.

 

Das Konzil erkannte das Positive, das die Modernisierung zum Schutz der menschlichen Würde und zur Vertiefung der Beziehung zu Gott leisten konnte, an, insofern die Werte einer gerechten und solidarischen gesellschaftlichen Ordnung im Licht der Offenbarung gewahrt blieben.

 

Außerdem überwand das Konzil die individualistische Perspektive der Zugehörigkeit zum Volk Gottes, indem es die Kirche als Sakrament Christi und Gemeinschaft des Glaubens sah, eine Sichtweise, aus der sich das neue Selbstverständnis der Kirche als Sakrament der Gemeinschaft entwickelte, das aus allen Konzilsdokumenten durchscheint, ganz besonders aus Lumen Gentium und Gaudium et Spes.

 

 

 

 

 

b) Kirche, Gemeinschaft und Sendung

 

Das Konzil sah einen unauflöslichen Zusammenhang zwischen der Kirche in ihrem geheimnisvollen Sein als Gemeinschaft und als Sendungsinstrument. In der Sendung äußert und entfaltet sich die Gemeinschaft; andererseits ist die Gemeinschaft Ursprung und Ziel der Sendung.

 

Die Sendung der Kirche gründet im Mysterium der Gemeinschaft mit Gott und besteht darin, im Stil Jesu Christi das Reich Gottes in Wort und Tat zu verkünden und aufzubauen. Genau das ist letztlich das Ziel der Evangelisierung.

 

Die Definition der Kirche als Heilssakrament eröffnet eine neue Kategorie, in der die kirchliche Gemeinschaft und ihre Sendung in der Welt zusammenfallen.

 

 

c) Die liturgische Reform

 

Die Reform der Liturgie gehörte zu den Erneuerungsmaßnahmen des Konzils, die eine große pastorale Wirkung hatten. Durch sie wurden die Gläubigen zur Überwindung individualistischer, religiöser Einstellungen eingeladen und als Mitglieder des einen Volkes Gottes zur gemeinsamen Feier des Glaubens hingeführt.

 

Die Benutzung der Landessprachen erleichterte das Verständnis der Zeichen und ihre Einbindung in das Alltagsleben. Die gemeinsame Feier der Liturgie half, diese Zeichen im Licht des Lebens neu zu beleben und zu interpretieren.

 

 

d) Andere Themen, die die pastorale und evangelisierende Wirkkraft des Konzils nachhaltig beeinflußten, waren: die Betonung des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen; die Anerkennung der Bedeutung der Laien und ihrer Charismen bei der Reichgottesarbeit in der Welt; die Beziehung zu den Nichtchristen und Nichtgläubigen; die Kollegialität der Bischöfe; die Wiedereinführung des Diakonats, das auch Gläubigen verliehen werden kann, die nicht das Priesteramt anstreben; das Verständnis der Kirche als Gemeinschaft, die zur Fülle der Wahrheit unterwegs ist und die Erklärung über die religiöse Freiheit.

 

Außerdem wurde die Gestalt der Jungfrau Maria Gegenstand eingehender Betrachtungen, die sie in den Mittelpunkt des kirchlichen Seins rückten und als zentrale Mittlerin des Heilswerkes Christi darstellten.

 

 

e) Über die  missionarische Tätigkeit äußerte sich das Konzil in dem Dekret “Ad Gentes”, in dem die Leitlinien der Evangelisierung definiert und ihr folgende Konzepte aus den Konzils-konstitutionen zugrundegelegt wurden::

 

·      Die Kirche als “Heilssakrament” und die Motive, die zur Evangelisierung der Welt drängen (vgl. LG 48);

·      Die Kirche als Hüterin und Mittlerin der Offenbarung Gottes für die ganze Menschheit (vgl. DV 1);

·      Die Reform der Liturgie als wirksamer Impuls für die Evangelisierung (vgl. SC 2);

·      Die Solidarität der Kirche mit der ganzen Menschheit und der Menschheitsgeschichte, die ihren weltkirchlichen Auftrag bedingt (vgl. GS 1).

 

Das Dekret “Ad Gentes” hat zahlreiche neue Ansätze und Ideen bewirkt, die uns bis heute eine hilfreiche Stütze bei der Weiterentwicklung der Evangelisierung waren.

 

 

5. Forderungen der Evangelisierung nach dem kirchlichen Lehramt:

    Evangelii nuntiandi und Redemptoris missio

 

a) Evangelii nuntiandi

 

Das apostolische Schreiben “Evangelii Nuntiandi” wurde von  Paul VI. zehn Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil am 8. Dezember 1975 publiziert.

 

Das Schreiben, dessen Untertitel bezeichnenderweise "Die Evangelisierung in der Welt von heute” lautet,  setzte auf der Linie des Dekretes über die Missionstätigkeit der Kirche “Ad Gentes” sowie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bischofssynode 1974 zum Ziel, "die Kirche des 20. Jahrhunderts besser zu befähigen, das Evangelium der Menschheit des 20. Jahrhunderts zu verkünden" (EN 2).

 

Die große Intuition von Evangelii Nuntiandi war die Erweiterung des Begriffes "Evangelisierung". Das Schreiben bringt das sehr plastisch zum Ausdruck: "In die ganze Welt! Der ganzen Schöpfung! Bis an die Grenzen der Erde!...der Verkündigung des Evangeliums darf man keine Fesseln anlegen... man darf sie nicht einengen auf einen bestimmten Bereich der Menschheit, auf bestimmte Bevölkerungsschichten oder auf nur eine Kulturform" (EN 50).

 

Die Evangelisierung hat die ganze Welt zum Ziel und muß all die vielfältigen Aspekte des menschlichen Zusammenlebens wie Gerechtigkeit, Entwicklung, Solidarität, Freiheit und Frieden umfassen, die von der Kirche erhellt und gefördert werden sollen: "Die Verhältnisse der Gesellschaft legen uns allen die Verpflichtung auf, die Methoden zu überprüfen und mit allen Mitteln uns zu bemühen herauszufinden, wie man dem modernen Menschen die christliche Botschaft nahebringen kann, in der allein er die Antwort auf seine Fragen zu finden vermag und die Kraft für seinen Einsatz zu menschlicher Solidarität" (EN 3). Dadurch wurden die Aussagen des Dekretes “Ad Gentes” bedeutend ergänzt und der Bereich der Evangelisierung um ein Vielfaches erweitert.

 

Als wichtigste Aspekte des Schreibens greifen wir folgende Erkenntnisse heraus:

 

·      Die Kirche muß sich ständig selbst evangelisieren, um in steter Umkehr- und Erneuerungsbereitschaft den Elan und die Kraft zur Verkündigung des Evangeliums zu bewahren.

·      Die Evangelisierung öffnet ein mannigfaltiges, komplexes und dynamisches Aufgabenfeld, in das alle Elemente einbezogen und harmonisch angegangen werden müssen, die von den Konzilskonstitutionen und von dem Dekret "Ad Gentes" signalisiert wurden.

·      Als wichtigstes Mittel der Evangelisierung wird das authentische Zeugnis eines konsequent gelebten christlichen Lebens erkannt.

·      Als Zielgruppen der Evangelisierung werden aufgelistet: die Menschen, für die Christus noch ein Unbekannter ist, die Getauften, die sich dem christlichen Glauben entfremdet haben, und Angehörige anderer Religionen, die Heilselemente in sich tragen.

·      Die Evangelisierung hat einen durch und durch kirchlichen Charakter, weil sie in Einheit mit der Sendung der Kirche und in ihrem Namen durchgeführt wird.

·      Träger der Evangelisierung sind alle Mitglieder der Kirche.

·      Ordenschristen spielen bei der Evangelisierung eine ganz besonders wichtige Rolle, weil ihre Ganzhingabe an Gott und ihr Dienst am Gottesreich die Welt und die Kirche selbst herausfordern.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Evangelii nuntiandi eine neue Vision der missionarischen Spiritualität vorgelegt hat, die auf dem Zeugnis der Einheit, der Suche der Wahrheit und der Entschlossenheit der großen Evangelisatoren aufbaut.

 

Evangelii Nuntiandi war ohne Zweifel eines der Dokumente, die in der Zeit nach dem Konzil am meisten Resonanz ausgelöst haben. Es hat dem Evangelisierungswerk der Kirche wertvolle neue Impulse gegeben, von denen auch unser Orden profitiert hat. Bis heute ist es in vielen Teilen hochaktuell geblieben.

 

 

b) Redemptoris missio

 

Die Enzyklika “Redemptoris Missio” wurde von Papst Johannes Paul II. am 7. Dezember 1990, fünfundzwanzig Jahre nach Erscheinen des Dekretes über die Missionstätigkeit der Kirche  "Ad Gentes", herausgegeben.

 

Es war die erste Enzyklika nach dem Konzil, die sich in spezifischer Weise mit der Missionstätigkeit beschäftigte und die Aussagen von Evangelii Nuntiandi weiterentwickelte.

 

Das Schreiben lädt unter dem Hinweis auf die "Sendung des Heilands" und auf die "fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrages” eindringlich zur Evangelisierung der Welt mit neuer Kraft und Begeisterung ein. Es würdigt die Leistungen des Konzils und bietet eine dynamische Sichtweise der aktuellen Positionen der Kirche: "Aber was mich noch mehr zur Betonung der Dringlichkeit der missionarischen Verkündigung bewegt, ist die Tatsache, daß diese vorrangig den Dienst ausmacht, den die Kirche jedem Menschen und der ganzen Menschheit von heute erweisen kann. Die Menschheit hat zwar erstaunliche Errungenschaften aufzuweisen, aber sie scheint den Sinn für letzte Wirklichkeiten und für das Dasein selbst verloren zu haben" (RMi 2).

 

Die wichtigsten Verdienste des Schreibens sind:

 

·      Es schreibt die trinitarische Theologie des II. Vaticanums und der nachkonziliären Theologie über die Missionstätigkeit fort und lädt dazu ein, ihre verschiedenen Aspekte weiter zu vertiefen.

·      Es betont den Wert der Förderung des Menschen, der Achtung vor der Freiheit und des interreligiösen Dialogs als wichtige Momente für die Inkulturation der Kirche.

·      Es erinnert an den missionarischen Charakter der Kirche in allen seinen Ausdrucksformen und würdigt die Fortschritte, die seit dem II. Vaticanum gemacht wurden.

·      Es unterscheidet drei Bereiche der Missionstätigkeit: die Dimension “ad gentes”; die pastorale Betreuung der Gläubigen und die Evangelisierung der Teile der Welt, die sich dem Christentum entfremdet haben.

·      Es definiert die verschiedenen Bereiche der Sendung ad gentes: territoriale Regionen, neue soziale Phänomene und kulturelle Erscheinungen bzw. moderne Bereiche menschlichen Zusammenlebens.

·      Es zeigt die Wechselbeziehung und gegenseitige Ergänzung der verschiedenen Bereiche der Missionstätigkeit auf und betont den unbegrenzten Horizont der Sendung der Kirche.

·      Es fordert die jungen Kirchen zu selbständigem missionarischen Wirken auf, damit sie ihre Reife und volle Gemeinschaft mit der Weltkirche erlangen.

·      Es lädt dazu ein, den Beruf des Missionars  “ad vitam” zu pflegen und zu fördern.

·      Es vertieft die missionarische Spiritualität, indem es Sendungsauftrag und Berufung zur Heiligkeit eng miteinander verbunden sieht.

 

Die Enzyklika “Redemptoris Missio” hat die Voraussetzungen für eine wirksame Evangelisierung der Menschheit im dritten Millennium geschaffen und die theologische Reflexion zukunftsweisend an der pastoralen Praxis orientiert.

 

 

6. Missionarische Antworten der Kirche: die neue Evangelisierung

 

Die missionarischen Antworten der Kirche sind die Formen, mit denen durch die Evangelisierung die Bedürfnisse der Menschen erhellt und die durch Christus geoffenbarte Botschaft Gottes zu ihnen gebracht werden soll. Diese Antworten wurden seit jeher von dem Verständnis der Evangelisierung und ihren Durchführungsformen bedingt. Im folgenden soll diese Entwicklung kurz nachgezeichnet werden.

 

Nach dem Dekret “Ad Gentes” besteht die Missionstätigkeit und Evangelisierung, im Unterschied zur üblichen seelsorglichen Tätigkeit an den Gläubigen, in der Hauptsache in der Verkündigung des Evangeliums und Einpflanzung der Kirche.  Tatsächlich heißt es darin: "Das eigentliche Ziel dieser missionarischen Tätigkeit ist die Evangelisierung und die Einpflanzung der Kirche bei den Völkern und Gemeinschaften, bei denen sie noch nicht Wurzel gefaßt hat... Mithin unterscheidet sich die missionarische Tätigkeit unter den Heiden sowohl von der pastoralen Tätigkeit, die den Gläubigen gegenüber auszuüben ist, als auch von den Bemühungen, die zur Wiederherstellung der christlichen Einheit unternommen werden” (AG 6).

 

“Evangelii Nuntiandi” betrachtet die Evangelisierung in einer sehr weiten Perspektive, wie wir weiter vorne gesehen haben, und entwickelt Aspekte, die in “Ad Gentes” nur angerissen wurden, bedeutend weiter. Nach “Evangelii Nuntiandi” ist die Evangelisierung eine sehr komplexe Tätigkeit, die weit über die bloße Verkündigung des Evangeliums hinausreicht: "Die Evangelisierung ist ein vielschichtiges Geschehen mit verschiedenen Elementen: Erneuerung der Menschheit, Zeugnis, ausführliche Verkündigung, Zustimmung des Herzens, Eintritt in die Gemeinschaft, Empfang der Zeichen und Einsatz im Apostolat" (EN 24).

 

In jüngster Vergangenheit hat Papst Johannes Paul II. die Missionstätigkeit der Kirche in einem neuen Konzept zentriert, das gemeinhin unter dem Begriff “neue Evangelisierung” bekannt geworden ist. Dieser Begriff wurde zum ersten Mal bei der Konferenz des lateinamerikanischen Episkopats in Haiti am 9. März 1983 gebraucht: "Die Fünfhundertjahrfeier der Evangelisierung Amerikas wird ihre volle Bedeutung erlangen, wenn sie von euch Bischöfen zusammen mit euren Priestern und Gläubigen als eine Aufgabe verstanden wird, und zwar nicht nur zur Evangelisierung, sondern zu einer neuen Evangelisierung, die neu in ihrer Entschlossenheit, neu in ihren Methoden und neu in ihren Ausdrucksformen sein soll".

 

Das Dokument der IV. Generalkonferenz des lateinamerikanischen Episkopats  (Celam IV. Santo Domingo, 1992) enthält die Grundideen der “neuen Evangelisierung”:

 

·      es definiert sie (Celam IV 24; vgl. VC 81),

·      und gibt ihre Adressaten ( Ib. 25; vgl. VC 79.80), ihre Ziele (Ib. 26; RMi 33) und ihre Inhalte an (Ib 27).

 

“Diese Evangelisierung soll ihre erneuernde Kraft in der Treue zum Wort Gottes, ihren Zielort in der kirchlichen Gemeinschaft und ihren schöpferischen Hauch im Heiligen Geist finden, der in der Einheit und Vielheit schafft, den Reichtum der Charismen und Dienste nährt und auf die Welt durch die missionarische Tätigkeit einwirkt" (Celam IV 27).

 

Der Begriff “neue Evangelisierung” wurde zum bevorzugten Schlagwort von Johannes Paul II. Nachdem er ihn zum ersten Mal in Lateinamerika gebraucht hatte, wandte er ihn auch auf Europa und die christlichen Nationen an, in denen die Säkularisierung dominiert.

 

Bei verschiedenen Anlässen hat der Papst die Kirche eingeladen, die verschiedenen Aspekte dieser neuen pastoralen Herausforderung zu bedenken, ihre Inhalte gemeinsam zu klären und angemessene Formeln für die Praxis zu suchen. Stets betonte er, daß die neue Evangelisierung "neu in ihrer Entschlossenheit, neu in den Methoden und neu in den Ausdrucksformen sein soll" (Celam IV 28).

 

Nachstehend führen wir die wesentlichen Inhalte der neuen Evangelisierung auf:

 

·      Klare Darstellung der evangelischen Botschaft, durch die der Heilsplan Gottes verkündet werden soll, der durch Jesus als ganzheitliches Heil dem Menschen angeboten wurde.

·      Bevorzugung des Zeugnisses im Zeichen evangelischen Radikalismus als Frucht ständiger persönlicher Umkehrbereitschaft und Selbstevangelisierung.

·      Option für die Armen und die Leidenden als Priorität in allen Gegebenheiten unseres Lebens.

·      Arbeit für die Förderung des Menschen, die Gerechtigkeit und die Solidarität zur Förderung der menschlichen Würde im Sinne Gottes.

·      Verantwortliche Miteinbeziehung aller Mitglieder der Kirche als Träger der Evangelisierung in den verschiedenen Bereichen, in denen sie leben und tätig sind.

·      Förderung der Begegnung und des Dialogs zwischen Kultur und Glauben, um auf die innersten Erwartungen des Menschen eine Antwort zu geben.

 

Neben der Weiterentwicklung der theologischen Reflexion hat sich die Kirche stets in praktischer Weise der verschiedenen Bedürfnisse des Menschen angenommen, um sie im Licht des Evangeliums zu erhellen. Sie ist tätig im Erziehungswesen, im Gesundheitswesen, im Sozialwesen, im Bereich der Familie, der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Alten, Randgruppen, Immigranten, sozialen Kommunikationsmittel, ehrenamtlichen Helfern, in den Entwicklungsländern, in der Förderung der nichtstaatlichen Organisationen usw. Jeder menschlicher Bereich bietet sich dazu an, die “neue Evangelisierung” durchzuführen.

 

 

7. Das geweihte Leben im Licht des Mysteriums und der Sendung der Kirche

 

“Tatsächlich steht das geweihte Leben als entscheidendes Element für die Sendung der Kirche in deren Herz und Mitte, da es das innerste Wesen der christlichen Berufung offenbart und darstellt“ (VC 3; vgl. AG 18).

 

Unser Lebensstil und unsere apostolische Tätigkeit im Dienst des Menschen können als die zwei Hauptbeiträge von uns Ordenschristen zur Evangelisierung betrachtet werden: "Auch sie haben wie die Apostel alles verlassen, um bei ihm zu bleiben und sich wie er in den Dienst vor Gott und an den Schwestern und Brüdern zu stellen. Auf diese Weise haben sie dazu beigetragen, das Geheimnis und die Sendung der Kirche offenbar zu machen durch die vielfältigen Gnadengaben geistlichen und apostolischen Lebens, die der Heilige Geist ihnen zuteilte, und folglich haben sie auch an der Erneuerung der Gesellschaft mitgewirkt" (VC 1).

 

Folgende Wesenszüge verbinden das geweihte Leben zutiefst mit der universellen Sendung der Kirche:

 

·      Das geweihte Leben ist ein Geschenk Gottes an die Kirche (vgl. LG 43; VC 3).

·      Es wurde vom Heiligen Geist erweckt und wird ständig von ihm durchdrungen (vgl. PC 1; VC 5,19).

·      Es gehört zum innersten Wesen der Kirche und bringt ihre Heilssendung zeichenhaft zum Ausdruck (vgl. LG 43,44; VC 3, 5, 29).

·      Es trägt mit seinen verschiedenen Ausdrucksformen das universelle apostolische Werk der Kirche mit (vgl. PC 1; VC 25,72).

 

Der Ordenschrist ist ein Zeuge, der durch seine ständige Haltung der Hingabe, Selbstlosigkeit und Hoffnung das Reich Gottes verkündet. Durch die Bereitschaft zu ständiger Umkehr, zu einem Leben im Licht der evangelischen Räte und im Dienst der Kirche begründet er eine neue Beziehung zwischen  Gott und dem Menschen und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau einer in Christus geretteten und versöhnten Menschheit.

 

"Was die Bedeutung der Heiligkeit der Kirche angeht, muß ein objektiver Vorrang dem geweihten Leben zuerkannt werden, das die Lebensweise Christi selbst widerspiegelt. Eben deshalb findet sich darin eine besonders reichhaltige Beschreibung der evangelischen Güter und eine vollkommenere Verwirklichung des Zieles der Kirche, das die Heiligung der Menschheit ist" (VC 32).

 

Die Verkündigung des Evangeliums ist eine Priorität des geweihten Lebens. Zahlreiche Ordenschristen waren und sind repräsentative und charismatische Träger der Verkündigung des Wortes. Die Antworten, die die Ordensfamilien auf die verschiedenen geschichtlichen Herausforderungen zu geben gewußt haben, leisteten einen großen Beitrag zur Evangelisierung. Im Leben und Werk der Stifter, in ihrer Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und zeitgemäße Antworten auf neue Bedürfnisse zu geben, ist der Hauptbeitrag des geweihten Lebens zur Evangelisierung der Welt zu sehen.

In der heutigen Zeit muß ganz besonders das lebendige Zeugnis der Ordenschristen anerkannt und gewürdigt werden, die sich in Ländern wie Mozambique, Vietnam, Liberia, El Salvador, Sierra Leone, Algerien, Ruanda, Zaire usw. für den Schutz der menschlichen Würde, die Gerechtigkeit und den Frieden einsetzen. Dieses Zeugnis ist nicht selten vom Martyrium gezeichnet, zu dem in allen Epochen Ordenschristen bereit waren. Es stellt eine der ausdrucksstärksten Formen der Evangelisierung dar.

 

Unser Hospitalorden hat seinen Ursprung im Evangelium der Barmherzigkeit, wie es von unserem heiligen Stifter Johannes von Gott in seiner ganzen Fülle gelebt wurde: "Unser Charisma in der Kirche ist eine Gabe des Heiligen Geistes. Diese gestaltet uns dem mitleidenden und barmherzigen Christus des Evangeliums gleich " (Konst. 1984, 2a) und bindet uns in die Sendung der Kirche ein. Mit unserem Leben "verkünden wir die Größe der Liebe Gottes und zeigen den Menschen, daß er weiterhin an ihrem Leben interessiert ist und an ihren Nöten nicht vorbeigeht" (Konst. 1984, 8).

 

Wir Barmherzigen Brüder tragen das Werk der Evangelisierung als nach innen und nach außen gelebte Glaubenserfahrung mit: "Der Auftrag des Herrn an seine Kirche, allen Völkern das Evangelium zu verkünden, geht uns Barmherzige Brüder ebenso an. Wir sind uns der Verantwortung für die Verkündigung der Frohen Botschaft bewußt. Darum pflegen wir den missionarischen Geist" (Konst. 48ab).

 

Die Geschichte unseres Ordens bezeugt in eindrucksvoller Weise, wie unsere Brüder durch die Ausübung eines zutiefst aus dem Evangelium heraus gelebten Apostolates die heil und frei machende Botschaft Christi den Armen und Verlassenen erfahrbar gemacht und die Barmherzigkeit Gottes dem Kranken und Hilfsbedürftigen konkret spüren lassen haben.

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Zweites Kapitel

 

JOHANNES VON GOTT: BRUDER UND DIENER

FÜR DAS HEIL ALLER MENSCHEN

 

 

1. Von der Barmherzigkeit Gottes betört

 

Johannes von Gott gestaltete sich mit seinen Gesinnungen und Werken der Barmherzigkeit und der Solidarität gegenüber den Armen innigst Christus gleich, befreite sich stufenweise von allem Egoismus und der Tendenz, ein bequemes Christentum zu leben, interpretierte die Situation der Armen und Kranken in Granada im Licht des Glaubens und der Barmherzigkeit und ahmte, gedrängt von der an sich selbst erfahrenen Liebe Gottes des Vaters, Jesus Christus in der radikalen Hingabe an die Hilfsbedürftigen seiner Zeit nach, um ihnen die Liebe Gottes sichtbar zu machen, sie an seiner Erfahrung teilhaben zu lassen und ihnen das Heil zu verkünden (vgl. Konst. 1984, 1).

 

Obwohl der entscheidende Augenblick seiner Begegnung mit Gott in der Märtyrerkapelle in Granada anzusiedeln ist, wo er am Fest des  heiligen Sebastian einer Predigt des Meisters Avila beiwohnte, wurde ihm der Weg, auf dem ihn der Heilige Geist in definitiver Weise zur radikalen Nachfolge des armen Christus führte, erst während seines Aufenthaltes im Königlichen Hospital in Granada in aller Deutlichkeit klar. Als er sah, wie seine Leidensgefährten behandelt wurden, konnte er sich nicht zurückhalten und rief aus:

 

          "O ihr Verräter und Feinde der Tugend, weshalb behandelt ihr so übel und so grausam diese meine armen und unglücklichen Brüder, welche sich zusammen mit mir in diesem Hause Gottes befinden? Wäre es nicht besser, mit ihnen und ihren Leiden Mitleid zu haben, sie zu waschen und ihnen mit mehr Liebe und Barmherzigkeit zu essen zu geben, als ihr es tut; zu diesem Zweck haben doch die katholischen Könige die Einkünfte gestiftet, die notwendig waren" [1].

 

Das Königliche Hospital war für den Heiligen wie ein Noviziat, in dem ihm der Heilige Geist half, in Weggemeinschaft mit dem gedemütigten und mißhandelten Christus Demütigungen und Leiden zu ertragen. Die Betrachtung des Mysteriums der Fleischwerdung des Wortes, das sich ihm verklärt in den Gesichtern der anderen Kranken zeigte, half ihm, den Weg zu finden, auf dem er die unendliche Liebe Gottes erwidern konnte:

 

          "Und wenn er sah, wie die Kranken, die verrückt waren und mit ihm zusammen untergebracht waren, gezüchtigt wurden, sprach er:’Jesus Christus möge mir die Zeit und die Gnade gewähren, daß ich ein Hospital habe, in dem ich die armen Menschen, die verlassen und der Vernunft beraubt sind, sammeln kann, um ihnen zu dienen, wie ich es wünsche" [2].

 

Damit fand Johann von Gott endlich eine Antwort auf die innere Unruhe, die ihn sein Hirtenleben in Oropesa aufgeben und die Einladung seines Onkels ablehnen hatte lassen, in Montemor zu bleiben, wohin er sich nach der Rückkehr aus Wien auf die Suche nach seinen Angehörigen begeben hatte:

 

          "Herr Onkel, da es Gott gefallen hat, meine Eltern zu sich zu rufen, möchte ich nicht in diesem Lande bleiben, sondern einen Platz suchen, wo ich dem Herrn außerhalb meiner Heimat dienen kann, indem ich so dem guten Beispiel meines Vaters folge. Und da ich ein so schlimmer Sünder gewesen bin, ist es recht, daß ich den Rest meines Lebens, das mir doch der Herr gegeben hat, dazu verwende, um Buße zu tun und ihm zu dienen. Und ich vertraue auf meinen Herrn Jesus Christus, daß er mir die Gnade gewähren wird, damit ich mein Verlangen wirklich in die Tat umsetzen kann" [3].

 

Im Königlichen Hospital ging die Frucht der großmütigen Hingabe, mit der sich Johann von Gott in Ceuta um die Familie Almeida gekümmert hatte, auf. Im Königlichen Hospital erhielt er eine Antwort auf seine Beichte und inständige Bitte, die er auf der Rückkehr von Ceuta in Gibraltar an den Herrn gerichtet hatte:

 

          Würdige dich, mir den Weg zu zeigen, den ich wandeln muß, um dir zu dienen und immer dein Sklave zu sein. Gewähre mir Frieden und Ruhe, damit diese Seele findet, was sie so sehr ersehnt..." [4].

 

Gott zeigte ihm den Weg und Johannes beschritt ihn mit der ganzen Liebe, die Gott in seinem Herzen ausgegossen hatte, und verließ ihn nie wieder. So erlangte er den Frieden und die Ruhe, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte und entdeckte den “Schatz”, der es wert ist, sein Leben dafür einzusetzen: ein Sklave Jesu Christi durch die Hingabe und den Dienst an seine Brüder, an seinen Nächsten werden (vgl. 2 GL 7.8).

 

Francisco de Castro, sein erster Biograph, schreibt, daß er wie ein vom Wein der Liebe Betrunkener war:

 

          "So groß war die Liebe, mit der der Herr seinen Diener ausgestattet hatte, und so einzigartig waren die Werke, die aus ihr hervorgingen, daß manche Menschen, die ihn eitlen Sinnes beurteilten, ihn für einen großen Verschwender hielten. Diese Menschen verstanden nicht, daß unser Herr ihn in den Weinkeller gestellt und dort die Liebe als Panier über ihn aufgerichtet hatte. Johannes hatte sich so berauscht an seiner Liebe, daß er nichts verweigern konnte, worum er in seinem Namen gebeten wurde" [5].

 

 

2. Zeuge der Freundschaft Gottes zum Menschen

 

Das Leben des hl. Johannes v. Gott bestand seit seiner Ganzhingabe an den Herrn darin, sich von der Freundschaft Gottes erfüllen zu lassen. Hospitalität bedeutete für ihn in diesem Sinn, sich von der liebevollen Zuwendung, Gnade und Vergebung Gottes erfüllt zu fühlen. Er fühlte sich “gastfreundlich” von Gott Vater aufgenommen und freute sich, ein Kind Gottes zu sein, so daß schließlich alle seine Bemühungen dem Ziel dienten, diese Kindschaft zum Ausdruck zu bringen, indem er wie Jesus in völliger Verfügbarkeit für den Vater lebte und sein Dasein ganz dafür hingab, Räume und Beziehungen brüderlichen Miteinanders zu schaffen.

 

Er begann seine Sendung des Dienstes an den Armen und Kranken in Granada allein mit der Hilfe Gottes, ohne einen Dukaten in der Tasche, indem er seine Existenz einsetzte, keine Mühe scheute und weder bei Tag noch bei Nacht ausruhte. Die Einwohner Granadas dachten zu Beginn, es mit einer merkwürdigen Form von “Verrücktheit” zu tun zu haben. Doch nach und nach erkannten sie, daß es sich um eine echte “Verrücktheit” handelte: die Verrücktheit, die ihn bis ins Innerste aufgewühlt und sein Herz umgestaltet hatte, rührte davon her, daß er von der “Torheit der Liebe” angesteckt worden war, die Gott durch seinen Sohn Jesus geoffenbart hat, der sich arm machte, um uns an seinem Reichtum teilhaben zu lassen, sich zum Sklaven machte, um uns die Freiheit wiederzugeben und sein Leben hingab, damit alle durch ihn das Leben erlangten.

 

Johannes von Gott war ein Armer, der Betroffenheit auslöste in einer Zeit, in der der “Beruf” des Bettlers nichts Ungewöhnliches war. Es machte die Einwohner Granadas betroffen, als er beschloß, seine kleine Buchhandlung aufzugeben, und das Wenige, das er besaß, verschenkte, um einen Ort zu organisieren, wo er die armen Kranken von Granada aufnehmen, ihnen zu essen geben und sie pflegen wollte. Sie hörten verwundert auf, als sie ihn mitten in der Nacht in den Straßen rufen hörten: “Tuet Gutes Brüder, tuet euch selbst Gutes, indem ihr den Armen Almosen gebt.” Und er erhielt Almosen, viele Almosen, mit denen es ihm zuerst gelang, eine kleine Herberge einzurichten, dann ein kleines Hospital zu eröffnen und schließlich ein altes Kloster in der Cuesta de Gomeles zu erwerben, das als sein erstes Krankenhaus angesehen wird, wo nach seinen eigenen Angaben über 140 Personen - Kranke, Arme und Pilger - Zuflucht und Pflege fanden.

 

Sein Krankenhaus stand allen offen: den Armen und Kranken, die wie Brüder empfangen wurden, den Prostituierten, die ihr Leben ändern wollten, den Wohltätern, die ihm helfen wollten, und den Gefährten, die wie er leben wollten. Obwohl es ihm fernlag, eine “Schule” zu begründen, steckte sein Lebenszeugnis seine Umgebung an, so daß sich sein Hospital in kurzer Zeit in einen Ort verwandelte, an dem Hospitalität gelebt, weitergegeben und erfahren wurde.

 

Obwohl die Hauptbemühungen seiner karitativen Tätigkeit dem Hospital galten, ließ keine Not sein Herz unberührt. Im Gesicht der Armen erblickte er das Gesicht des Herrn und sein Herz verwehrte es ihm, untätig an den Nöten, die er sah, vorüberzugehen. Johannes, der Ärmste der Armen, hatte die große Fähigkeit, die Menschen, die ihm bei seinem Apostolat helfen konnten, vom Wert seines Werkes zu überzeugen, wie wir aus den folgenden Zeilen an die Herzogin von Sessa ersehen:

 

          “Ich will Euch sagen, daß ich an jenem Tag, als ich in Cordoba war und durch die Stadt ging, ein Haus fand, das sich in einer großen Notlage befand, in dem zwei junge Frauen wohnen, deren Vater und Mutter bettlägerig und auch seit zehn Jahren gelähmt sind. In solcher Armut und Trübsal fand ich sie vor, daß sie mir fast das Herz brachen...Die Betroffenen haben mir einen Brief geschrieben, der mir sehr zu Herzen ging wegen seines tragischen Inhalts.. Ich befinde mich in einer so großen Notlage, daß ich an dem Tag, an dem ich die Arbeiter zahlen sollte, einige Armen ohne Essen lassen mußte... Gute Herzogin, ich möchte, wenn Gott es will, daß Ihr dieses Almosen gewinnen möget, für jene, die es verloren haben” (1 HS 15-17).

 

An Gutierrez Lasso schrieb er:

 

          “...während ich so viele Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe. In vielfältiger Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große Traurigkeit, weil ich ihnen nicht helfen kann... (...) Mein Bruder in Jesus Christus, es gereicht mir zur Erholung, Euch zu schreiben, denn ich stelle mir vor, mit Euch zu sprechen und Euch an meinen Nöten teilhaben zu lassen. Ich weiß, daß Ihr sie ebenso empfindet... Unser Herr Jesus Christus vergelte Euch im Himmel das gute Werk, das Ihr um seinetwillen für die Armen und für mich getan habt” (2 GL 8.13).

 

 

3. Er steckte die anderen mit seiner Nächstenliebe an

 

Johannes von Gott bezeichnete sich selbst als “aller Menschen Bruder”. Diese Bezeichnung trifft wahrscheinlich am besten den Kern seines Wesens, denn er wollte wirklich den Menschen ein Bruder sein: den Armen und Kranken genauso wie den verarmten Reichen, Soldaten in Schwierigkeiten und Prostituierten genauso wie den “edlen Frauen” von Andalusien und Kastilien, die ihn mit ihren Almosen bei der Erfüllung seines Apostolates der Liebe unterstützten.

 

Die Einwohner Granadas änderten bald radikal ihre Meinung über Johannes von Gott. Castro schreibt:

 

          “Denn das Volk war immer der Ansicht, daß das, was sie ihn tun sahen, ein Stück Tollheit sei, bis sie dann deutlich erlebten, welche Frucht und welch guten Wein jener Same, der vergraben und vermodert war, hervorbrachte" [6]

 

Allmählich vollzog sich, wie es bei Castro weiter heißt, ein Sinneswandel bei der ganzen Bevölkerung. Als man die Konsequenz seines Lebensstiles, seine rückhaltlose und selbstlose Hingabe, seine Beständigkeit, seine Opferbereitschaft und allumfassende Liebe erkannte, verwandelten sich die Zweifel, die anfänglich seine Person umgaben, in begeisterte Unterstützung. Diese Entwicklung vollzog sich in folgenden Schritten:

 

·      Verwunderung. Die erste positive Reaktion auf seine Person war die Verwunderung. Ist das der Mensch, der sich gerade noch vor kurzem so verrückt aufführte? Der hat sich aber verändert! Seine neue Lebensweise stand für den Wandel, der an seiner Person vor sich gegangen war, enthüllte zugleich aber vor allem, wer Johannes von Gott wirklich war.

 

·      Anerkennung. Auf die Verwunderung folgte die Anerkennung. Johannes begann, von allen geliebt zu werden. Er tat, was sonst niemand tat. In seinem Haus war Platz für alle: Kranke, Arme, Pilger u.v.a. Er war nicht verrückt, sondern sah sehr klar, viel klarer als andere. Es liebten und segneten ihn die Armen und Reichen, die staatlichen und die kirchlichen Autoritäten.

 

·      Unterstützung. Mit der Anerkennung kam auch die Unterstützung. Das Werk von Johannes von Gott wurde zum Werk von ganz Granada und wurde von der Bevölkerung unter allen Gesichtspunkten unterstützt: mit Geld, persönlicher Mitarbeit, Werbung unter Freunden und Bekannten. Alle wollten mit der Zeit zu Mitträgern des Werkes des seligen Johannes von Gott werden. Eher als von Unterstützung kann man hier von einer wahren Identifizierung mit dem Werk unseres heiligen Stifters sprechen.

 

·      Verehrung. Johannes von Gott ist nie gänzlich gestorben. Seine Liebe ist an allen Ecken und Enden von Granada spürbar lebendig geblieben. Der beste Beweis dafür war sein Begräbnis, das uns von Castro wie folgt geschildert wird:

 

            "Seinen sterblichen Überresten wurden beim Leichenbegängnis großartige Ehrungen erwiesen wie keinem Fürsten, Kaiser oder sonstigem Herrscher der Welt" [7].

 

Der Geist des hl. Johannes v. Gott lebte in seinen Brüdern weiter, die sein Werk zunächst in Granada und dann in der ganzen Welt weiterführten, so daß seine Gestalt heute nicht nur eine historische Erinnerung, sondern eine lebendige Gegenwart unter den Menschen ist.

 

 

4. Die ersten Gefährten

 

Johannes von Gott übte eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus, die mit ihm in Berührung kamen. Von Francisco de Castro wissen wir, daß er sich eine Zeit lang allein um alles in seinem Hospital gekümmert hat. Später schlossen sich ihm freiwillige Helfer und Freunde wie z.B. Johannes von Avila an, den der Heilige liebevoll Angulo nannte, die ihm bei der Arbeit halfen und ihn auf seinen Reisen begleiteten. Außerdem stellte der Heilige Berufskrankenpfleger ein. Alle diese Personen fühlten sich von der Integrität seines Lebens angezogen und von der überzeugenden Weise, in der er das Gebot der christlichen Nächstenliebe im Dienst an den Armen erfüllte, herausgefordert.

 

Die ersten Brüder von Johannes von Gott wurden durch seine große Liebe erweckt. Aus einem seiner Briefe wissen wir, daß sich der Heilige vollkommen bewußt war, daß seine Lebensform die Bereitschaft verlangte, sich ganz den Dingen Gottes zu widmen, selbstlos für den Nächsten dazusein und ein integeres Leben zu führen, das auf der Gnade Gottes und auf  dem ständigen Gebet und Empfang der Sakramente aufbaute (vgl. LB passim). Als er seine ersten Gefährten auswählte, ließ er sich weder von Vorurteilen beeinflussen, noch von Äußerlichkeiten irreführen, hatte er doch an sich selbst erfahren, daß die Barmherzigkeit Gottes fähig ist, das Herz eines jeden Menschen zu verwandeln, insofern er nur bereit ist, sich seiner Liebe zu öffnen.

 

So handelte es sich bei seinen ersten Gefährten nicht selten um Menschen, die Gott fern standen und ein ungeordnetes Leben führten, aber unter dem Einfluß seiner Hingabe, seiner Worte und seines Zeugnisses ihr Leben änderten und in Gemeinschaft mit ihm seine Sendung mittragen wollten. So entstand eine neue Ordensfamilie. 

 

Die Geschichte von Antón Martín und Pedro Velasco ist allen bekannt. Wie von mehreren Zeugen beim Seligsprechungsverfahren ausgesagt wurde, handelte es sich um zwei miteinander zutiefst verfeindete Personen, da Pedro den Bruder von Anton umgebracht hatte und dieser ihn rächen wollte. Durch die Liebe und die Vermittlung des hl. Johannes v. Gott werden sie zunächst zu echten Brüdern, dann zu eifrigen Mitarbeitern seines Werkes und schließlich zu seinen ersten Gefährten.

 

Simon von Avila war hingegen einer, der Johann von Gott verleumdete und diskreditierte. Er folgte ihm auf Schritt und Tritt, um ihn bei seinen Besuchen bei armen Witwen und hilfsbedürftigen jungen Frauen auszuspionieren. Doch anstatt die, wie er glaubte, geheuchelte Nächstenliebe des Heiligen zu entlarven, bekam er durch seine Spioniererei eine derart tiefe Einsicht in das Leben von Johann von Gott, daß aus dem Verleumder einer seiner größten Bewunderer wurde. Unter dem Einfluß der göttlichen Gnade fühlte er sich von seinem Lebensstil angezogen und schloß sich der Gruppe seiner engsten Gefährten an.

 

Domenico Piola war ein Handelsmann, der es zu großem Reichtum gebracht hatte. Der Umgang mit dem Heiligen gab seinem Leben eine radikal andere Richtung. Er beschloß, sich von den Dingen der Welt abzuwenden und Johann von Gott anzuschließen. Bevor ihn Johann von Gott aufnahm, gebot er ihm, seine Geschäfte zu ordnen. Er war, wie uns von Zeitgenossen berichtet wurde, ein großes Beispiel und diente den anderen zur Erbauung.

 

Wenig wissen wir hingegen vom Leben des Juan García, bevor er sich der Gruppe um Johann von Gott anschloß. Vom Zeugnis des Heiligen angezogen, schloß er sich seiner Gruppe an, um in seinem Hospital zu arbeiten. Seine große Liebe und Hingabe an die Kranken führten dazu, daß er ohne Unterlaß im Hospital für sie da war.

 

 

5. Prophetische und evangelisierende Zeichen seines Lebens

 

Es ist schwer, in wenigen Worten den prophetischen und evangelisierenden Geist des hl. Johannes v. Gott zusammenzufassen. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen, sollen im folgenden die herausragendsten Züge dargestellt werden.

 

 

5.1. Innige Beziehung zu Gott

 

Johann von Gott erwidert die an sich erfahrende Barmherzigkeit Gott Vaters, indem er schrittweise die Gemeinschaft mit Gott vertieft und die Liebe in Erfüllung seines Willens lebt. Indem er den Willen Gottes zum bestimmenden Maßstab seines Lebens erhebt, zeigt er, daß er von Jesus gelernt hat, daß wer sich in der Liebe des Vaters beheimaten will, seinen Willen erfüllen muß (vgl. Joh 15, 9‑10; 14, 31).

 

Nach seiner Bekehrung entwickelt er sein Erleben des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung in einer Weise, daß sein Wollen mit dem Wollen Gottes eins ist.

 

 

5.2. Glaube

 

Sein Glaube läßt ihn die heilwirkende Gegenwart Gottes mit einer solchen Tiefe in sein Leben eindringen, daß Gott selbst zum formgebenden Element seines Daseins wurde. Der Übername “von Gott” bringt das in bezeichnender Weise zum Ausdruck: Johannes gehört nicht mehr sich selbst, sondern Gott. Er lebt nicht mehr für sich, sondern für Gott und sein Reich.

 

Aus diesem Glaubenserleben, das ihn die heilwirkende Gegenwart Gottes mit Freude überall erkennen und annehmen ließ, schöpfte er die Kraft für die radikalen Lebenshaltungen, die er später in seinen Briefen seinen Gesprächspartnern empfiehlt:

 

       “Gott werde allen Dingen dieser Welt vorgezogen”. (So beginnen alle Briefe)

       ...all dies muß um Gottes willen ertragen werden... um Gottes Liebe willen... für alles sollt ihr Gott vielen Dank sagen...” (LB 9).

 

       ...denn alles Gute, das die Menschen tun, ist nicht ihr, sondern Gottes Verdienst. Gott sei die Ehre und die Herrlichkeit, denn alles ist sein” (1 GL 11).

 

 

5.3. Liebe

 

Johann von Gott ist der Heilige der Liebe. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten ist die Triebfeder und das Ziel seines Lebens. Die Liebe ist für ihn:

 

·      der tiefste Ausdruck der Gemeinschaft mit Gott: “Bleibt immer in der Liebe, denn wo keine Liebe herrscht, ist Gott nicht, wenngleich Gott überall ist” (LB 13).

·      “die Mutter aller Tugenden” (1 HS 16).

·      der Beweis für die Liebe zu Jesus Christus: “Ich weiß, daß ihr unseren Herrn Jesus liebt und die Schmerzen seiner Kinder, der Armen, nachempfindet” (2 GL 10).

·      eine Garantie für die Vergebung der Sünden: “Wie das Wasser das Feuer zum Erlöschen bringt, genauso ist es mit der Liebe und der Sünde” (1 HS 13).

·      “die Seele” der Barmherzigkeit und der Hingabe an den Nächsten: “... während ich so viele Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe... In vielfältiger Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große Traurigkeit, weil ich ihnen nicht helfen kann” (2 GL 8).

 

Die Liebe zum Nächsten wird zur “Seele” seines Lebens. Er lebt sein Christentum in vollkommener Nachahmung Jesu Christi und liebt selbst dann, wenn seine Liebe unerwidert bleibt. Er lebt die christliche Nächstenliebe bis zu ihrer extremsten Form, der Feindesliebe, indem er “den Guten wie den Schlechten” Gutes tut. Francisco de Castro berichtet in diesem Zusammenhang von einem bezeichnenden Vorfall. Wohlmeinende Personen informierten den Erzbischof Guerrero, daß Johann von Gott bei sich auch zwielichtige Gestalten aufnahm, die nach ihrer Auffassung  das Hospital in Verruf zu bringen drohten. Als der Erzbischof den Heiligen darauf zu sich bestellte und ihn aufforderte, solche Personen fortan nicht mehr in sein Haus zu lassen, reagierte er folgenderweise:

 

          “Johann von Gott lauschte aufmerksam auf alles, was sein Bischof ihm sagte; darauf erwiderte er ihm in tiefer Demut und Milde: ’Mein guter Vater und Bischof, nur ich bin der schlechte, unverbesserliche und nutzlose Mensch, der es verdient, aus dem Hause Gottes gejagt zu werden. Die Armen, die im Hospital sind, sind gut und von keinem weiß ich etwas Böses. Da nun Gott die Bösen und Guten erträgt und Tag für Tag über allen seine Sonne aufgehen läßt, ist es nicht richtig, die Verlassenen und Niedergeschlagenen aus ihrem eigenen Haus zu jagen” [8].

 

Aus zu Liebe zu Gott erträgt er geduldig schwere Beleidigungen und sieht in ihnen eine Weise, das Leiden Christi mitzutragen, der das Schlechte, das man ihm antat, mit Gutem vergalt (vgl. LB 10). Er weiß, daß dort, wo keine Liebe ist, auch Gott nicht ist (vgl. LB 15); so lesen wir es in einem seiner Briefe.

 

Äußerst empfänglich für das Leiden seiner Mitmenschen, bricht es ihm das Herz, wenn er Menschen in Not begegnet. Sein Haus steht allen offen, obwohl man ihm vorwirft, viel zu großmütig zu sein. Doch er weiß, daß seine Bestimmung darin besteht, die Barmherzigkeit Gottes allen ohne Ausnahme sichtbar und erfahrbar zu machen, und liebt deswegen ohne Grenzen mit wahrhaft evangelischer und prophetischer Lebenskraft.

 

 

5.4. Hoffnung

 

Die Hoffnung ist für Johann von Gott:

 

          “... Hoffnung allein auf Jesus Christus. Denn um der Leiden und Mühsal willen, die wir um seinetwillen in diesem elenden Leben auf uns nehmen, wird er uns wegen seiner hl. Passion und seiner großen Barmherzigkeit die ewige Glorie schenken” (3 HS 9).

 

Er beschreibt die Hoffnung mit folgenden Worten:

 

          ...mein vielgeliebter Bruder in Jesus Christus... da ich mich in solcher Not sehe, wage ich mich oftmals nicht einmal mehr aus dem Haus... Dennoch setze ich mein Vertrauen auf Jesus Christus, daß er mich von den Schulden befreien wird, denn er allein kennt mein Herz” (2 GL 7.8; vgl. 1 HS 6; 2 HS 7. 20).

 

          “Dieser gegenwärtige Brief soll Euch wissen lassen, in welch großer Sorge und Notlage ich bin; Dank sei unserem Herrn Jesus Christus für dies alles; denn Ihr sollt wissen..., daß es der Armen, die hierherkommen, sehr viele sind, so daß ich selbst oft verwundert bin, wie sie erhalten werden können. Aber unser Herr Jesus Christus sorgt für alles und gibt uns zu essen ( 2 GL 3).

 

          “Jesus Christus... allein sieht alles vorher, ihm sei Dank gesagt für immer und ewig.  Amen, Jesus” (2 GL 9).

 

          ..daß wir nach der Arbeit unserem Herrn Jesus Christus Dank sagen sollen, weil er mit uns so großes Erbarmen zeigt” (2 HS 18).

 

 

5.5. Solidarität mit den Armen und Kranken

 

Johann von Gott opfert sich restlos im Dienst an den Kranken und Hilfsbedürftigen auf. Dabei stellt er sich auf eine Ebene mit ihnen: Er entledigt sich seiner selbst, um seine “Brüder und Nächsten” aufzusuchen und zu ihnen in ein Gespräch der Liebe zu treten, das durch den Dienst und die Hingabe seines Lebens zur Linderung ihrer Nöte konkrete und praktische Gestalt annimmt.

 

Das ist ein hervorstechender Zug an seinem Leben: Er stellt sein Leben nicht nur in den Dienst der Armen und Kranken, sondern teilt ihr Schicksal. Das kommt besonders klar in einem Brief an Gutierrez Lasso zum Ausdruck:

 

          Dieser gegenwärtige Brief soll Euch wissen lassen, in welch großer Sorge und Notlage ich bin... und so sorge ich mich hier allein um Jesus Christus, denn ich schulde mehr als 200 Dukaten... deshalb wage ich mich oftmals nicht einmal mehr aus dem Haus... ich habe Euch von diesen meinen Mühsalen und Nöten berichten wollen, weil ich weiß, daß sie Euch Sorge bereiten, so wie auch mich Eure Leiden kümmern würden. Ich weiß, daß Ihr unseren Herrn Jesus liebt und die Schmerzen seiner Kinder, der Armen, nachempfindet; deshalb berichte ich Euch von diesen ihren Sorgen und Nöten und den meinigen” (2 GL. 1.7.8.10).

 

Durch diese innige Identifizierung, die ihn sich selbst arm und hilfsbedürftig erleben läßt, und die persönliche “Selbstentsagung” ist Johann von Gott in der Lage, die Nöte der Armen zu lindern und ihnen seine Hilfe anzubieten, ohne ihre Würde zu verletzten oder in eine von oben herabschauende Haltung zu verfallen. Die Identifizierung mit den Armen gibt ihm die Fähigkeit, sich wirklich in ihre Lage hineinzuversetzen. Wie Jesus Christus leidet und freut sich Johann von Gott aus einer innigen Haltung der Liebe mit seinen Mitmenschen mit.

 

 

5.6. Gebet

 

Johann von Gott erscheint auf den ersten Blick wie ein hochaktiver Mensch. Doch die Kirche hat ihn in der Heiligsprechungsbulle als ein Modell der Liebe und des Gebets dargestellt. Aus seiner Biographie geht dieser christliche Wesenszug ganz klar hervor. Johann von Gott gelang es, die Liebe in vollkommener Fülle in ihrer doppelten Richtung zu leben: Er liebte Gott und den Menschen und erreichte so jene innere Harmonie, die nur die Liebe zu geben vermag. Sein Liebeswerk nährt und erneuert sich aus dem ständigen Kontakt mit Gott, den er nicht nur im Gebet sucht, die sehr zahlreich sind, sondern auch in der Hingabe an den Nächsten, was ihm die Fähigkeit schenkt, das Leben, das Leiden, die Armut usw. im Lichte des Glaubens zu interpretieren.

 

Sein Gebetsstil ist einfach und schlicht und ähnelt dem der Gläubigen seiner Zeit: Er spricht die von der heiligen Mutter Kirche gebotenen Gebete, betrachtet die Passion Christi, vor allem an den Freitagen, betet gern den Rosenkranz, besucht eifrig die heilige Messe und beichtet oft. Gern holt er sich Rat bei seinem Spiritual, trägt vertrauensvoll seine Nöte dem Herrn vor und ist immer bereit, seinen Willen zu tun. Ganz besonders aber dankt er Jesus Christus für seine große Barmherzigkeit, Liebe und Güte und bemüht sich, diese Güte und Liebe an die Armen und Kranken weiterzugeben (vgl. 2 HS 18.19).

 

Wir können ohne Zweifel sagen, daß Johann von Gott ein Mann des Gebets, ein Prophet war, der Gott in allen Gegebenheiten zu erkennen und mit ihm in Kontakt zu treten wußte, trotz der umfangreichen Tätigkeit, die in Anspruch nahm.

 

 

5.7. Aszetik

 

Nach seiner Bekehrung begann Johann von Gott, ein hartes und entbehrungsreiches Leben zu führen, das uns von Castro im 17. Kapitel seiner Biographie wie folgt beschrieben wird:

 

          “Schon die gewöhnliche Arbeit, die Johannes von Gott leistete, um Almosen zu erbetteln und für seine Armen zu sorgen, ohne die ständigen Anliegen der Leute und die ständigen Belästigungen zu erwähnen, war eine Buße und große Abtötung. Dies hätte schon für einen Menschen, der körperlich gesund und stark gewesen wäre... eine kaum erträgliche Last bedeutet. Bruder Johannes von Gott aber begnügte sich nicht mit alledem, sondern tötete seinen Körper noch ab mit großen Bußwerken, indem er ihn dem Geist unterwarf und ihm nicht einmal das Notwendige zukommen ließ” [9].

 

Ein paar Seiten weiter lesen wir::

 

          So groß waren die Mühen, denen sich Johannes von Gott unterzog, um die Leiden aller Mitmenschen zu lindern, sei es auf den Reisen, die er unternahm und auf denen er oft grimmige Kälte ertrug, sei es durch die alltägliche Arbeit, die er in der Stadt verrichtete, daß er oft zusammenzubrechen drohte” [10].

 

Gestützt auf diese Zeugnisse können wir sagen, daß sich seine Aszetik vor allem in den folgenden drei Aspekten kundtat:

 

·      Erstens in der Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen seines Körpers; er schenkt ihm nichts, denn an erster Stelle kommen für ihn die Armen. Aus den Stellen, an denen er auf Gewand und Essen Bezug nimmt (vgl. 2 HS 13), ersehen wir, wie wenig er zum Leben brauchte. Der große Arbeitsumfang, der kurze Schlaf, den er sich gönnt, die Strenge sind alles Aspekte, in denen sich seine Aszetik widerspiegelt.

 

·      Der zweite Aspekt betrifft all jene Forderungen, die sich aus der Hingabe an die anderen ergeben, sprich die Zuwendung zu den Kranken, das aufmerksame Mitverfolgen ihrer Krankheit, die Besuche, wenn er abends todmüde nach Hause kommt, das Betteln, die Sorge um Frauen, die in Bedrängnis sind, die Verhandlungen mit den Gläubigern u.v.a. Seine Aszetik geht so weit, daß er Gott sowohl für das Gute als auch für das Schlechte dankt.

 

·      Der dritte Aspekt seiner Aszetik besteht schließlich darin, daß Johann von Gott nach seiner Bekehrung sich stufenweise seiner selbst entledigt, um in sich Raum für die Liebe Gottes zu schaffen. Nachdem er die Predigt des hl. Johannes von Avila vernommen hatte, wollte er, daß die anderen ihn für einen Nichtsnutz hielten: Er entkleidet sich, wirft sich in den Schlamm, läßt sich vom Volk zum Narren halten und als Verrückten in Verruf zu bringen... Er klagt sich ohne Unterlaß an, nennt sich einen großen Sünder und bestätigt dies sogar noch auf dem Totenbett dem Erzbischof Guerrero. An den Freitagen, wenn er zu den Prostituierten geht, um sie zu einem anderen Lebenswandel zu überreden, tut er dies in erster Linie, indem er seine eigenen Sünden beichtet, denn er ist nach seiner Auffassung der einzige Unwürdige, den es in seinem Hospital gibt. Gerade er, der sich zu den höchsten Gipfeln der Liebe und Heiligkeit aufgeschwungen hatte, empfand sich als ein Nichts. Das ist ein weiteres prophetisches Zeichen seines Lebens.

 

 

5.8. Die Zusammenarbeit mit den Laien

 

Sein Werk stand nicht nur allen Kranken und Armen offen, sondern auch allen Personen, die mit ihm zusammenarbeiten wollten.

 

Die Einwohner Granadas beginnen ihn mit Almosen zu unterstützen. Im Hospital gehen ihm die Armen, Pilger und vor allem die Prostituierten zur Hand. Er stellt Berufskrankenpfleger ein, die die Betreuung der Kranken gewährleisten, wenn er zum Almosensammeln außer Haus ist. Bei seinen Reisen begleitet ihn Johannes von Avila (Angulo). Die Wohltäter werden mit ihren Gaben zu wichtigen Mitträgern des Hospitals. Ganz Granada spürt schmerzlich seine Abwesenheit, als er nach Valladolid reist, wo er neun Monate am Hof verbringt. Bei seiner Rückkehr bereitet man ihn einen festlichen Empfang.

 

All das beweist, daß er von dem Wunsch beseelt ist, so viele Menschen wie möglich an seinem Werk zu beteiligen, indem er die Qualitäten eines jeden anerkennt und fördert und mit Offenheit und Freude aufnimmt. Sein Werk war deswegen, von Anfang an, auch das Werk seiner Mitarbeiter, Gläubiger und Nichtgläubiger; es genügte, daß sie sich mit seinem humanitären Geist den Menschen gegenüber identifizierten, denen er die Kraft des Heiles bezeugen wollte.

 

 

5.9. Seine Klugheit

 

Johann von Gott war ein kluger Mann, der mit jener biblischen Weisheit ausgestattet war, die aus der Schlichtheit, der Demut, dem Hinhorchen auf Gott im Glauben und der harmonischen und ausgeglichenen Hinordnung der eigenen Existenz auf das Grundlegende wächst.

 

Seine Handlungen und Maßnahmen sind wohl überlegt und die Bevölkerung erkannte in ihm immer mehr einen klugen und umsichtigen Mann.

 

 

5.10. Seine Ausgeglichenheit und Unbeschwertheit

 

Das Tagesprogramm von Johann von Gott war dichtgedrängt. Er hatte keine Zeit zu verlieren, denn das Hospital und die Bedürfnisse der Armen machten ihm soviel Arbeit, “daß mir nicht einmal die Zeit bleibt, ein Credo langsam zu beten” (1 GL 4). Trotzdem fand er immer die Zeit, einen nach dem anderen zu besuchen, nach ihrem Befinden zu fragen und sich zu erkunden, wie sie den Tag verbracht hatten. Wenn er einem Menschen in Not begegnet, legt er alle Eile beiseite, hält inne, hört zu und bietet im Rahmen des Möglichen seine Hilfe an. Castro berichtet:

 

          “Und es strömten dort so viele Menschen zusammen, die ihn zu sprechen wünschten, daß oft nicht einmal alle stehend Platz finden konnten. Johannes saß in der Mitte und lauschte geduldig auf die Nöte, die ihm jeder vorbrachte; er schickte keinen ungetröstet weg, sondern gab Almosen oder sprach ermunternde Worte”. [11]

 

 

5.11. Sein evangelisierender Geist

 

Johann von Gott ist ein Apostel, der eine universelle und ökumenische Sicht der Welt hat, die ihm aus der Heilserfahrung zugewachsen ist, durch die er erkannte, daß Gott der Vater alle Menschen ohne Ausnahme ohne Gegengabe liebt. Diese Erfahrung bildet das Fundament seines apostolischen Geistes. Diese Erfahrung bemüht er sich, mit seinen Gesinnungen und Handlungen in Wort und Tat weiterzugeben.  Sich dieser Erfahrung aufzuschließen, lädt er alle ohne Unterlaß ein:

 

            “Wenn wir recht bedenken würden, wie groß das Erbarmen Gottes ist, so würden wir nie unterlassen, das Gute zu tun” (1 HS 13).

 

Daher rührt sein großer Wunsch, alle zu einem Leben in Gott zu führen, das Heil zu erleben und den grundlegenden Wert der menschlichen Person zu erkennen. In der Sprache seiner Zeit sagt er: “Denn mehr ist eine Seele wert als alle Schätze der Welt” (1 HS 17).

 

Daher rührt auch sein ständiges Interesse, die Frohe Botschaft bei allen Gelegenheiten zu verkünden. Die Verkündigung des Heils ist ihm ein inniges Herzensanliegen. Seine Liebe zielt nicht nur darauf, soziale Probleme und Nöte zu lösen; sein Einsatz für den Menschen hat nicht zum Haupt-zweck, und schon gar nicht zum einzigen Zweck, die gesellschaftliche Rehabilitation der Geächteten und Gemiedenen. Er versteht und erfüllt den Dienst an den Armen und Kranken als Nachfolge Christi, als konkrete Verkündigung des Heils und praktische Sichtbarmachung der Liebe Gottes des Vaters zu allen Menschen, vor allem den Schwächsten.

 

Er selbst bringt das am besten zum Ausdruck, wenn er sagt:

 

          Und so sorge ich mich hier allein um Jesus Christus” (2 GL 7).

 

Auch die Worte, mit denen er gewöhnlich seine Briefe beschließt, beweisen das:

 

          Johannes von Gott... der die Rettung aller Menschen wie auch seine eigene herbeisehnt.. Amen, Jesus.”

 

Diese Worte zeigen hinreichend, daß es ihm nicht nur um das leibliche Wohl oder die Lösung sozialer oder ökonomischer Probleme geht, denn:

 

·      jeden Freitag geht er zu den Prostituierten, um sie zu evangelisieren;

·      er unterweist die Kinder und Patienten in seinem Hospital im Katechismus;

·      er kümmert sich darum, daß die Patienten religiös betreut und ihnen die Sakramente gespendet werden;

·      er wirkt als Seelenführer für die Personen, mit denen er Umgang pflegt:

 

* Luis Bautista hilft er bei seiner Berufsentscheidung;

* Gutierrez Lasso steht er mit Rat und Tat in Familienangelegenheiten und der Planung der Zukunft seiner Kinder zur Seite;

* die Briefe an die Herzogin von Sessa, vor allem der dritte, sind voll Orientierungen spiritueller Natur.

Johann von Gott bietet dem Menschen einen ganzheitlichen Dienst an, und zwar aus seiner Identität als Gläubiger, den es nicht nur um eine Ebene des Menschen geht. Er bringt das sehr treffend zum Ausdruck, wenn er sagt:

 

“..während ich so viele Kranke... in Not sehe... in vielfältiger Qual des Leibes und der Seele...” (2 GL 8).

 

Außerdem gilt seine Sorge nicht nur den Menschen in seinem Hospital, sondern allen, die sich an ihn um Hilfe wandten:

 

“Und da zu ihm Arme und Bedürftige aller Art eilten, um Hilfe zu finden - hochgeachtete Witwen und Waisen, die sich heimlich an ihn wandten, Personen, die in Rechtsstreitigkeiten verwickelt waren, versprengte Soldaten ebenso wie verarmte Bauern... - eilte er allen entsprechend ihren Nöten zu Hilfe und niemanden schickte er ohne einen Trost weg”. [12] (...) gar nicht zu sprechen von den Studenten, die er unterstützte und von den verschämten Armen, die er in ihren Häusern besuchte”. [13]

 

Wir sprechen heute viel von neuer Evangelisierung, neuer Hospitalität und Pastoraldienst. In Johannes von Gott ist der unveränderbare Inhalt der Frohen Botschaft mit einer Kraft und überzeugenden Haltung zum Ausdruck gekommen, die uns heute oft fehlen. Auch darin sollten wir in ihm einen Propheten sehen.

 


 

II. TEIL

 

ZUR EVANGELISIERUNG

DER ARMEN UND KRANKEN BERUFEN

 

Ein historischer Rückblick

 


Drittes Kapitel

 

DER HOSPITALORDEN

BIS ZUR HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS

 

 

1. Vom Tod des hl. Johannes v. Gott bis zur Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen

 

Die Anfänge des Werkes des hl. Johannes v. Gott sind sehr bescheiden und einfach, entwickeln aber dank der göttlichen Vorsehung und dem fortdauernden Beispiel des Stifters eine ungeahnte Kraft. Nur im Licht der göttlichen Vorsehung kann die weitere Entwicklung des von Johann von Gott begonnenen Werkes erklärt werden. Materielle und moralische Unterstützung finden seine ersten Nachfolger beim Erzbischof von Granada, Don Pedro Guerrero, und bei Johannes von Avila sowie einigen anderen Wohltätern. Juridisch und organisatorisch steht das Werk hingegen zunächst im leeren Raum: es hat keine Strukturen, kein ausformuliertes Organigramm und keine Regel. Erst 37 Jahre nach dem Tod von Johann von Gott wird 1587 das erste Kapitel zur Wahl eines Generals und Verfassung eigener Konstitutionen abgehalten.

 

Ausgangspunkt war Granada. Antón Martín übernahm als Nachfolger des hl. Johannes v. Gott die Leitung des Hospitals. Von 1552 bis 1565 leitete Fr. Juan Garcìa die spanischen Brüder. Er war es auch, der Rodrigo de Sigüenza, Sebastián Arias, Pedro Soriano, Melchor de los Reyes und Frutos de San Pedro in die entstehende Ordensgemeinschaft einkleidete.

 

 

a) Die ersten Gründungen außerhalb von Granada

 

Von den Unternehmungen, die in diese Zeit fallen, haben die folgenden drei eine ganz besonders wichtige Rolle für die Weiterentwicklung des Ordens gespielt: die Übersiedlung des Hospitals von der Cuesta de los Gomérez auf das Grundstück der Hieronymiten, die Reise von Antón Martín nach Madrid mit der Gründung eines neuen Hospitals und, gleich danach, die Teilnahme am Krieg der Alpujarras.

 

Der Wunsch, das neue Hospital in Granada bestmöglich für die Zukunft zu rüsten führte Antón Martín 1552 nach Madrid, wo er finanzielle Unterstützung suchte. Er fand großzügige Gönner, zu denen auch Prinz Felipe und die Infanta Donna Juana gehörten. Viele baten Antón Martín darüber hinaus, auch in Madrid ein Hospital nach dem Stil des Hospitals, das die Brüder in Granada führten, zu gründen. Antón Martín kehrte nach Granada zurück, um die Dinge zu regeln, und begab sich dann neuerdings nach Madrid, wo er ein Hospital mit dem Namen “Amor Divino” (Göttliche Liebe) gründete. Während er sich der Errichtung und dem Ausbau des neuen Hospitals widmete, erkrankte er schwer und starb in der Nacht zum 24. Dezember 1553. Vorher hatte er jedoch noch für die beiden Häuser in Madrid und Granada zwei Brüder als Obere eingesetzt.

 

Das Werk der Brüder von Johann von Gott wuchs. Mit großem Gottvertrauen und Können entwickelten es die Brüder weiter, so daß an sie bald zahlreiche Bitten herangetragen wurden, weitere Werke in anderen Städten Spaniens zu errichten. Außerdem erfreuten sie sich eines beachtlichen Zuwachses, so daß in kurzer Zeit viele Hände den Armen und Kranken im Zeichen der von Johann von Gott vorgelebten Hospitalität tätig waren. Auf die Gründung in Madrid folgten so neue Gründungen in  Lucena (1565); Utrera (1567); Jerez de la Frontera (1568); Cordoba und Sevilla (1570).

 

Die Teilnahme der Brüder am Krieg der Alpujarras und an der Schlacht von Lepanto öffnet ihrem Charisma neue Horizonte und erweitert ihren Wirkungskreis. Ihre Arbeit beschränkt sich nicht nur mehr auf den Dienst im Hospital, sondern dehnt sich auf die Pflege verletzter Soldaten zu Lande und zu See aus und auf Notmaßnahmen vor Ort bei Seuchen. Dadurch erhält das Werk von Johann von Gott eine große Beweglichkeit und Dynamik und dehnt sich in der ganzen Welt aus.

 

Zwischen 1570 und 1580 schließen sich der Gemeinschaft der Ehrwürdige Pedro Pecador, Gründer des Hospitals Unserer Friedensreichen Frau in Sevilla sowie der Hospitäler in Malaga, Antequera und Ronda, sowie der heilige Johannes Grande an, von dem Hospitäler in Jerez de la Frontera, Medinasidonia, Sanlúcar de Barrameda, Arcos de la Frontera, Puerto de Santa Maria und Villamartín errichtet werden.  Gemeinsam mit diesen beiden großen Persönlichkeiten treten ihre jeweiligen Schüler in den entstehenden Orden ein. Ein Schüler von Johannes Grande, Pedro Egipciaco, sollte später zum ersten General der spanischen Kongregation werden.

 

 

b) Anerkennung der Kongregation des Johannes von Gott durch den heiligen Pius V.

 

1570 reisten die Brüder Pedro Soriano und Sebastián Arias von Spanien nach Rom, um von Papst Pius V. die Anerkennung des Ordens zu erbitten. Mit dem Breve "SALVATORIS NOSTRI" (8. August 1571) und der Bulle "LICET EX DEBITO" (1. Januar 1572) erhob der Heilige Vater die Gruppe der “Brüder von Johannes von Gott” zu einer Kongregation, gab ihnen die Regel des heiligen Augustinus, unterstellte sie dem Gehorsam der Ortsbischöfe und gewährte ihnen einen eigenen Habit.

 

Nach der Anerkennung im Jahr 1572, kehrte Fr. Pedro Soriano nicht mehr nach Spanien zurück, sondern blieb in Italien, wo er 1572 das Hospital zu Unserer Siegreichen Frau in Neapel gründete. 1581 siedelte er nach Rom um, wo er zunächst in der Piazza di Pietra, dann, 1584, auf der Tiberinsel tätig wurde, wie aus der Kaufurkunde des Krankenhauses zum hl. Johannes Calibita hervorgeht.

 

 

c) Erhebung zum Orden durch Sixtus V.

 

Die Kongregation erlebt ein starkes Wachstum, das vor allem darauf zurückzuführen ist, daß die Brüder treu den Geist des hl. Johannes v. Gott weiter entwickeln. So bleibt es nicht aus, daß sie den Wunsch spüren, ein echter Orden mit eigenen regeln und Oberen zu werden. Sixtus V., der die Gemeinschaft sehr gut kennt, erhebt die Kongregation am 1. Oktober 1586 mit der Bulle Etsi pro debito in den Rang eines Ordens und erkennt damit den Brüdern das Recht zu, Generalkapitel abzuhalten, Konstitutionen zu verfassen und einen eigenen Generaloberen zu wählen.

 

Das erste Generalkapitel des Ordens findet vom 20. bis 24. Juni 1587 im Krankenhaus zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel in Rom statt. Am 23. Juni wird Fr. Pedro Soriano zum Generalprior gewählt und die ersten Konstitutionen des Ordens approbiert.

 

 

 

 

2. Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen

 

Am 13. Februar 1592 werden die Brüder von Klemens VIII. durch das Breve Ex omnibus erneut in den Zustand einer einfachen Kongregation zurückversetzt. In den folgenden Jahren ist es ihnen nur mehr erlaubt, ein Gelübde abzulegen, und zwar das, in den Hospitälern unter dem Gehorsam der Ortsbischöfe Krankendienst zu tun.

 

Obwohl der Papst sicher nicht die Absicht hatte, die Brüder in Italien und in Spanien juridisch voneinander zu trennen, tritt diese Trennung durch folgende Ereignisse dann faktisch doch ein:

 

·      teilweise Wiedererrichtung des Ordens in Italien durch das Breve Romani Pontificis (9.IX.1596) von Klemens VIII.;

·      teilweise Wiedererrichtung in Spanien durch das Breve Piorum virorum (12.04.1608) von Paul V.;

·      vollständige Wiedererrichtung in Spanien: am 7. Juli 1611 erhebt Paul V. mit dem Breve Romanus Pontifex die Kongregation in Spanien erneut in den Rang eines Regularordens. Damit wird die juridische Trennung des Ordens in zwei Kongregationen praktisch besiegelt, weil der Papst den Brüdern in Spanien mit diesem Breve das Recht zuerkennt, Generalkapitel abzuhalten, Konstitutionen zu verfassen und eigene Generalobere zu wählen;

·      vollständige Wiedererrichtung in Italien, die von Paul V. durch das Breve Romanus Pontifex (13.02.1617) bewerkstelligt wird. Den italienischen Brüdern werden damit faktisch dieselben Rechte zuerkannt wie der spanischen Kongregation. Von diesem Zeitpunkt an hat der Orden zwei Generalobere.

 

Seitdem gliedert sich der Orden juridisch in zwei Kongregationen, das heißt, daß jede Kongregation eigene Konstitutionen und einen eigenen Generalprior hat. Dieser Zustand dauert von 1611 bis zum 14. September 1888. An diesem Tag wird die spanische Provinz wieder in die italienische Kongregation eingegliedert. Doch faktisch beginnt die Wiedervereinigung bereits 1867 mit der Wiederrichtung des Ordens in Spanien durch den Seligen Benedikt Menni unter dem Generalat des italienischen Generaloberen P. Giovanni M. Alfieri.

 

Es muß ergänzt werden, daß es zwischen den spanischen und italienischen Brüdern schon seit 1587 zu einer gewissen Distanzierung gekommen war. Diese Distanzierung ist in erster Linie von einigen Brüdern des Hospitals von Granada und aus anderen Teilen Spaniens ausgegangen, die sich weigerten, einen Generaloberen mit Sitz in Rom anzuerkennen und unter seiner Autorität die Profeß zu erneuern. Diese ablehnende Haltung wurde ganz besonders offenbar, als nach dem überraschenden Tod von P. Pedro Soriano im August 1588 in Perugia, die spanischen Brüder nicht am Generalkapitel, das im März 1589 in Rom stattfand, teilnahmen.

 

 

2.1. Die spanische Kongregation

 

a) Der Orden in Spanien

 

Am 20. Oktober 1608 wird  Pedro Egipciaco zum ersten Generaloberen der Kongregation in Spanien gewählt. Bei dem Kapitel werden zugleich eigene Konstitutionen erarbeitet, die Fr. Pedro Egipciaco selbst nach Rom bringt, wo sie und das neue Institut am 11. Juni 1611 von Paul V. approbiert werden. Nach der Erneuerung seiner Profeß in die Hände des Papstes kehrt Pedro Egipciaco nach Spanien zurück und wird am 12. November 1614 als General bestätigt. Papst Paul V. promulgiert am 16. März 1616 ein Motu Proprio, mit dem er die Brüder aus der Jurisdiktion der Ortsbischöfe ausgliedert. Paul V. ist es auch, der mit einem Breve vom 7. Dezember 1619 die spanische Kongregation in zwei Provinzen teilt, und zwar in  die Provinz zu unserer Friedensreichen Frau (Andalusien) und die Provinz zum hl. Johannes v. Gott (Kastilien).

 

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts betreiben die Brüder bereits 20 Krankenhäuser auf der Iberischen Halbinsel und weiten ihr Werk nach den ersten beiden Gründungen in Cartagena de Indias (1596) und Havanna (1603) auch in Südamerika aus. 1617 setzen die ersten Brüder auch auf den Philippinen  ihren Fuß auf Land.

 

Im Jahr 1715 zählten der spanische und italienische Ordenszweig zusammen 16 Provinzen mit 256 Krankenhäusern und 2.399 Brüdern. Der spanische Zweig bestand aus den Provinzen zu Unserer Friedensreichen Frau (Andalusien) mit 26 Hospitälern; zum hl. Johannes v. Gott (Kastilien) mit 22 Krankenhäusern, zum Heiligen Geist (Neuspanien mit den Philippinen) mit 28 Hospitälern; zum hl. Bernhard (Tierra Firme) mit 11 Hospitälern und zum hl. Erzengel Raphael (Peru und Chile) mit 20 Hospitälern.

 

Am 9. Februar 1738 wurde Fr. Alonso de Jesus y Ortega "der Große" zum Generaloberen der spanischen Kongregation gewählt. Mit ihm erreichte der spanische Ordenszweig seine größte Blüte. Einen ungefähren Eindruck von der Größe des Werkes der Hospitalbrüder in jenen Jahren vermittelt die Tatsache, daß zwischen 1735 und 1757 allein in den Hospitälern der Kongregation in Spanien gut 726.637 Patienten stationär behandelt wurden.

 

Die Expansion des Ordens in Spanien dauerte ununterbrochen bis zum Tod von P. General Alonso de Jesus y Ortega im Jahr 1771 an. In dieser Zeitspanne zählte die spanische Kongregation 1.261 Brüder und sieben Provinzen: drei in Spanien, drei in Amerika (wobei zu einer von ihnen auch die 5 Hospitäler auf den Philippinen gehörten) und eine in Portugal, die auch mehrere Niederlassungen in Afrika und in Asien unterhielt. Danach begann der Niedergang der spanischen Kongregation, der mit ihrem Erlöschen im Jahr 1850 endete.

 

 

b) Wirkungsbeginn der Brüder und Konsolidierung des Ordens in Portugal

 

Seit jeher nährten die Brüder den Wunsch, das Geburtshaus ihres Stifters in Portugal zu erwerben. Trotz zahlreicher Bemühungen gelang dies aus vielfältigen Gründen erst 1606, als zwei Brüder aus dem Hospital von Antón Martín in Madrid nach Portugal siedelten und in Montemor-o-Novo über dem Geburtshaus des Heiligen eine Kirche und ein Hospital errichten ließen.

 

Die Ausbreitung des Ordens in Portugal erfolgte in demselben Stil und mit denselben Methoden wie in Spanien. Tatsächlich blieb Portugal bis 1790 eine Provinz der spanischen Kongregation. Danach wurde sie vom Heiligen Stuhl abgetrennt und ihr ein Generalvikar mit einem eigenen Definitorium vorgesetzt. In der Praxis führten die portugiesischen Brüder aber schon seit langem (ca. 1702) ein von den spanischen Provinzen getrenntes Leben.

 

Im Jahr 1745 zählte der Orden 11 Krankenhäuser in Portugal und 5 Krankenhäuser in Afrika und Asien. Außerdem leisteten die portugiesischen Brüder, die damals ca. 130 an der Zahl waren, in 9 Militärkrankenhäusern Dienst.

 

2.2. Die italienische Kongregation

 

a) Die Hospitalbrüder in Italien

 

Auch in Italien erlebte der Orden von Johann von Gott zunächst eine große Blütezeit, die auf die bedingungslose Dienst- und Opferbereitschaft der Brüder und ihr qualifiziertes Fachkönnen und -wissen zurückzuführen ist. Dadurch gewannen die Brüder die Sympathie und Unterstützung der zivilen und kirchlichen Autoritäten sowie die Gunst vieler Wohltäter, dank deren tätiger Mithilfe sie das Werk des Heiligen von Granada nicht nur in Italien mit zahlreichen Gründungen befestigen, sondern auch nach Österreich, Deutschland, Polen und Frankreich ausweiten konnten.

 

Auch in Italien pflegten die Brüder verletzte Soldaten auf dem Feld und kümmerten sich in vorbildhafter Weise um die Opfer der Seuchen, die damals in Europa grassierten.

 

Um sich eine Idee von dem überwältigenden Wachstum des Ordens in Italien zu machen, genügt es sich vorzustellen, daß die Brüder in Italien 80 Jahre nach der ersten Gründung (Neapel 1575) bereits sechs blühende Provinzen (Rom, Neapel, Lombardei, Bari, Sizilien und Sardinien) mit 66 Krankenhäusern hatten, in deren 1032 Betten jährlich im Schnitt 27.469 Patienten von 595 Brüdern gepflegt wurden. Aus den Reihen der italienischen Brüder gingen mehrere große Gestalten hervor, von denen hier nur Fr. Pasquale de L'Homme und Fr. Gabriel Ferrara erwähnt werden sollen..

 

 

b) Gründungen nördlich der Alpen

 

Die Niederlassungen des Ordens, die nach und nach in anderen Ländern Europas entstanden, waren das Werk italienischer Brüder bzw. Angehöriger der italienischen Kongregation. Auch in diesem Fall war die rapide Expansion unserer Ordensfamilie die Frucht des vorbildhaften Lebens und Einsatzes der Brüder und der große Nutzen ihrer Tätigkeit

 

b.1) Frankreich

 

In Frankreich erlebte der Orden eine rasche Ausbreitung, nachdem 1602 Fr. Bonelli zusammen mit einigen anderen Mitbrüdern aus Italien in Paris das Krankenhaus “La Charité” errichtet hatte, das zur damaligen Zeit das größte der Nation war und zur Wiege der französischen Provinz werden sollte, welche beim Generalkapitel 1639 errichtet wurde. Einen großen Antrieb erhielt die Ausbreitung des Ordens in Frankreich auch durch die Unterstützung wichtiger ziviler und kirchlicher Autoritäten.

 

Obwohl sie zur italienischen Kongregation gehörten, genossen die französischen Brüder eine große Selbständigkeit, weil ihrem Provinzial vom General der Status eines Generalvikars zuerkannt wurde und er somit die Provinz praktisch unabhängig von Italien leitete. Im Jahr 1789 betrieb die Provinz 40 Hospitäler in Frankreich und 5 in den Kolonien und zählte 350 Brüder.

 

b.2) Deutschsprachiger Raum

 

Im Jahr 1605 kamen der berühmte Arzt und Chirurg P. Gabriel Graf von Ferrara und P. Giovanni Battista Cassinetti zusammen mit anderen Brüdern auf Bitten von Fürst Karl von Liechtenstein nach Feldsberg, um dort die Leitung des Krankenhaus zur hl. Barbara zu übernehmen. Dieses Hospital sollte die Zelle für die Gründung weiterer 22 Hospitäler werden, die von P. Gabriel Ferrara bis zu seinem Tod im Jahr 1627 initiiert wurden.

 

Die neuen Häuser wurden sehr bald zu einer Provinz vereint, die dem heiligen Erzengel Michael geweiht wurde. Aus dieser Provinz entstanden in der Folge alle anderen Provinzen des Ordens in Mittel- und Osteuropa.

 

Auch hier widmeten sich die Brüder dem Krankendienst in ihren Hospitälern und begleiteten die Truppen des Kaisers als Sanitäter bei Feldzügen, um die verletzten und kranken Soldaten zu pflegen. Auch hier erwiesen sie sich als wertvolle und opferbereite Helfer bei epidemischen Krankheiten und Pestseuchen.

 

b.3) Polen

 

P. Gabriel Ferrara gelangte 1609 auch nach Polen, wo er das Krankenhaus von Krakau übernahm, auf das bald weitere Gründungen in Polen und Litauen folgten. 1645 wurde Polen zu einer selbständigen Provinz, die auf den Titel der Verkündigung Mariens geweiht wurde. Obwohl die Provinz eine beachtliche Größe erreichte (13 Krankenhäuser und 156 Brüder am Ende des 18. Jahrhunderts), erlöschte sie mit der Aufteilung Polens unter Rußland und Preußen.

 

 

3. Der Orden in Amerika

 

In der Bulle von Papst Gregor XIII. "IN SUPEREMINENTI" vom 28. April 1576 werden auch Gründungen der Barmherzigen Brüder in "verschiedenen Provinzen in Überseeindien" erwähnt, ohne daß jedoch ihre Zahl noch ihre Standorte angegeben werden.

 

Auch in der ersten Biographie von Johann von Gott (1585) und in den Konstitutionen, die beim ersten Generalkapitel (Juni 1587) erarbeitet wurden, wird auf die Existenz von drei Hospitälern in Amerika Bezug genommen. Aus letzteren wissen wir, daß sich das erste in Mexiko; das zweite in der Stadt "Nombre de Dios" in Panama und das dritte in der Stadt Ciudad de los Reyes in Peru befand (vgl. Konst. 1587,  Blatt 43 ff.).

 

Diese Hospitäler sind sehr wahrscheinlich von den ersten Eroberern zur Pflege der spanischen Einwanderer und der einheimischen Bevölkerung gebaut worden. Andere wurden, wie in Spanien, von frommen Personen, Verbindungen und Bruderschaften gestiftet, welche, nachdem sie von dem Krankenpflegeorden erfahren hatten, der von Johann von Gott in Granada gegründet worden war, diese Hospitäler den Brüdern anboten, noch bevor diese nach Amerika reisten, um dort eigene Werke zu gründen.

 

Aus einer Handschrift, die im Archivo de  Indias aufbewahrt wird, geht hervor, daß die Brüder des Johannes von Gott in Granada bereits 1584 den Verantwortlichen anboten, nach Amerika zu gehen. Doch ihr Angebot wurde am 18. April 1584 abgelehnt. Es ist belegt, daß sich acht Hospitalbrüder unter der Leitung von Fr. Francisco Hernàndez in eine spanische Fregatte, deren Ziel Kuba und Neuspanien war, einschifften, um die Kranken und Verletzten an Bord zu pflegen. Fr. Francisco Hernández erkannte das ungeheure Tätigkeitsfeld, das in der Neuen Welt auf die Barmherzigen Brüder wartete und legte bei seiner Rückkehr nach Spanien Philipp II. eine Denkschrift vor, in der ihm von den geleisteten Diensten berichtete und die Notwendigkeit darlegte, daß die Brüder nach Amerika geschickt werden sollten. Zum Schluß seines Berichtes bat er den König um die Erlaubnis, gemeinsam mit fünf Brüdern nach Amerika zurückkehren zu dürfen, um dort die Mission und das Apostolat der Hospitalität auszuüben.

 

Dieses Mal gab der König seine Zustimmung und forderte mit einer “Real Cedola” (königlichen Erlaß), datiert Madrid 2. Dezember 1595, den Vorsteher der “Casa de Contractión” von Sevilla auf, Fr. Francisco Hernàndez und seinen fünf Brüdern einen Passierschein nach Amerika zu geben, damit sie in den Hospitälern in Cartagena, Nombre de Dios und Panama den Krankendienst aufnehmen konnten. Nach einer mühsamen Überfahrt erreichten die Brüder im April 1596 Cartagena de Indias im heutigen Kolumbien und übernahmen dort das Hospital zum heiligen Sebastian.

 

Nach der Gründung der ersten ständigen Niederlassung in Amerika (1596) entwickelte und breitete sich das Werk der Brüder zu Beginn des 17. Jahrhunderts in beeindruckender Weise auf dem amerikanischen Kontinent aus. Um das wachsende Netz der Hospitäler der Brüder in Amerika zu regeln, erließ das “Real Consejo de Indias” eigene Verfügungen, die 1640 in die Konstitutionen der spanischen Kongregation aufgenommen wurden.

 

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (circa um 1780) zeigten die drei Provinzen in Amerika (die Philippinen ausgeschlossen) folgendes statistisches Bild:

 

·      Provinz zum hl. Bernhard: 11 Hospitäler und 70 Brüder;

·      Provinz zum hl. Erzengel Raphael. 20 Hospitäler und 245 Brüder;

·      Provinz zum Heiligen Geist 26 Hospitäler und 255 Brüder.

 

Die Gründe, die das Wachstum und die Expansion des Ordens in Amerika förderten, waren einmal mehr die Hingabe und Opferbereitschaft, mit der die Brüder sich aller Hilfsbedürftigen ohne Ausnahme annahmen, ihre humane und fachliche Bildung, durch die sie der Krankenpflege eine neue Qualität gaben, und die Unterstützung, die sie von seiten der zivilen und kirchlichen Autoritäten erfuhren.

 

Das hohe Ansehen, das die Brüder bei den Behörden und bei der Bevölkerung genossen, führte dazu, daß ihnen eine wachsende Zahl von bereits bestehenden Krankenhäusern anvertraut wurden. Obwohl die Brüder auch selbst Hospitäler errichteten, kam es so, daß sie in Amerika meistens bereits bestehende übernahmen.

 

Die Sympathie des Volkes und der Autoritäten äußerte sich nicht zuletzt in einer großen Freigebigkeit gegenüber den Brüdern. Die meisten ihrer Hospitäler hätten allein mit den ihnen zuerkannten Stiftungsgeldern kaum überleben können, so daß das Almosensammeln für ihr Weiterbestehen grundlegend war. Von den zahlreichen Bruderschaften und frommen Verbindungen, die sich um unsere Hospitäler in Amerika bildeten, ging eine unschätzbare Hilfe sowohl auf spiritueller als auch auf materieller Ebene aus.

 

 

3.1. Beiträge zur Evangelisierung

 

In der Folge geben wir zusammenfassend die wichtigsten Beiträge an, die von unseren Brüdern zur Evangelisierung in Amerika geleistet wurden:

 

·      Mit den Spaniern kam auch der christliche Glaube nach Amerika. Priester und Ordensleute begleiteten die Kolonisatoren, um die Truppen geistlich zu betreuen und das Evangelium zu verbreiten.

·      Der Dienst am Kranken und Hilfsbedürftigen war und ist bis heute der wichtigste Beitrag, den die Brüder in Amerika zur Evangelisierung geleistet haben. Die qualifizierte Pflege von Leib und Seele - ganzheitliche Pflege würden wir heute sagen - , die von den Brüdern, unter denen sich angesehene Ärzte, Chirurgen, Krankenpfleger und Priester finden, angeboten wurde, wird bis heute von allen geschätzt.

·      Obwohl die Evangelisierung durch die Wortverkündigung nicht das Hauptziel des Ordens in Amerika war, haben die Brüder eine wichtige pastorale Arbeit in den Krankenhauskirchen und in einigen Pfarreien geleistet, wobei sie sich unter anderem der Katechese und Glaubensunterweisung widmeten.

·      Ihre karitative Tätigkeit und ihr  selbstloser Einsatz für die Kranken sowie ihre Form des Almosensammelns waren Gelegenheiten, die Menschen Amerikas durch ihr Zeugnis, ihre einfachen Worte und die Konkretheit ihres Lebens zu evangelisieren. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Gestalt des Ehrwürdigen Francisco Camacho aus Lima hingewiesen.

·      Ganz besonders wichtig war, daß sich die Brüder vollständig in die Realität des Neuen Kontinents eingliederten. Dies kam durch ihre Lebensnähe und ihren unermüdlichen Einsatz für die Schwachen und Schutzlosen zum Ausdruck. Als die Unabhängigkeitsbewegungen begannen, unterstützten einige unserer Brüder diese Bestrebungen, was ihnen bis heute von der Bevölkerung hoch angerechnet wird. Ihr Mitstreiten für die Unabhängigkeit geschah jedoch fast ausnahmslos in und durch die Ausübung der Hospitalität. Mehrere Brüder wurden dafür verbannt oder sogar inhaftiert. Wir können sagen, daß sie zusammen mit anderen Ordensleuten, Priestern und Laien echte Pioniere und Vorläufer der heutigen Zeugen der Befreiungstheologie sind. Als Beispiel seien hier nur Fr. Agustin de la Torre, Fr. Rosauro Acuna und Fr. Pedro Dominguez aus Peru; Fr. Santiago Monteagudo aus Chile und Fr. Josè Olallo Valdès aus Kuba erwähnt.

 

 

 

4. Der Orden in Asien, Afrika und Ozeanien

 

Die Anfänge des Ordens in Asien, Afrika und Ozeanien gehen Hand in Hand mit der Expansion der spanischen und der portugiesischen Krone im 16. und in den darauffolgenden Jahrhunderten.

 

Die Kolonisation neuer Länder und ihre Verteidigung erforderte unablässig die Entsendung neuer Truppen auf den Schiffen der Armada, auf denen bald auch Barmherzige Brüder zur Pflege der Verletzten und Betreuung der Bevölkerung in den Kronländern mitgenommen wurden. So kam es, daß die ersten Barmherzigen Brüder sehr früh in die neuen Kontinente kamen. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis die Brüder in ständigen Niederlassungen tätig wurden und ihr Werk sozusagen fest in die neuen Länder verpflanzten. Zuerst wurden ihrer Führung Krankenhäuser anvertraut, die von den spanischen und portugiesischen Beauftragten gegründet worden waren. Später errichteten die Brüder aus eigener Initiative oder auf Bitten der örtlichen Behörden auch eigene Werke.

 

Zusammen mit Ordensleuten aus anderen Gemeinschaften begründeten die Barmherzigen Brüder durch die Ausübung der Hospitalität im Stil ihres Heiligen Stifters auf den neuen Kontinenten das Liebeswerk der Kirche.

 

Bis zum 19. Jahrhundert, in dem der Orden in diesen Teilen der Welt aus denselben Gründen wie in Europa und Amerika erlischt, sind die Impulse und Beiträge, die die Brüder zur Evangelisierung leisten, denen in Amerika sehr ähnlich.

 

a) Asien

 

Obwohl in Asien erst nach Jahren die ersten festen Niederlassungen des Ordens entstanden, errichteten die Brüder, die die spanischen und portugiesischen Truppen als Sanitäter begleiteten, mehrere befestigte Feldlazarette an den Küsten Chinas, um sporadisch ausbrechenden Epidemien Herr zu werden und die Verletzten, derer es nach manchen Seeschlachten vieler gab, besser pflegen zu können.

 

Auf die Philippinen kamen die Brüder 1611. Angeführt von Fr. Juan de Gamboa, errichtete eine Brüdergruppe ein Konvaleszentenhospital in Bagumbayan vor den Mauern Manilas, das jedoch schon bald wieder aufgegeben werden mußte Die ersten Dokumente, die das Wirken der Barmherzigen Brüder auf den Philippinen bezeugen, datieren auf 1617, als  König Philipp III. den Brüdern offiziell die Erlaubnis gibt, auf der Inselgruppe Hospitäler zu gründen. Doch das Werk des Ordens auf den Philippinen konsolidiert sich erst 1641, als die bestehenden Niederlassungen (zwei Allgemeinkrankenhäuser in Cavite und Manila sowie mehrere andere Gründungen in Cebu, Zamboanga und San Rafael de Bulacan) zu einer Vizeprovinz erhoben werden, die dem Generalkommissariat Mexiko unterstellt wird. Die politischen und sozialen Umwälzungen, zu denen es im 19. Jahrhundert in Spanien kam, erreichten auch die Philippinen und führten am Ende des Jahrhunderts zum Erlöschen des Ordens, bis 1988 von italienischen Brüdern ein Neuanfang gewagt wurde.

 

Portugiesische Brüder gründeten an der Küste Indiens mehrere Hospitäler: Goa 1685, Bacaim 1686, Diu 1687 und Damao 1693. Die Häuser teilten in der Folge Aufstieg und Niedergang der Portugiesischen Provinz.

 

b) Afrika

 

Von 1573 bis 1834 begleiteten mehr als hundert Barmherzige Brüder die spanischen Soldaten bei der Eroberung und Verteidigung afrikanischer Stützpunkte der spanischen Krone. Als Ärzte, Chirurgen, Krankenpfleger, Missionare und Katechisten erwarben sie große Anerkennung bei den Autoritäten, selbst die von König Philipp III., der seine Wertschätzung in einem eigenen Schreiben an P. Egipciaco zum Ausdruck brachte. Erwähnt werden muß hier das Wirken von P. Pedro Soriano bei der Eroberung von Tunis und Biserta unter der Führung von Erzherzog Johann von Österreich im Jahr 1573 und  der aufopferungsvolle Einsatz von 20 Brüdern im Jahr 1843 in Ceuta bei einer  Pestseuche, der 13 von ihnen zum Opfer fielen.

 

Die erste feste Niederlassung auf afrikanischem Boden wurde von portugiesischen Brüdern in Mozambique 1681 errichtet. Im Mai 1834 setzte ein Dekret dem Wirken des Ordens in Afrika ein abruptes Ende.

 

c) Ozeanien

 

Im Mai 1606 erreichte die erste spanische Expedition, die ein halbes Jahr zuvor vom Hafen Callao in Peru aufgebrochen war, die australische Küste. Die Expedition wurde von vier Barmherzigen Brüdern zur Versorgung der Kranken und Verletzten begleitet. Außerdem hatten sie von den Behörden die Erlaubnis zur Gründung und Führung von Hospitälern bekommen. Trotzdem wissen wir bis heute nicht, ob sie in Australien geblieben sind und Hospitäler gegründet haben, auch weil die Spanier selbst sich nicht in dem neuen Land niedergelassen haben.

 

 

 

 

 

5. Werte der Hospitalität und andere Faktoren, die einen wichtigen Einfluß auf die

   Ausbreitung des Ordens ausgeübt haben

 

Die wichtigsten Gründe für die beeindruckende Ausbreitung und Blüte des Ordens in dieser Zeit sind vor allem drei:

 

·      Erstens die Freude und Begeisterung, mit der die Brüder das Charisma und den Geist ihres Stifters weiterentwickelten, und ihre Opferbereitschaft und rückhaltlose Hingabe an die Armen und Kranken in ihren Hospitälern und außerhalb von ihnen. Ein besonders starkes Zeugnis der Hospitalität gaben die Brüder bei der Pflege der Opfer der Pestseuchen und anderer Epidemien, die zu jener Zeit sehr häufig waren. Die Brüder pflegten die Opfer in ihren Hospitälern, begaben sich häufig aber auch direkt an die Seuchenherde, um mit Liebe und fachlicher Kompetenz den Betroffenen beizustehen. Außer den Diensten, die von den Brüdern in ihren Hospitälern geleistet wurden, müssen hier auch die Dienste erwähnt werden, die sie als Sanitäter zu Wasser und zu Lande leisteten.

 

·      Zweitens die Sorge und das ständige Bemühen, den Armen und Kranken einen qualifizierten Dienst anzubieten, zu dem alle ohne Ausnahme freien Zugang haben sollten. In diesem Zusammenhang muß ihre Sorge um die sowohl geistliche als auch fachliche Ausbildung des Nachwuchses hervorgehoben werden, die bewirkte, daß aus den Reihen der Brüder bekannte Ärzte, Chirurgen und Krankenpfleger hervorgingen, die außer ihrer großen Humanität den Krankendienst mit einer Qualität bereicherten, die für jene Zeit ohnegleichen war

 

·      Drittens die Sympathie und Unterstützung von seiten kirchlicher und ziviler Stellen, darunter auch die der Könige. Nur dank der königlichen Erlässe und Zugeständnisse  und Gunst der Autoritäten konnten die Brüder in kurzer Zeit so viele Niederlassungen in Spanien, Amerika und auf den Philippinen gründen und ihr Werk erfolgreich auch in Mittel- und Osteuropa aufbauen.

 

 

6. Der Hospitalität treu geblieben bis zum Martyrium

 

Die traditionsreiche Geschichte unseres Ordens und seine große Ausbreitung auf allen Kontinenten ist nur dank dem Zeugnis einer großen Schar von Brüdern erklärbar, die unerschrocken ihr Leben für den Barmherzigen Christus als Märtyrer der Hospitalität hingegeben haben. Der Wunsch, mit ihrer gelebten Nächstenliebe im Dienst an den Armen und Kranken das Evangelium zu verkünden, erlegte vielen Barmherzigen Brüdern Verfolgungen auf und verlangte vom Orden einen hohen Blutzoll. Im folgenden sollen die wichtigsten Ereignisse in dieser Hinsicht, die eine Konstante in der Geschichte des Ordens waren, dargestellt werden:

 

·      Brasilien 1636: Im Hafen von San Salvador werden der portugiesische Bruder Jesus Arana y Acosta und die spanischen Brüder Francisco Esforcia und Sebastian von holländischen Piraten ermordet.

·      Kolumbien 1637: Fr. Diego de San Juan aus Spanien und Fr. Antonio de Almazãn aus Kolumbien werden von Chocoes-Indios getötet. 1646 erleiden der Barmherzige Bruder Miguel Romero und ein Franziskaner, erneut durch Chocoe-Indios das Martyrium.

·      Chile 1656: Fr. Gregorio Mejia erleidet in Valdivia durch Auca-Indios das Martyrium. 1795 trifft Fr. Bernardo Lugones das Martyrium durch Aracuano-Indios.

·      Polen 1656: Im Hospital in Lublin wird Fr. Eustachius Biescekierski so schwer gemartert, daß man ihn für tot hält. Doch er erwacht wieder und genest von seinen Wunden. In Warschau werden der Ordenspriester Nikolaus Orkieska und Fr. Melchor Moreti ermordet. Andere Brüder, unter ihnen Hypolit Ciarnowski, werden mißhandelt und schwer verletzt, doch am Leben gelassen. In Lowiez sterben Fr. Norbert Gotkoswiez und Fr. Hilarius. Der Hintergrund, auf dem diese Ermordungen stattfanden, war die Invasion Polens durch Nachbarvölker, von denen die Christen verfolgt wurden.

·      Philippinen 1725: In Buenavista, heute San Rafael de Bulacan, werden, in der Mitte des XVII. Jahrhunderts, Fr. Antonio de Santiago und, 1731, Fr. Antonio Guemez von Eingeborenen getötet. Fr. Lorenzo Gómez wird beim Almosensammeln im Norden Luzons ermordet.

·      Frankreich: Im Zuge der Revolution von 1789 und der damit einhergehenden Unterdrückung der Ordensgemeinschaften werden die Brüder verfolgt und eingesperrt. Einige von ihnen erleiden das Martyrium. Fr. Vomerange in Burdeos, Fr. Felicien Citet in Paris, Fr. Marcel Clémont und Fr. Modestus Bernard bei Rochefort. Letzterer überlebt und wird nach Guayana ins Exil geschickt, wo er in vollkommener Armut stirbt.

·      Spanien: Zahlreiche Brüder werden während des Unabhängigkeitskrieges (1808 und darauffolgende Jahre) und der Besetzung durch die napoleonischen Truppen zu Opfern der Verfolgung und aus ihren Hospitälern gejagt. Mehrere Brüder, und zwar Fr. Pedro Perez, Fr. Antonio Perez, Fr. Manuel Groizar und Fr. Nicolas de Ayala werden, während sie als Sanitäter, Ärzte und Chirurgen den spanischen Truppen dienten, getötet.

 

In allen diesen Fällen war die Ausübung der Hospitalität und die Verkündigung der Frohbotschaft das auslösende Moment für das Martyrium unserer Brüder.

 

 

 

 

 

 


Viertes Kapitel

 

 

APOSTOLISCH-MISSIONARISCHE ARBEIT DES ORDENS

AB DER HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS

 

 

Bereits in der Renaissance begannen die zivilen Behörden im Gesundheitsdienst eine politische Aufgabe zu sehen, die sich als Imperativ aus der Gerechtigkeit herleitete. Das führte dazu, daß die Krankenhäuser im Zuge einer langsam, aber unaufhaltsam fortschreitenden Entwicklung, die im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, nach und nach unter staatliche Gewalt kamen.

 

Mitte des 17. Jahrhunderts bricht in Europa eine neue Epoche an, die vom Vernunftglauben beherrscht wird und vom Kampf gegen die etablierten Strukturen, insbesondere die Königshäuser und die Kirche, gekennzeichnet ist.

 

 

1. Erlöschen der spanischen Kongregation

 

a) Der Niedergang des Ordens in Spanien

 

Im September 1807 fallen französische Truppen in Spanien ein. Das Gedankengut, das sie mitbringen, führt Jahre später zum sogenannten Verfassunggebenden Triennium (1820 bis 1823). Eine der ersten Maßnahmen, die von den Liberalen in dieser Zeit (September 1820) ergriffen wird, ist die Verabschiedung eines Gesetzesentwurfes, durch den die Klöster der Mönchsorden aufgelöst und die der Bettelorden reformiert werden sollten. Damit wird der Säkularisierung der Ordensleute Tür und Tor geöffnet. Nicht genug damit, verbietet man ihnen in der Folge, neue Kandidaten zu werben und aufzunehmen und ordnet die Schließung aller Konvente an, die weniger als 24 Mitglieder haben. Das bedeutet das Aus für den Hospitalorden, weil beinahe alle Konvent-Hospitäler in Spanien diese Auflage nicht erfüllten.

 

Am 9. März 1836 wird mit königlichem Dekret die Auflösung aller Ordensgemeinschaften angeordnet, die nur zwei Hospitäler der Brüder, das in Sevilla und das in Madrid, überlebten. In Madrid, dem altehrwürdigen Konvent-Hospital, das noch von Anton Martín errichtet worden war, gelang es einer Kommunität von 14 Brüdern unter dem P. Prior Antonio Albors noch eine Zeit lang weiterzuwirken..

 

Im Mai 1830 hatte das letzte Generalkapitel der spanischen Kongregation stattgefunden. Zum letzten General wurde  Fr. Josè Bueno y Villagran gewählt, der angesichts des drohenden Untergangs, aus dem kein Ausweg zu führen schien, die erforderlichen Notmaßnahmen einleitete, um wenigstens das Wertvollste der Gemeinschaft in Sicherheit zu bringen. Er ließ einen großen Teil des Generalarchivs ins Krankenhaus nach Sevilla überführen (das einzige, das noch in Betrieb war, als der Selige Benedikt Menni nach Spanien kam) und übergab dem damaligen General der italienischen Kongregation, Fr. Benedetto Vernò, die Unterlagen der Heiligsprechungsverfahren für den Ehrwürdigen Francisco Camacho und den Heiligen Johannes Grande, "damit sie nicht verloren gehen”, wie er schrieb. In dem gleichen Schreiben heißt es am Schluß:: "Ihnen, als dem heute einzigen Oberhaupt des Ordens, obliegt es, Sorge zu tragen für all das, was einst der spanischen Kongregation gehörte. Ich bin sicher, daß Sie in diesem Sinne alles Erforderliche veranlassen werden...". Fr. José Bueno starb am 11. März 1850 in Madrid. Mit ihm erlöschte definitiv die spanische Kongregation des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott.

 

Zu den äußeren Faktoren, die zum Erlöschen der spanischen Kongregation führten (französische Besetzung, die darauffolgenden Kriege, das liberale Triennium, die Säkularisierungs- und Unterdrückungspolitik gegenüber den Orden), kamen interne Probleme in der Kongregation dazu, die zwar vielfach äußere Ursachen hatten. Trotzdem ist eine gewisse Unfähigkeit der spanischen Kongregation, sich offen den Problemen jener Zeit zu stellen und die neuen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu erkennen, unleugbar.

 

b) Wiedererrichtung des Ordens in Spanien

 

Pater Giovanni Alfieri machte die Wiedererrichtung des Ordens in Spanien zu einem seiner zentralen Ziele. Anfangs plante er, mit den wenigen Brüdern, die nach dem Tod von Fr. Josè Bueno geblieben waren, zu einem Neubeginn anzusetzen, doch das erwies sich bald als unmöglich. So reiste er selbst nach Spanien, wo er von der Königin Isabella II. die Erlaubnis zur Errichtung von Hospital-Konventen erbat und erhielt.

 

·      Nach mehreren gescheiterten Versuchen, in Spanien endlich wieder Fuß zu fassen, beauftragte er mit dieser schwierigen Aufgabe den Seligen Benedikt Menni, der gerade frisch zum Priester geweiht worden war. P. Menni kam in der Karwoche des Jahres 1867 in Barcelona an, wo er noch im Dezember desselben Jahres ein Heim für poliokranke Kinder öffnete. Damit war der Grundstein zum Wiederaufbau des Ordens in Spanien gelegt, auch wenn noch Schwierigkeiten aller Art bestanden werden mußten. Willensstärke, Gottvertrauen und eine authentische Liebe zum kranken Menschen sowie eine starke Anhänglichkeit an den Orden waren die Grundpfeiler, auf denen das Werk des Wiederaufbaus schließlich erfolgreich gelang.

 

·      Am 21. Juni 1884 wurde die kanonische Errichtung der Provinz zum hl. Johannes v. Gott in Spanien mit 120 Brüdern und 5 Häusern beschlossen, die ihren Tätigkeitsraum sofort sowohl in Spanien selbst als auch nach Portugal und Amerika ausweitete. Bei den vom Seligen Benedikt Menni gegründeten Häusern handelte es sich in der Mehrzahl um Einrichtungen für geistig Behinderte und poliomyelitiskranke Kinder, zwei Gruppen, für die damals wenig oder überhaupt nichts getan wurde. Die kanonische Eingliederung der spanischen Provinz in die italienische Kongregation erfolgte am 14. September 1888, womit die Wiedervereinigung des Ordens offiziell vollendet wurde.

 

·      Das Werk des Wiederaufbaus des Seligen Benedikt Menni schöpfte seine Kraft aus einem innigen spirituellen Leben, aus der Bereitschaft, auf jede dringende Not eine Antwort zu geben (Pest und Krieg) und vor allem aus der zeichenhaft gelebten Nächstenliebe der Brüder, deren Zeugnis zahlreiche neue Berufe anzog.

 

 

 

 

c) Erlöschen und Wiedererrichtung des Ordens in Portugal

 

Auch Portugal blieb von den sozialen, politischen und kulturellen Turbulenzen, die Europa im 18. Jahrhundert heimsuchten, nicht verschont. Im  Mai 1834 wurden durch ein Dekret des Ministers Aguiar in Portugal und seinen Kolonien alle Ordensgemeinschaften ohne Ausnahme aufgelöst. Das bedeutete natürlich auch den Untergang für unseren Orden.

 

Auch in Portugal ist der Wiederaufbau des Ordens ein Verdienst des Seligen Benedikt Menni, der im Auftrag von P. Giovanni Alfieri nach der Konsolidierung des Ordens in Spanien mehrere Brüder nach Portugal sandte, wo sie als erstes das Geburtshaus des hl. Johannes v. Gott wieder in Besitz nehmen sollten. Im August 1893 wurde der Konvent und eine Anstalt für geistig Kranke in Telhal errichtet.

 

Die ersten Jahre nach dem Neubeginn waren nicht leicht. Wirtschaftliche und politische Probleme machten den Brüdern das Leben schwer. Dem Orden wurde lange die rechtliche Anerkennung verweigert, was bewirkte, daß er keinerlei Unterstützung von seiten der öffentlichen Behörden bekam. Die großen Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, konnten erst in einem langwierigen Prozeß überwunden werden.

 

 

2. Verfall und Wiederaufbau der italienischen Kongregation

 

Die sozialen, politischen und kulturellen Umwälzungen, die Europa seit Mitte des 18. Jahrhunderts beherrschten, wirkten sich auch auf die italienische Kongregation tiefgreifend aus. In Frankreich wurde der Orden von der Französischen Revolution hinweggefegt; im deutschsprachigen Raum führte der Josephinismus dazu, daß die Provinzen  von Österreich, Polen, der Lombardei, Neapel, Sizilien und der Toskana aus dem Zuständigkeitsbereich der Generalkurie in Rom ausgegliedert wurden.

 

a) Italien

 

1810 wurde in Italien die Auflösung aller Ordensgemeinschaften angeordnet. Unter großen Schwierigkeiten gelang es den Brüdern trotzdem in einigen ihrer Hospitäler weiterzuwirken, bis 1814 das kirchenfeindliche Klima aufhörte und der Orden sich neu organisieren konnte.

 

Nach der Einigung Italiens (7. Juli 1866)  wurden erneut alle Ordensgemeinschaften aufgelöst und ihre Güter vom Staat konfisziert. Wiederum gelang es den Brüdern, in einigen ihrer Hospitäler zu bleiben, indem sie sich zu einem „Weltlichen Krankenhausverband" zusammenschlossen. Dank dieser Formel konnten sie als Krankenpfleger und teilweise sogar als Verwalter weiterarbeiten. Zu jener Zeit zählte der Orden 50 Krankenhäuser und 352 Brüder.

 

Pater Giovanni Maria Alfieri, seit 1862 Generalprior, kann mit Recht die treibende Kraft des Wiederaufbaus in Italien genannt werden. Er tat alles Menschenmögliche, um die Brüder in den konfiszierten Häusern des Ordens zu halten, und bereitete mit großem Weitblick ihre Übernahme vor. Dabei bemühte er sich ganz besonders, bei den Brüdern das geistliche Leben wach zu halten und ihre Moral zu stärken. Sein Nachfolger, Pater Cassianus Maria Gasser, führte das Werk des Wiederaufbaus in der religiösen, spirituellen und apostolischen Dimension fort.

 

b) Niedergang und Neubeginn in Frankreich

 

Nach der Französischen Revolution ordnete das Direktorium mit einem Dekret am 11. Februar 1790 die Auflösung aller Ordensgemeinschaften der Nation an. Mit einem Gesetzesbeschluß vom 18. Oktober 1792 wurde die Veräußerung aller Ordensgüter dekretiert, was das Ende für unseren Orden bedeutete.

 

Der Wiederaufbau erfolgte in einem langsamen und mühsamen Prozeß und ist vor allem Paul de Magallòn und einer Gruppe mutiger Gefährten zu verdanken. Paul de Magallon war eine prophetische und vom Geist Gottes erfüllte Gestalt, in der Hospitalität, Liebe zur Kirche und Liebe zum Orden ineinandergriffen. Mit seinen Gefährten reiste er 1823 nach Rom, wo die Gruppe gemeinsam das Noviziat machte und die Profeß ablegte. Nach der Rückkehr nach Frankreich errichteten die Brüder in kurzer Zeit mehrere neue Gründungen, deren erste das Krankenhaus in Lyon war, das 1825 eingeweiht wurde.

 

Ein neues Verbot, das 1880 promulgiert wurde, drohte das Wachstum des Ordens in Frankreich wieder zunichte zu machen. Doch die Brüder bewiesen ein großes Durchhaltevermögen und standen treu zu ihrer Berufung. Auf diese Zeit geht auch die Einführung des Ordens von seiten französischer Brüder in Irland (Tipperory 1877), in England (Scorton 1880) und in Belgien (Leuze 1908) zurück..

 

c) Die deutsche Provinz zum heiligen Erzengel Michael

 

Unter Kaiser Joseph II. (1765-1790) wurden die Barmherzigen Brüder und ihre Werke, die sich im Einzugsgebiet der Habsburger befanden, dem Zuständigkeitsbereich der Generalkurie in Rom entzogen. Die Hospitäler, die sich außerhalb Österreichs befanden, wurden abgetrennt. Die Brüder dieser Häuser beschlossen 1781, ihre Werke zur “Deutschen Provinz zum heiligen Karl Borromäus” zu vereinen, die auch Provincia per Imperium genannt wurde und ihren Sitz in München hatte.

 

Eine nicht minder verheerende Wirkung hatten die napoleonischen Gesetze, die nur die Krankenhäuser in Breslau und Neustadt überlebten.

 

Ab 1831 kehrte unter König Ludwig I. von Bayern wieder eine gewisse Ruhe ein. Die Brüder vereinigten sich wieder mit Rom und bildeten neue Provinzen: die Bayerische 1851,  die Schlesische 1853 und die Ungarische 1856.

 

d) Polen

 

Der Niedergang der Provinz zur Verkündigung Mariens beginnt mit der Aufteilung des polnischen Königreiches in den Jahren 1772-93-95 zwischen Rußland, Preußen und Österreich und vollzieht sich definitiv während der napoleonischen Besetzung im Jahr 1806, die nur das Krankenhaus in Krakau übersteht, das in der Folge Wien angegliedert wird.

 

Da Schlesien seit dem Zweiten Weltkrieg zu Polen gehört, soll hier auch die Entwicklung des Ordens in dieser Region Erwähnung finden. 1710 wird das Krankenhaus in Breslau gegründet, das mit dem in Neustadt, das 1764 gegründet worden war, als einziges die traurigen politischen und militärischen jener Epoche überleben sollte. Nach einigen weiteren Gründungen wurden die Häuser Schlesiens am 14. Januar 1883 zur Provinz erhoben.

 

Die Polnische Provinz konnte erst 1922 wiedererrichtet werden.

 

 

 

 

 

 

 

3. Niedergang und Erlöschen des Ordens in den Überseeprovinzen

 

a) Niedergang und Erlöschen des Ordens in Amerika

 

Das 19. Jahrhundert war in Südamerika von dem Wunsch nach politischer Selbständigkeit charakterisiert, der sich auch im kirchlichen Bereich bemerkbar machte. Die Unterdrückungs- und Auflösungsmaßnahmen, die in Spanien gegen die Ordensleute eingeleitet wurden, griffen auch auf die Kolonien über. Die Ideen der Französischen Revolution, die Unabhängigkeitsbewegungen und die großen Entfernungen von den Mutterländern bereiteten den Boden für diese Entwicklung vor. Einige Brüder wurden von dieser Stimmung angesteckt und betrieben die Ausgliederung ihrer Konvent-Hospitäler aus dem Verband der spanischen Kongregation. Zu diesem Zweck wandten sie sich an die zivilen und kirchlichen Behörden und scheuten sich auch nicht davor, auf das Privileg der Exemtion zu verzichten, um die Unterstützung der Bischöfe zu gewinnen. Schließlich erreichten sie, daß der König Papst Pius VII. bat, mit einem Breve die Brüder in Südamerika vom Gehorsam gegenüber dem spanischen General zu befreien und der Gewalt von Verwaltern zu unterstellen, die vom König für die Hospitäler eingesetzt wurden. 1801 baten die Brüder auch um die Auflösung der Kommissariate, wofür sich am stärksten die Neuspanische Provinz zum Heiligen Geist mit Fr.  Juan Nepomuceno Abreu an der Spitze einsetzte.

 

Sofort nach der Promulgierung des erbetenen Breve hielten die Provinzen zum Heiligen Geist und zum hl. Bernhard ihre Kapitel ab, die von Beauftragten der Ortsbischöfe geleitet wurden, und wählten ihre Provinziale, Definitoren und Prioren. Die Provinz zum hl. Raphael blieb bis 1816 unter dem Gehorsam des Generals. In Mexiko wurde Fr. Juan Nepomuceno Abreu zum Provinzial gewählt. Mit ihm erlöschte die Neuspanische Provinz zum Heiligen Geist. Lediglich auf den Philippinen und in Kuba überlebten einige Brüder, die, als sie feststellten, daß sie ohne die Erlaubnis höherer Oberen keine Novizen zulassen durften, 1824 erfolglos versuchten, die rechtlichen Beziehungen zum spanischen General wiederherzustellen. Es scheint, als ob die göttliche Vorsehung diese Treue zum universellen Geist des Ordens mit dem Diener Gottes Fr. Josè Olallo Valdès belohnen habe wollen. Dieser kubanische Bruder blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1889 unerschütterlich seiner Berufung treu, indem er im Hospital von Puerto Principe (Kuba) weiterwirkte. Er war der letzte Barmherzige Bruder der spanischen Kongregation auf amerikanischem Boden.

 

Obwohl das Werk des Ordens in Amerika in der Hauptsache von spanischen Brüdern aufgebaut wurde, darf hier auch der Beitrag der portugiesischen und französischen Brüder nicht unerwähnt bleiben.

 

Die portugiesischen Brüder gründeten, nachdem sie spanische und portugiesische Truppen als Sanitäter begleitet hatten, in Brasilien mehrere Werke. Das erste entstand 1724 in Pernambuco. Mitte des 19. Jahrhunderts erlöschte ihr Wirken.

 

Die französischen Brüder gründeten mehrere Hospitäler in den Kolonien ihrer Nation, und zwar auf den Antillen (Guadalupe 1685) und in Kanada (1716). Ihr Wirken in Kanada war sehr kurz. Mit der französischen Revolution hatte alles ein Ende.

 

b) Der Wiederaufbau des Ordens in Amerika

 

Der Wiederaufbau des Ordens in Lateinamerika ging, wie in Spanien und Portugal, vom Seligen Benedikt Menni  aus. Das Werk der Barmherzigen Brüder erlebte nur eine kurze Unterbrechung. Bereits 1892 reisten P. General Kassian Maria Gasser und P. Benedikt Menni, damals Provinzial von Spanien, nach Argentinien, um die Errichtung einer Niederlassung in Südamerika vor Ort zu studieren. Das Vorhaben gelang jedoch erst im Jahr 1901, in dem der Orden mit der Gründung des Hospitals zum hl. Martin in Guadalajara de Jalisco in Mexiko erneut festen Fuß in Amerika faßte.

 

Auf diese Weise erstand der Baum der Hospitalität aus den tiefen Wurzeln, die durch die barmherzige Liebe zahlreicher Brüder auf dem Kontinent, den wir heute den Kontinent der Hoffnung nennen, eingepflanzt worden waren, zu neuem Leben. Die gegenwärtige Lage des Ordens in Amerika wird in einem der nächsten Kapitel dargestellt.

 

 

 

 


 

 

 

III. TEIL

 

 

DIE HOSPITALITÄT:

 

DER BESONDERE AUFTRAG DES ORDENS

 

 


Fünftes Kapitel

 

 

LEITLINIEN DES ORDENS FÜR DIE EVANGELISIERUNG

 

 

In den 450 Jahren des Bestehens unseres Ordens sind zahlreiche Schriften zur Missionstätigkeit entstanden, obwohl unsere Gemeinschaft mehr der Praxis und mithin der Aktion als dem Studium und Schrifttum zuneigt. Trotzdem gibt es hier ein umfangreiches Schriftenverzeichnis, aus dem in der Folge die wichtigsten ausgewählt werden sollen.

 

 

1. Der geschichtliche Werdegang der Konstitutionen

 

Im Laufe der Geschichte ist der Auftrag zur Evangelisierung in den Konstitutionen des Ordens immer wieder im Licht des Charismas der Hospitalität beleuchtet worden. Wir können hier zwei große geschichtliche Epochen unterscheiden: die Zeit vom Ursprung bis zum Generalat von P. Alfieri und die Zeit von P. Alfieri bis heute.

 

 

a) Von den Anfängen bis zum Generalat von P. Alfieri

 

Zunächst muß festgehalten werden, daß die Brüder in den ersten 35 Jahren (1550-1585) ohne schriftlich niedergelegte und von der Kirche anerkannten Regeln lebten.

 

In den 31 Jahren danach (1585-1616) wurden folgende Konstitutionen erarbeitet:

 

·      Erster Konstitutionsentwurf im Jahr 1583 auf Initiative von Fr. Baltasar de Herrera, der jedoch ohne Wirkung blieb, weil Papst Pius V. die Brüder in der Zwischenzeit der Gewalt der Ortsbischöfe unterstellt hatte, weswegen sie nicht das Recht hatten, selbst Konstitutionen für ihre Hospitäler zu verfassen.

·      Konstitutionen des Hospitals in Granada, 1585 vom Erzbischof von Granada Don Juan Mendez de Salvatierra verfaßt. Obwohl sie ausdrücklich für das Hospital in Granada gedacht waren, wurden sie später auch von den Brüdern der anderen Hospitäler befolgt.

·      Konstitutionen für den Gesamtorden (1587). Nachdem Sixtus V.  den Orden mit dem Breve "ETSI PRO DEBITO" am 1.10.1586 offiziell anerkannt hatte, wurden diese Konstitutionen beim ersten Generalkapitel im Jahr 1587 verfaßt.

·      Konstitutionen des zweiten Generalkapitels (1589). Bei diesem Kapitel fehlten die Brüder aus Spanien. Obwohl im Vorwort gesagt wird, daß es sich um die italienische Übersetzung der Konstitutionen aus dem Jahr  1587 handelt, enthält die Fassung bedeutende Änderungen.

·      Erste Konstitutionen der italienischen Kongregation (1596). Sie werden nach der teilweisen Wiederherstellung des Ordens in Italien erarbeitet.

·      Konstitutionen der spanischen Kongregation (1611). Sie erscheinen nach der vollständigen Wiederherstellung des Ordens in Spanien. Mit ihnen beginnt auch die rechtliche Trennung der beiden Kongregationen, die bis zum Jahr 1867 dauert, in dem der Orden in Spanien vom Seligen Benedikt Menni wieder aufgebaut wird. Sie bleiben, trotz Neuausgaben und mehreren Änderungen in den Jahren 1640 und 1741 die fundamentalen Konstitutionen, die man in Spanien bis zum Erlöschen der Kongregation beobachtet.

·      Neue Konstitutionen der italienischen Kongregation (1616). Sie bleiben die richtungsweisenden Normen für die Brüder der italienischen Kongregation bis zur Wiedervereinigung des Ordens, obwohl 1718 einige Verbesserungen an der Übersetzung aus dem Lateinischen vorgenommen werden.

 

 

b) Vom Generalat von P. Alfieri bis heute

 

·      Konstitutionen für den Gesamtorden (1885). Damit wurden die vorigen den neuen Gegebenheiten angepaßt.

·      Neue Konstitutionen (1926). Sie unterscheiden sich tiefgreifend von den vorherigen und sind in Entsprechung zum neuen Codex des kanonischen Rechtes, der 1917 erschienen war, ein echtes Regelwerk.. 1950 wurden sie neu aufgelegt..

·      Konstitutionen "ad experimentum" (1971). Sie wurden nach den Direktiven des II. Vaticanums mit den entsprechenden Neuorientierungen zum Ordensleben erarbeitet. Zum ersten Mal werden die praktischen Durchführungsbestimmungen getrennt in den Generalstatuten zusammengestellt und publiziert.

·      Konstitutionen (1984). In unseren heutigen Konstitutionen ist die neue Theologie des Ordenslebens eingeflossen und das Charisma der Hospitalität in seiner Ursprungsform neu beleuchtet worden. Wie schon 1971, wurde der Hauptteil der praktischen Durchführungsbestimmungen separat in den Generalstatuten behandelt.

 

 

2. Prinzipien der Evangelisierung

 

Die Konstitutionen enthalten, in verschiedenen Stilen, die von der jeweiligen Epoche bestimmt sind, die grundlegenden Prinzipien, an denen sich der Auftrag des Ordens zur Evangelisierung orientierte. Im folgenden sollen die wichtigsten Kriterien aufgeführt werden:

 

 

a) Die Hospitalität als spezifischer Auftrag des Ordens

 

Die Hospitalität ist das Herzstück des Ordens. Seit Johannes von Gott mit dieser Gnadengabe beschenkt wurde, haben wir als Fortführer seines Werkes innigst an ihr teil. Sie ist auch der Kern unserer Spiritualität, wie in den Konstitutionen des Ordens und Schriften der Kirche zutreffend immer wider betont wird. Schließlich ist die Hospitalität auch der zentrale Punkt unserer apostolischen Sendung:

 

            "Die Pflege und Umsorgung der Armen, die für euer Gewissen und das Wachstum dieses Hospitals und heiligen Hauses so wichtig ist, ist der Zweck eurer Gemeinschaft, nach dem ihr mit allen Kräften streben sollt" (Konst. 1585, Einl.).

 

            "Ermutigt von der empfangenen Gabe, weihen wir uns Gott und stellen uns durch die Betreuung der Kranken und Hilfsbedürftigen in den Dienst der Kirche. Unter ihnen bevorzugen wir die Ärmsten” (Konst. 1984, 5a).

 

b) In der Hospitalität geweiht, um in der Kirche den Dienst der Barmherzigkeit zu erfüllen

 

Obwohl die ersten Brüder von Johannes von Gott, zusammengeschweißt von seinem Geist, zunächst äußerst wirkungsvoll auch ohne kanonische Normen ihre Sendung erfüllten, wurden solche sofort nach der offiziellen Anerkennung der Gemeinschaft durch die Kirche zur ordnungsgemäßen Ausübung der Ordenssendung mit der Weihe auf den Titel der Hospitalität erarbeitet.

 

            "Kraft dieser Gabe (der Hospitalität) sind wir durch das Wirken des Heiligen Geistes geweiht. Dieser macht uns auf einzigartige Weise der barmherzigen Liebe des Vaters teilhaftig ... Die Liebe Gottes, “die durch den Heiligen Geist in unseren Herzen ausgegossen ist”, drängt uns, ... unsere ganze Person ... dem Vater zu weihen" (Konst. 2b, 10a).

 

Unzählige Passagen könnten zu diesem Thema noch angeführt werden, müßten zu einer erschöpfenden Darstellung doch die verschiedenen Fassungen der Konstitutionen herangezogen werden. Der wesentliche Inhalt ist jedoch bei allen derselbe.

 

 

c) Die Heilssendung der Kirche im Apostolat des Ordens

 

Wie Jesus Christus, der umherzog, Gutes tat und alle heilte (Apg 10,38; vgl. Konst. 1984, 2a), hat der Orden seit seiner Gründung den Menschen in Not in den Mittelpunkt seiner Sendung gestellt. Indem er sich seiner annahm, führte er den Heilsauftrag des Herrn weiter.

 

Mit Worten, Taten und der Hingabe des eigenen Lebens ist es das Anliegen von uns Barmherzigen Brüdern, dem hilfsbedürftigen Menschen in seiner Ganzheit unseren Dienst anzubieten. Die geistliche Betreuung spielte für uns seit jeher eine zentrale Rolle, weil wir wissen, daß der Glaube für den kranken Menschen im Zusammenspiel mit den erforderlichen medizinischen, psychischen und sozialen Maßnahmen eine mächtige Quelle des Lebens und Heils ist:

 

            “Uns Barmherzigen Brüdern ist in der Kirche die Sendung anvertraut, das Evangelium den Kranken und Armen zu bringen, ihre Krankheiten zu heilen und sie ganzheitlich zu betreuen" (Konst. 1984, 45a).

 

 

d) Aufnahme aller Menschen ohne Unterschied

 

Getreu der Lehre Jesu und nach dem Beispiel des hl. Johannes v. Gott haben wir Barmherzigen Brüder nie irgend jemand bei der Ausübung unserer Sendung diskriminiert. So stand es seit jeher in den Konstitutionen und wurde es in der Praxis gehalten:

 

            "Im Hospital von Johannes von Gott werden alle Krankheiten, von Männern wie von Frauen, die sich an es wenden, behandelt” (Konst. 1585 10,1).

 

            "In jedem Menschen erkennen wir unseren Bruder; wer in Not ist, den nehmen wir ohne Unterschied und Diskriminierung auf und dienen ihm" (Konst. 1984, 45b).

 

e) Die prophetische Dimension der Sendung der Barmherzigen Brüder

 

Zur Heilssendung der Kirche gehört auch die Förderung, Pflege und der Schutz des Lebens. Unser Orden hat sich seit jeher nach Kräften für die Förderung des menschlichen Lebens eingesetzt und es sowohl mit dem schlichten Zeugnis der Alltagsarbeit als auch mit einem unerschrockenen Auftreten in der  Öffentlichkeit beschützt, indem er sich “im Geiste des Evangeliums jeder Form der Ungerechtigkeit und menschlicher Manipulation” widersetzte (Konst. 1984, 12c), und dafür auch bereit war, mit dem Martyrium vieler Brüder zu bezahlen. Diese Mission, die dem Orden in den unterschiedlichsten Gegebenheiten seit Johannes von Gott heilig war, gab ihm sein prophetisches Profil, das überall aus den Konstitutionen, obzwar oft unterschwellig, durchleuchtet:

 

            "Unsere Brüder sollen wissen, daß sie zum leiblichen Wohl der Patienten zu allen erforderlichen Diensten... selbst unter Gefahr des eigenen Lebens... verpflichtet sind"  (Konst. 1926, 225b).

 

            "Die von uns gelobte Hospitalität verlangt, uns für die Rechte der Person einzusetzen und über sie zu wachen. Der Mensch hat das Recht, geboren zu werden und menschenwürdig zu leben. Er hat den Anspruch auf Pflege in seiner Krankheit und auf das Recht, in Würde zu sterben" (Konst. 1984, 23a).

 

 

f) Fachlich-professionelle Pflege und Humanisierung

 

Die Medizin hat in den letzten Jahren so gewaltige Fortschritte gemacht, die man sich bis vor kurzem nicht einmal zu erträumen wagte. Der Orden der Barmherzigen Brüder hat, getreu dem Vorbild seines Stifters, nicht nur Pionierarbeit unter karitativem Gesichtspunkt, sondern auch in  fachlicher und professioneller Hinsicht neue Wege im Gesundheitswesen gewiesen. Die Ausbildung von qualifizierten Ärzten, Chirurgen, Krankenpflegern und Apothekern bildete eine ständige Sorge des Ordens. Zu diesem Zweck wurden an zahlreichen Ordenskrankenhäusern Fachschulen für Medizin, Chirurgie und Krankenpflege errichtet, in denen die Brüder geschult wurden (Madrid, Paris, La Rochelle, Rom, Venedig, Neapel, Mailand, Wien, Feldsberg, Straubing, Prag u.v.a.). Mehrere Brüder bildeten sich auch an renommierten Universitäten aus. Manche davon wurden zu anerkannten Kapazitäten und arbeiteten nicht nur in den Ordenskrankenhäusern, sondern waren auch von den Zivil- und Militärbehörden gesuchte und geschätzte Mitarbeiter, wie zum Beispiel P. Chaparro, P. Ferrara, P. Bueno usw.).

 

Die Organisation des Krankenhausbetriebes und der Pflegetätigkeit hat den Brüdern ebenfalls viel zu verdanken. Auch hier legten sie große Kreativität und Weitsicht zu tage und leisteten echte Pionierarbeit. Zu den mannigfaltigen Werken, die der Orden heute weltweit leitet, gehören auch mehrere große hochqualifizierte Krankenhäuser, in denen man mit den modernsten Apparaten arbeitet.

 

Neben der Bemühung, den Patienten eine fachlich und technisch hochstehende Pflege angedeihen zu lassen, war es immer seine Sorge, ein humanes und liebevolles Klima in seinen Werken zu erhalten. Liebe und Wissenschaft, Menschlichkeit und Technik sollten getreu dem Stiftergedanken einander nicht ausschließen, sondern ein wirkungsvolles Ganzes bilden und den Auftrag der Kirche zur Krankenpflege im Zeichen der Liebe wirksam mittragen helfen:

 

            "Die Liebe darf nicht vom Fortschritt abgetrennt werden, sondern soll ihn anführen. Mit anderen Worten: Sie soll gleich in der Barmherzigkeit und neu in den Mitteln sein. Alte Barmherzigkeit, moderne Mittel."[14]

 

            "Die Krankenpfleger sollen in den Krankensälen schlafen, damit sie sich im Notfall sofort um die Patienten kümmern können" (Konst. 1585, 9,8,).

 

            "Der Arzt und der Chirurg sollen in der Wissenschaft und Liebe so gebildet sein, daß sie zur Behandlung der vielen Krankheiten, die in diesem Krankenhaus behandelt werden, fähig sind" (Konst. 1585, 11,1).

 

            "Mit der Sendung als Barmherzige Brüder entfalten wir die besten Gaben unseres Lebens...Das setzt voraus: eine menschliche, theologische und berufliche Ausbildung als unabdingbare Voraussetzung, um bei den Kranken und Hilfsbedürftigen einen wirksamen Einsatz zu erbringen, den sie verdienen und mit Recht von uns erwarten... Im Umfeld der modernen und vertechnisierten Konsumgesellschaft... sind wir gerufen ... unsere Sendung mit menschlichen Methoden zu verwirklichen und mit Menschlichkeit zu erfüllen" (Konst. 1984, 43, 44a).

 

 

g) Zusammenarbeit mit der Kirche und mit anderen Institutionen

 

Unser Orden ist seit seinem Bestehen immer zur Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen bereit gewesen. Diese Linie wird bis heute im Orden hochgehalten und beweist seine große Solidarität und Dienstbereitschaft.

 

            “Zweites Ziel bzw. Zweck des Ordens ist die leibliche und geistliche Pflege und Betreuung der Kranken in den Krankenhäusern des Ordens oder in solchen, die ihm anvertraut werden..." (vgl. Konst. 1926, 1,3).

 

            "Die Grundeinstellung des Dienens und Offenseins - Eigenschaften unserer Sendung - veranlaßt uns, mit anderen Einrichtungen der Kirche oder der Gesellschaft im Bereich unseres spezifischen Apostolates zusammenzuarbeiten" (Konst. 1984, 45e; vgl. 47).

 

 

h) Die Mission "ad gentes"

 

Unser Orden ist beinahe zeitgleich mit der Entdeckung Amerikas entstanden und hat sofort am Auftrag zur Evangelisierung der Kirche durch den Dienst in der Hospitalität mitgewirkt.

 

Die missionarische Berufung wurde unserem Orden somit sozusagen in die Wiege gelegt. Seitdem war es immer sein Bestreben, die Botschaft von der barmherzigen Liebe des Vaters in allen fünf Kontinenten zu den Armen, Kranken und Hilfsbedürftigen zu tragen:

 

            "Wir sind uns der Verantwortung für die Verkündigung der Frohen Botschaft bewußt. Darum pflegen wir den missionarischen Geist. Wir üben das Apostolat der Hospitalität in den Missionsländern aus und verstärken dort unsere Gegenwart, besonders in den weniger begünstigten Gebieten" (Konst. 1984, 48).

 

Getreu dieser Orientierung, die auch die Orientierung der Kirche ist (siehe Vaticanum II "AD GENTES"), hat der Orden große Anstrengungen unternommen, um sein Werk nach Afrika, Lateinamerika und Asien auszuweiten.

 

 

i) Das Bettelapostolat

 

Das Almosensammeln ist eine apostolische Praxis, die es im Orden seit seinem Bestehen gibt. "Brüder, tuet euch selbst Gutes", mit diesem Ruf pflegte Johannes von Gott auf den Straßen Granadas Almosen für sein Hospital zu sammeln. Bis vor wenigen Jahren lebten die Hospitäler des Ordens dank der Almosen zahlreicher Gönner. In einigen Teilen der Welt ist das bis heute so geblieben. Zur Zeit wird das Bettelapostolat vom Orden vielerorts mit modernen Instrumenten, insbesondere zur Unterstützung seiner sozialen Tätigkeit, als Teil seines Auftrags zur Evangelisierung fortgeführt.  Für Johannes von Gott handelte es sich dabei um ein echtes Apostolat an den Menschen, die durch ihre Gaben die karitative Tätigkeit des Ordens mittragen halfen..

 

            "In Treue zu unserem Geist fördern wir die Praxis des Almosensammelns als eine Form des Apostolates. Wir betrachten dies nicht nur als Werk der Barmherzigkeit zur Linderung der Not der Armen; wir erkennen darin auch die gute Tat, die sich der selbst erweist, der sie tut.. Außerdem sehen wir darin eine Forderung der Gerechtigkeit und Liebe zum Abbau der bestehenden Schranken zwischen den sozialen Klassen" (Konst. 1984, 49b).

 

 

j) Gemeinsam mit den Mitarbeitern

 

Das Mitwirken von Mitarbeitern am Ordensauftrag war seit jeher ein charakteristisches Kennzeichen unserer Gemeinschaft. Es stimmt zwar, daß bis vor wenigen Jahren die Brüder die meisten Tätigkeiten in den Werken noch selbst ausführten, aber seit den Zeiten unseres Stifters hat es auch immer Mitarbeiter in unseren Zentren gegeben: Ärzte, Chirurgen, Priester, Hilfskräfte, Wohltäter sowie zahlreiche Bruderschaften und Vereine.

 

Mit der Modernisierung der Medizin und der Pflegetätigkeit ist eine große Zahl von Mitarbeitern in unsere Häuser gekommen, mit denen wir unsere Sendung teilen. Zugleich erfreut sich der Orden der Mitarbeit von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern, die ihre Zeit und Person unentgeltlich in den Dienst der Kranken und Hilfsbedürftigen stellen.

 

            "Unsere Gegenwart... entspricht den Forderungen unseres Charismas, wenn wir im Bewußtsein unserer Grenzen die Mitarbeit anderer Personen, Fachkräfte oder Hilfspersonal, Freiwillige oder Mitarbeiter suchen und annehmen, sie an unserem Geist teilhaben und an unserer Sendung mitwirken lassen"  (Konst. 1984, 46b; vgl. 51a).

 

 

 

k) Priestertum auf den Titel der Hospitalität

 

Johann von Gott hieß alle Menschen Brüder und hielt sich für den geringsten Bruder. Seine Nachfolger schlossen sich zu einer Bruderschaft für den Dienst an den Kranken und Hilfsbedürftigen zusammen. Diese Gemeinschaft wurde von der Kirche als Brüderorden anerkannt, ein Ausdruck, dessen Bedeutung jüngst von Papst Johannes Paul II. in dem apostolischen Schreiben "Vita Consecrata" (vgl. VC 60) mit Nachdruck betont wurde. Trotzdem wurde unserem Orden seit seinem Bestehen erlaubt, daß für die geistliche und seelsorgliche Betreuung der Patienten und der Konvente einige Brüder zu Priestern geweiht werden durften.

 

            "Alle heute bestehenden und künftig entstehenden Krankenhäuser sollen einen zum Priester geweihten Bruder haben dürfen, dessen Aufgabe es ist, sowohl für die Brüder als auch für die Armen Christi die Messe zu lesen, die anderen Ämter zu versehen und, die Sakramente zu spenden" (Bulle LICET EX DEBITO; hl. Pius V., 1572).

 

            "Unser Orden ist eine Gemeinschaft mit laikalem Charakter. Dennoch wurde ihm seit seiner Bestätigung zugestanden, daß einige Mitbrüder für den pastoralen Dienst an den Kranken, unseren Gemeinschaften und in den Aufgabenbereichen unserer Hospitalität, zu Priestern geweiht werden" (Konst. 1984, 1c).

 

 

3. Die missionarische Dimension des Ordens in den Schriften der Brüder

 

Die missionarische Dimension stellt einen wesentlichen Wert im Leben der Barmherzigen Brüder dar. Unsere Geschichte und Tradition sind voller Zeugnisse, die das belegen. In der Folge sollen eine Reihe von schriftlichen Zeugnissen aufgeführt werden, aus denen die Sorge, Begeisterung und Hingabe an die Missionsarbeit in unserem Orden hervorgeht. Der Kürze halber wurden nur die Schriften der Brüder ab dem Generalat von P. Giovanni Maria Alfieri herangezogen.

 

 

a) P. Giovanni Maria Alfieri

 

Am 19. Mai 1862 zum General gewählt, verblieb er in diesem Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1888. Seine innige Liebe zu seiner Berufung als Barmherziger Bruder, zu den Armen und Kranken, zur Kirche und zum Orden, und seine ausgeprägten geistigen und unternehmerischen Gaben machten aus dieser herausragenden Gestalt genau den Mann, den der Orden in den stürmischen Jahren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brauchte.

 

Von ihm ging der entscheidende Impuls zur Wiedererrichtung des Ordens in Spanien, Portugal und Amerika aus. Von ihm wurden die italienischen Brüder mit unbeugsamem Geist zum Aushalten und zur Treue gehalten, als in Italien am 7. Juli 1866 die Auflösung aller Orden angeordnet wurde. Von ihm wurden die Barmherzigen Brüder in den anderen Provinzen ermuntert und aufgerichtet.

 

P. Giovanni Maria Alfieri schrieb zahlreiche Briefe (darunter 26 Rundschreiben), um den Geist der Barmherzigkeit und die Beobachtung der Vorschriften bei den Brüdern wachzuhalten sowie zu einer zeitgemäßen Ausbildung des Ordensnachwuchses zu ermuntern. An einigen Auszügen aus seinen Briefen soll das im folgenden gezeigt werden:

 

            "Ich fordere und ordne Euch allen an, daß überall dort, wo Eure Krankenhäuser stehen, der Bevölkerung jedwede mögliche Hilfe zur Verhütung von Katastrophen geleistet wird und durch Eure Oberen den zuständigen kirchlichen und zivilen Behörden Euer Dienst und auch Eure Einrichtungen angeboten werden, wobei jedoch immer die Leitung der Werke und der Pflegetätigkeit in Euren Händen bleiben soll."[15]

 

            "Diesen unseren vielgeliebten Sohn in Christus, Benedikt Menni, senden wir nun nach Frankreich und Spanien, wo er solange bleiben soll, wie wir für gut erachten, damit er das Wachstum und das Wohl unseres Ordens nach Maßgabe unserer Konstitutionen, unserer Vorschriften und der Weisungen des Heiligen Stuhls fördert. Zu diesem Zweck empfehlen wir ihn wärmstens dem Herrn, den hochwürdigsten Herrn Bischöfen und Kirchenoberen und bitten sie inständig, ihm ihren gnädigen Schutz zu gewähren."[16]

 

 

b) Der Selige Benedikt Menni

 

1841 in Mailand geboren, Vater der Wiedererrichtung des Ordens in Spanien, Portugal und Lateinamerika, Gründer der Kongregation der Hospitalschwestern vom hl. Herzen Jesu und Ordensgeneral, starb Benedikt Menni im Jahr 1914 in Dinan.

 

Wir können sagen, daß sein Leben und Wirken als Barmherziger Bruder vor allem der Missionsarbeit galt. Im Alter von 26 Jahren verließ er Italien, um seine Lebensaufgabe zu erfüllen: die Wiedererrichtung des Ordens in Spanien, Amerika und Portugal. Seine Bereitschaft dazu äußerte er folgendermaßen:

 

            "Ich schrieb dem damaligen Generaloberen unseres Ordens, Reverendissimus P. Alfieri, daß der Wunsch in mir, für das Wohl unserer Gemeinschaft zu arbeiten, so stark war, daß ich ihm anbot, mich dorthin zur Ausübung der heiligen Hospitalität zu senden, wo er es für am besten hielt."[17]

 

Der Selige Benedikt Menni hat zahlreiche Briefe geschrieben: 463 an die Brüder und 870 an die Schwestern, die meisten davon in den ersten Jahren seines Aufenthaltes in Spanien. An einigen Auszügen soll sein missionarischer Eifer und Geist plakativ dargestellt werden.

 

            "In wenigen Tagen werde ich selbst die erste Gruppe von Brüdern nach Amerika begleiten. Ein wagemutiges und schwieriges Unternehmen erwartet uns, das vielleicht unsere Kräfte übersteigt, das wir aber mit Gottvertrauen zu einem glücklichen Ausgang zu führen hoffen."[18]

 

Benedikt Menni versuchte das Werk des Ordens auch nach Rio Munni und den Philippinen auszuweiten.

 

            "Ich habe Ihr Schreiben vom vergangenen 30. sowie die beiliegende Mappe von Rio Munni erhalten, aus der ich ersehe, daß besagtes Land von Spanien annektiert worden ist. Es macht mir keine Schwierigkeit, einige Brüder dorthin zu entsenden, doch wäre es gut, wenn die Regierung die Angehörigen unseres Ordens als Missionare anerkennen würde, wodurch sie vom Militärdienst befreit wären. Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie das erreichen können."[19]

 

            "Durch den Willen des Herrn wird die Ankunft der Brüder unseres Ordens auf den Philippinen Wirklichkeit werden; sie werden sich dort aber nicht um Hospitäler kümmern, sondern ein Heim für geistig Behinderte gründen."[20]

 

Getreu der Tradition des Ordens äußerte sich bei ihm der apostolische und missionarische Geist in der ständigen Bereitschaft, überall dort, wo Not war, den Kranken und Armen zu Hilfe zu eilen, insbesondere bei Epidemien und Katastrophen:

 

            "Sehr geehrter Herr, die bestürzenden Nachrichten, die von den Zeitungen über die Zustände in der Irrenanstalt San Baudillo de Llobregat veröffentlicht wurden, veranlassen den Unterzeichneten, Ihnen im Namen der Körperschaft der Hospitalbrüder vom heiligen Johannes von Gott und der Hospitalschwestern vom heiligen Herzen Jesu das notwendige Personal zur Pflege der Cholerakranken in der besagten Anstalt anzubieten ."[21]

 

In seinen Schriften finden sich zahlreiche Empfehlungen und Weisungen, die er als Oberer an seine Brüder zur rechten Erfüllung des Dienstes der Hospitalität an den Armen und Kranken richtete:

 

            "Kraft des Gelübdes der Hospitalität ist jeder Professe unseres Ordens, je nach seinen Fähigkeiten, gemäß dem Gehorsamsgelübde und dem Zweck unserer Gemeinschaft verpflichtet, den Kranken, seien sie arm oder reich, alle erforderlichen körperlichen und geistlichen Dienste zu leisten."[22]

 

 

c) Der heilige Richard Pampuri

 

Am 2. August 1897 in Trivolzio (Pavia) geboren, promovierte der heilige Richard nach einer vorbildhaften Kindheit und Jugend 1921 zum Doktor der Medizin und Chirurgie und übte von 1922 bis zu seinem Eintritt in unseren Orden den Arztberuf in Morimondo aus. 1927 wurde in den Orden als Postulant aufgenommen und legte am 24. Oktober 1928 die einfache Profeß ab. Er starb am 1. Mai 1930 in Mailand.

 

Er zeichnete sich durch seine Güte, Schlichtheit, Reinheit und Innerlichkeit aus. Auf dem Hintergrund der 146 Briefe, die uns von ihm erhalten geblieben sind, läßt sich im Zusammenhang mit unserem Thema Folgendes sagen.

 

Sein großes Interesse für die Missionen ist zu einem großen Teil seiner Schwester zu verdanken, die in Ägypten als Missionarin tätig war. Sie gehörte der Kongregation der Missions-franziskanerinnen vom Unbefleckten Herzen Mariens an und verbrachte über 60 Jahre in Ägypten. Der Heilige unterhielt einen intensiven Briefwechsel zu ihr (66 Briefe), aus dem die innige Verbundenheit der beiden Geschwister, aber auch ihr tiefes geistliches Band spricht. Immer wieder erklärt der Heilige darin seiner Schwester, daß es sein Wunsch ist, den rechten Weg zu finden, auf dem er am besten Gott lieben und dienen kann:

 

            “Aus meinem letzten Brief wirst Du erfaßt haben, daß ich mich immer wieder frage, wie ich unserem Herrn am besten dienen kann, und daß mir dabei oft das Ideal des Missionars vorschwebt. Aber meine körperliche und wohl noch mehr moralische Schwäche scheinen ein solches Vorhaben nicht zuzulassen. Und doch, wie gern würde ich mein Leben ganz Gott weihen, wenn er mir nur zeigen möchte, wie!"[23]

 

            "Am 3. dieses Monats hatte ich ein Gespräch mit dem P. Provinzial des Hospitalordens vom heiligen Johannes von Gott, in den mir bereits seit einem Jahr zugesagt worden war, daß ich eintreten dürfe. Der P. Provinzial sagte mir, daß er mich trotz meiner schwachen Gesundheit und der Nachwirkungen der Rippenfellentzündung gern in seine Ordensgemeinschaft aufgenommen hätte. Wie Du weißt, spüre ich schon seit längerer Zeit das Bedürfnis, meinem Leben eine feste Regel zu geben, um ein würdiges Leben ohne die Gefahr schwerer Fälle zu führen. Aus diesem Grund habe ich das brüderliche Angebot angenommen und am 6. mit vollem Vertrauen in die Güte und Barmherzigkeit Gottes den Aufnahmeantrag gestellt."[24]

 

Der heilige Richard führte seine apostolische und missionarische Tätigkeit vor allem am Krankenbett aus. Seine Hingabe und Opferbereitschaft kannte trotz der zarten Gesundheit keine Grenzen:

 

            "Bete auch für meine Patienten, damit ich ihnen mit der Hilfe Gottes wahre Linderung geben kann."[25]

 

Der Orden nahm den heiligen Arzt, der von Gott zur Weihe in der Hospitalität berufen worden war, auf. In den drei Jahren, die er im Orden verbrachte, beeindruckte er alle durch seine Liebes- und Hingebungsfähigkeit und durch seine Schlichtheit. Er wurde als Lehrer der jungen Brüder bei der Ausbildung in der Krankenpflege und als Arzt im Krankenhaus in Brescia eingesetzt. Er war sowohl bei den Brüdern als auch bei den Patienten wegen seines beispielhaften Lebens sehr beliebt.

 

            "Ich bete viel für unsere lieben Patienten, damit sie in unseren Krankenhäusern sowohl das geistliche Heil als auch, im Übermaß, ihre Gesundheit zur höheren Ehre Gottes und ihrer Rettung erlangen."[26]

 

 

d) P. Ephrem Blandeau

 

Am 15. Januar 1939 durch ein Dekret der Religiosenkongregation zum Generalprior ernannt, leitete P. Ephrem Blandeau die Geschicke des Ordens bis zum 26. April 1953. Er war ein einfacher Mensch und wegen seiner großen Güte und Klugheit bei allen beliebt.

 

Er führte den Orden durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges, wobei er mit großer Umsicht und unablässigem Interesse an den Ereignissen teilnahm, die den Provinzen und Häusern in jenen Jahren widerfuhren. Von ihm sind uns zwei Briefe erhalten geblieben, in denen er den Orden über die Situation in den Häusern und die Zahl der gefallenen, vermißten und gefangengenommenen Brüder informierte.

 

Unter seinem Generalat erlebte der Orden eine große Ausbreitung. Gut 60 Neugründungen entstanden unter seiner Leitung: 20 in Amerika; 29 in Europa; 3 in Africa; 2 in Asien und 3 in Australien.

 

In einem seiner Briefe an den Gesamtorden definierte er unsere Apostolat wie folgt:

 

            "Wir müssen Apostel durch unsere persönliche Ausstrahlung und die tadellose Erfüllung unserer täglichen Dienste, und seien sie noch so niedrig, sein. Mit einem solchen Handeln werden wir dem Wunsch des Heiligen Vaters entsprechen, der vor der Katholischen Aktion erklärte, daß die Hospitalbrüder ihrer karitativen Berufung wegen die Pioniere der Katholischen Aktion sind."[27]

 

 

e) P. Moses Bonardi

 

Er wurde am 26. April 1953 zum General gewählt und hatte dieses Amt bis 1959 inne. Er zeigte eine besondere Sensibilität und Sorge für die Missionswerke und die Ausbildung der künftigen Missionare. An den folgenden Briefauszügen wird das besonders klar:

 

            "Der Traum des heiligen Johannes von Gott war, in den Wüsten Afrikas als Missionar zu leben. Wir als seine Söhne wollen diesen Wunsch unseres heiligen Stifters in diesem Marienjahr zur Ehre der Heiligsten Jungfrau in die Tat umsetzen und sein Werk der Evangelisierung durch unsere Barmherzigkeit auch unter die Menschen bringen, die dem Glauben und der Zivilisation fernstehen."[28]

 

            "Das missionarische Ideal verbreitet sich und faßt Wurzel in den Reihen unseres Ordens. Wir werden alle Initiativen, die aus diesem missionarischen Eifer geboren werden, mit Freude unterstützen und sie, miteinander verbunden, allen Provinzen zur Kenntnis bringen, damit sie daran teilnehmen und ihre Mitarbeit dazu leisten. Bei diesem Wettlauf des Glaubens und der Großherzigkeit können alle Provinzen, auch die kleinsten an Personal und wirtschaftlichen Mitteln, ihren Ehren- und Arbeitsplatz finden."

 

            "Aus diesem Grund müssen die Brüder, die für einen Einsatz in den Missionsländern vorgesehen sind, unbedingt vorher angemessen ausgebildet werden."[29]

 

f) P. Higinio Aparicio

 

Er wurde am 26. April 1959 zum Generalprior gewählt und übte dieses Amt bis 1971 aus. Er führte das von P. Moses Bonardi angefangene Werk fort, indem er dem Wirken des Ordens in den Missionsländern neuen Impuls gab und ganz besonders die Ausbildung der Brüder für eine wirksame Eingliederung in die neuen Länder und Kulturen förderte. Einige Auszüge aus seinen Briefen zeigen das in eindrucksvoller Weise:

 

            "Wir sind dem Herrn zu tiefem Dank verpflichtet für die Ausbreitung, die der Orden heute durch die spanischen Provinzen sowohl auf der Iberischen Halbinsel als auch in Amerika und jüngst in Afrika erlebt hat."[30]

 

            "Bei dieser Gelegenheit möchte ich Euch mitteilen, daß der Orden seit heute ein Missionskrankenhaus in Indien hat... im Bundesstaat Kerala in der Diözese  Chanagacherry malabarischen Ritus’. Die neue Gründung wurde von der Rheinischen Vizeprovinz realisiert."[31]

 

            "Der Bruder, der in einem fremden Land lebt, muß eine seiner ersten Pflichten darin sehen, daß er sich darum bemühen soll, sich an das kulturelle Umfeld des Landes, in dem er wohnt, anzupassen... Die Brüder sollen sich bemühen, sich an die Brauchtümer und Sitten des Landes, an seine Ernährungsgewohnheiten, seine Umgangsformen, ja selbst an die einheimischen Dialekte anzupassen... In den Ausbildungszentren... sollen die jungen Brüder bei Zeiten darauf vorbereitet werden, überall dorthin zu gehen, wo sie vom Gehorsam gerufen werden.... Dazu ist bei ihnen eine am Gedanken der Weltkirche ausgerichtete Denkweise auszubilden, damit sie später die Fähigkeit haben, die Nation zu lieben und zu achten, in die sie gesandt werden, und sich für sie einzusetzen."[32]

 

 

4. Die Missionstätigkeit des Ordens: Meinungen, Standpunkte und Erklärungen unserer

    Brüder in der Mission

 

In diesem Kapitel haben die Gedanken und Zeugnisse einer Reihe von Mitbrüdern Aufnahme gefunden, die zur Zeit in verschiedenen Teilen der Welt apostolisch tätig sind. Dadurch hoffen wir, dieser Schrift ein Stück Wirklichkeits- und Praxisnähe zu geben.

 

a) Fr. Anthony Leahy - Papua Neuguinea[33]

 

Der Auftrag, in den Missionswerken des Ordens zu arbeiten, ist eine Gabe und ein Vermächtnis, das wir Barmherzigen Brüder von Jesus und unserem Ordensvater Johannes von Gott empfangen haben. Unsere Sendung besteht darin, allen Menschen, denen wir begegnen, die Frohe Botschaft Jesu im Stil des heiligen Johannes von Gott zu bringen.

 

Die Barmherzigen Brüder sind seit 1971 in Papua Neuguinea tätig. Gedrängt von dem Wunsch, das Werk des heiligen Johannes von Gott auszubreiten, prüften die Brüder die spezifischen Bedürfnisse des Landes und widmeten sich der Betreuung körperlich und geistig Behinderter.

 

Der kleine Samen gedieh prächtig und entwickelte sich zu einem starken Baum. Ganz besonders gefördert wurde das Wachstum des Ordens durch die Aufnahme einheimischer Kandidaten und ihre schrittweise Eingliederung in den Orden. Heute umfaßt die Missionstätigkeit des Ordens in Papua Neuguinea zwei Bereiche:

 

1) die soziale Tätigkeit, vor allem für kranken und arme Menschen und

 

2) die Begleitung der einheimischen Berufe.

 

Die Hoffnung und der Traum des Ordens sind heute, daß die Bevölkerung von Papua Neuguinea die Liebe Gottes durch das Werk des heiligen Johannes von Gott so tief erfährt, daß aus ihrer Mitte Menschen hervorgehen, die als Missionare unter ihren Mitbürgern wirken.

 

b) Fr. Fortunatus Thanhauser[34]: die Barmherzigen Brüder in Indien

 

Nach den Niederlassungen, die vor mehreren Jahrhunderten von portugiesischen Brüdern in Goa gegründet worden sind, wurden die Barmherzigen Brüder nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erneut in Indien tätig. Den Ausschlag dazu gab der Besuch eines indischen Bischofs in Deutschland im Jahr 1964. Der Prälat war bereits mehrere Male im Krankenhaus der Brüder auf der Tiberinsel in Rom gewesen, wo ihn die Hingabe, mit der die Brüder den Kranken und Armen dienten, tiefen Eindruck gemacht hatte. Er dachte: ”Könnte ich diese Brüder doch auch in meiner Diözese in Indien haben!” Seitdem bereiteten sich die Brüder auf einen Einsatz in Indien vor.

 

Nach der Überwindung einer Vielzahl von Schwierigkeiten, erhielten drei Brüder ein Einreisevisum für Indien. Die ersten Brüder, die aus Deutschland kamen, waren Fr. Fortunatus und Fr. Prakash.  Sie gelangten am 19. November 1969 nach Kattappana, wo sie in der Folge mit der Hilfe eines indischen Arztes und einiger Ordensschwestern eine kleine Sozialstation eröffneten. Diese Sozialstation mit 20 Betten entwickelte sich in den nächsten 25 Jahren zu einem Allgemeinen Krankenhaus mit 275 Betten, an dem 18 Ärzte, darunter zahlreiche Spezialisten, arbeiten.

 

Auf Anraten der Ärzte baute man später, angesichts der spezifischen Bedürfnisse in diesem Bereich, ein Langzeitkrankenhaus mit 150 Betten für chronisch Kranke und Alte und schloß daran eine Abteilung für behinderte Kinder an.

 

Im Allgemeinkrankenhaus sind Bekehrungen eher selten, aber im Langzeitkrankenhaus (Poor Home) kommt es oft dazu, obwohl niemand dazu genötigt oder beeinflußt wird. Dasselbe gilt für die Schule, die von 56 Kindern besucht wird. Im Krankenhaus in Kattappana wurde in mehreren Ansätzen versucht, eine besser organisierte Krankenpastoral durchzuführen, wird sie vielfach doch noch als reine Sakramentenspendung, vor allem der letzten Ölung, betrachtet.

 

Da Kattappana ziemlich abgelegen ist und es deswegen schwierig war, geeignete Priester und Lehrer für das Noviziat zu  bekommen, wurde beschlossen, es nach Madras-Poonamallee in die Nähe des Seminars der Salesianerpatres zu verlegen. An das Noviziat ist seit 1981 ein kleines Armenhaus (Poor Home) und eine Sozialstation angeschlossen.

 

Auf Bitten des Bischofs von Kandwa im Bundesstaat Madhya Pradesh wurde 1986 ein neues Werk in Deshgaon, in der Nähe von Kandwa, errichtet. Dabei handelt es sich um eine Ambulanz und Sozialstation. In diesem Staat sind Bekehrungen von der Regierung verboten.

 

c) Fr. Savio Tran Ngoc Tuyen.[35]  Bien-Hoa Vietnam

 

Kanadische Brüder waren in Vietnam von Januar 1952 bis September 1975 tätig. Während des Krieges ertrugen sie viele harte Prüfungen. Mit großem Opfergeist gelang es ihnen, den Geist des hl. Johannes v. Gott an die vietnamesischen Brüder weiterzugeben. Ihr Wirken für die Kranken war ein großes Zeugnis für die Bevölkerung und trug wesentlich zu ihrer Evangelisierung bei.

 

Dem Umstand, daß es ihnen unter großen Opfern gelang, den vietnamesischen Brüdern eine angemessene Ausbildung zu geben, ist es zu verdanken, daß der Orden bis heute  in Vietnam besteht, denn in den letzten 20 Jahren durften keine fremden Brüder als Missionare tätig werden.

 

Seit 1975 haben die vietnamesischen Brüder sich bemüht, sich den Gegebenheiten unter dem sozialistischen Regime anzupassen und trotz der vielen Schwierigkeiten gemäß dem Geist des hl. Johannes v. Gott und der Spiritualität des Ordens zu leben.  In Vietnam können die Brüder heute zu Recht sagen: ”Johannes von Gott lebt.”

 

Die Missionstätigkeit der Brüder stellt sich wie folgt dar:

 

·      Zielgruppe: Die Einwohner armer, abgelegener und teilweise isolierter Dörfer.

·      Tätigkeiten: Die Bevölkerung zu Vorbeugungs- und Hygienemaßnahmen erziehen, Krankheiten im Keim bekämpfen, und zwar durch gezielte Hauskrankenpflege.

·      Mittel: Die erforderlichen finanziellen Mittel. An Personal wirken außerdem von zwei bis vier Brüder in jedem Dorf.

·      Wirksamkeit: Der Orden könnte ein Haus bauen, das ein sichtbares Zeichen und Zeugnis für die Bevölkerung wäre. Dadurch könnte man viel effektiver arbeiten und viel mehr Menschen behandeln, die so den Orden kennenlernen würden. Die Kosten der Versorgung wären niedrig und die Pflege viel gezielter.

 

d) Fr. Manuel Nogueira.[36] Nampula Mozambique

 

Unsere missionarische Chance: Wir alle wissen, daß die Kirche in ihrer Gesamtheit missionarisch ist und alle Einrichtungen und Gemeinschaften, die zu ihr gehören, den missionarischen Auftrag haben, das Heilswerk Christi fortzuführen. Dabei sollen alle diese Einrichtungen und Gemeinschaften den missionarischen Auftrag in Übereinstimmung mit ihrer Beschaffenheit und ihrem Charisma erfüllen und dazu die angemessenen Mittel einsetzen. Deswegen haben wir Barmherzigen Brüder die Aufgabe, Missionare durch den Krankendienst zu sein, denn der Krankendienst ist unser Charisma und unser spezifischer Auftrag, den wir auch folgendermaßen umschreiben könnten: Wir sollen dem Menschen in Not die Liebe des Vaters erfahrbar machen.

 

Auf diesem Hintergrund ist klar, wie wichtig und notwendig unsere Mitarbeit am Aufbau des Reiches Gottes in den aktuellen Gegebenheiten ist. Je vielfältiger die Stimmen und Rufe in unserer Welt sind, desto dringender ist das Zeugnis durch Werke, die Raum für die selbstlose Hingabe im Dienst an der Not des Menschen schaffen.

 

Dabei müssen wir jedoch beachten: Je größer unsere Möglichkeiten sind, desto größer ist auch unsere Verantwortung. Nicht alle Ansätze von seiten unserer Werke und Brüder sind gleich gut, um eine wirksame Missionsarbeit durchzuführen.

 

Voraussetzungen für ein erfolgreiches missionarisches Wirken: Unsere Werke müssen den Verhältnissen angepaßt sein. Wir wissen, daß heute der Gesundheitsdienst, selbst der kirchliche, sich, wie jeder andere Dienst, in eine Tätigkeit verwandeln kann, bei der fremde oder eigene Interessen und im Extremfall sogar Ausbeutung im Spiel sein können.

 

Das sollte uns eine Warnung sein, jedesmal wenn wir, je nach den Umständen, über die Eröffnung oder Schließung eines Werkes entscheiden.

 

Es ist klar, daß unsere Werke ganz besonders für die Ärmsten da sein müssen, also für Menschen, die von anderen Einrichtungen abgewiesen werden und nur auf unsere Hilfe zählen können. Mag sein, daß eine strenge Auswahl der Patienten in unseren Werken ein Zeichen leistungsorientierter Organisation ist, ein Zeichen für echte Entwicklung im Zeichen der Liebe ist sie jedoch sicher nicht. Echte Liebe hat, wie unser heiliger Stifter, ein sensibles Herz für alle Nöte und nicht nur für einen bestimmten Teil von ihnen.

 

Wenn sich deswegen ein Werk auf einen bestimmten medizinischen Fachbereich oder Aspekt spezialisiert, wird man gut daran tun, in ihm immer auch eine Abteilung für Notfälle und mittellose Patienten vorzusehen. Nie darf einem Armen bei uns die Tür ins Gesicht geschlagen werden. Stets sollte es bei uns eine offene Tür und einen Hoffnungsstrahl für die Unglücklichsten geben.

 

Offensein und Mitarbeit mit allen und für alle: Eine weitere Sorge sollte das Offensein und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Einrichtungen sein, ganz besonders mit solchen, die im selben Tätigkeitsbereich wie wir aktiv sind.

 

Wenn man von weither in ein fremdes Land kommt und eine Ausbildung fernab der realen Verhältnisse genossen hat, besteht die Gefahr, daß man sich selbst als Modell betrachtet und alle anderen, die anders denken und handeln als wir, mißversteht. Dieser Gefahr müssen wir dadurch vorbeugen, daß wir unsere Brüder bei Zeiten zu Offenheit und zur Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen vorbereiten.

 

Das Bettelapostolat: Ist das Bettelapostolat, das von unserem heiligen Stifter und seinen ersten Nachfolgern so sehr geschätzt wurde,  heute bei uns nicht etwa deshalb so vernachlässigt, weil wir die Tendenz haben, diejenigen unter unseren Patienten zu privilegieren, die für sich bezahlen können bzw. jemand haben, der für sie bezahlt? Was Besseres könnten wir in einer Zeit, in der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, tun, als um Almosen zu betteln und dadurch, getragen von unserem Charisma, die Menschen einander näher zu bringen und in unserem kleinen Rahmen so soziale Umstürze zu vermeiden?

 

Unsere Identität als kirchliche und geweihte Personen: Zum Schluß möchte ich auf die Chance hinweisen, die wir haben, durch unsere karitative Tätigkeit uns als das zu erkennen zu geben, was wir sind, nämlich Mitglieder der Kirche und Ordenschristen. Wo immer wir auch leben mögen, in einem christlichen oder islamischen, in einem orientalischen oder animistischen Umfeld, stets sind wir von Christus auserwählt und von seiner Kirche gesandt, das Reich seiner barmherzigen und gütigen Liebe zu verbreiten. Die Menschen müssen das an uns sehen und erkennen. Sie müssen greifbar erleben, daß unser Lebensstil und die Liebe, mit der wir unseren Nächsten behandeln, von Gott kommen und auf der Lehre und dem Beispiel unseres Herrn aufbauen.

 

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Unsere Werke und unsere Beziehungen zu allen Menschen, vor allem zu den am wenigsten Begünstigten, sollen unsere konsequente Christusnachfolge bezeugen. Dadurch werden wir für alle zu einem Strahl der Liebe Gottes werden und den Liebesmangel lindern, der unsere Welt und Gesellschaft heute so verarmt.

 

e) Fr. Riccardo Botifoll.[37] Lunsar (Sierra Leone)

 

Selbstverständlich muß das unmittelbare Ziel der Tätigkeit des Ordens in den Entwicklungsländern medizinischer Ordnung sein, unabhängig davon, ob es durch Krankenhäuser, Polikliniken oder Zentren für Basismedizin angestrebt wird. Dabei sollte man immer mehr beachten, daß der Gesundheitsdienst nicht der freien Initiative jeder Institution überlassen werden darf, also jeder auf eigene Faust ohne Absprache mit dem staatlichen Gesundheitsnetz arbeitet. Vielmehr ist eine Koordination, oder besser gesagt Integration mit den staatlichen und internationalen Organisationen geboten (WHO, Gesellschaft für die Bekämpfung der TBC, Lepra usw.). Die eindrucksvollen Erfolge, die durch die Impfung bei den Kindern (Tetanus, Polio usw.) erzielt wurden, und die hoffnungsvollen Ergebnisse, die eine Impfung gegen die Malaria verspricht, sprechen eindeutig für diesen Weg.

 

Ein Risiko, dem man vorbeugen muß, ist, daß man in Afrika nicht mit dem Anspruch tätig werden darf, daß die Krankenhäuser von der Technik und dem Komfort her dieselben Standards ausweisen müssen wie in Europa. Damit würde man nur erreichen, daß von den Krankenhäusern eine kleine Minderheit reicher Leute profitieren würde, während der Großteil der Bevölkerung, der arm ist, davon ausgeschlossen bliebe. Aber wir sind ja eigens für diesen Bevölkerungsteil nach Afrika gekommen. Diese Gefahr darf nicht unterschätzt werden.

 

Es gäbe noch viel zu sagen, aber der Raum dazu ist zu knapp. Man erlaube mir nur noch eine Überlegung anzuhängen, die ich solange wiederholen werde, bis sie manchen als Besessenheit erscheinen wird. Unsere Missionstätigkeit muß auch zum Ziel haben, die europäische Welt zu ändern, aus der wir kommen. Wir müssen mit dem Bewußtsein in Afrika arbeiten, daß wir von hier aus dazu beitragen können, unser altes Europa zu ändern.

 

"Brüder, tuet euch selbst Gutes, indem ihr den Armen gebt!" Richten wir diesen einfachen, aber so aussagekräftigen Ruf weiter aus unseren kleinen, wackligen Buschkrankenhäusern an den satten und zugleich unbefriedigten Norden. Die tägliche Arbeit unserer Hände will ein Gebet sein, damit Europa wirklich, “in Werken und in Wahrheit”, an die Bergpredigt glaubt. Das ist unsere Hoffnung und auch der Grund, auf den sich unsere Missionsarbeit stützt.

 

f) Fr. Rafael Teh.[38] Monrovia

 

Afrika ist ein unruhiger Kontinent, auf dem die Völker von Tribalismus und ethnischer Verfeindung zerrüttet sind. Gewalt, Staatsstreiche, Massenflucht, Verletzung der Menschenrechte, Ausbeutung, Hunger, Armut, Krankheit, Verzweiflung und Tod gehören hier zur Tagesordnung. Friedlosigkeit und Ungerechtigkeit sind die beiden Hauptgründe für die Probleme, mit denen heute Afrika zu kämpfen hat. Vor allem die Ungerechtigkeit ist in vielen Strukturen praktisch zu Hause. Das ist eine Tatsache. Es gibt wenige Reiche mit unermesslichen Besitztümern und ein Heer von Entrechteten ohne Land, die in extremer Armut leben. Der Macht einiger weniger steht die Ohnmacht und Versklavung der vielen gegenüber.

 

Wer sich in Afrika der Gesundheit der Menschen annehmen will, sieht sich mit folgenden Herausforderungen konfrontiert: chronische Unterernährung, diarrhöische Krankheiten, an denen vor allem die schlechte Wasserqualität und die mangelnden hygienischen und sanitären Anlagen Schuld sind, Malaria und andere Infektionskrankheiten, AIDS, fehlende Finanzmittel, eine hohe Kindersterblichkeitsrate, an der erneut die Unterernährung und fehlende Hygiene Schuld ist... also alles Übel, die mit einer wirksamen Grundversorgung und Vorbeugung vermieden werden könnten.

 

Die Wirtschaftskrise und die daraus folgenden Einsparungen haben die Wirksamkeit des Gesundheitsdienstes weiter geschwächt. Die hohen Arzneimittel- und Krankenhauskosten machen es vielen Menschen, vor allem aus den ländlichen Gebieten, unmöglich, sich in ärztliche Pflege zu begeben. So bilden Krankheit und Armut einen Teufelskreis, aus dem kein Ausweg führt: man wird krank, weil man arm ist und wird noch ärmer, weil man krank ist.

 

In dieser Situation führen wir Barmherzigen Brüder tagtäglich unseren Auftrag im Krankendienst durch. In ihr erscheinen unsere Krankenhäuser wie Oasen in der Wüste. Das kann ich bezeugen, besonders hier in Monrovia, wo unser Krankenhaus im Bombenlärm und inmitten der Zerstörungen des Krieges weiter aktiv geblieben ist und wie ein wahres “Gotteshaus” für alle Menschen offen war. Es ist sehr schön, die Freuden- und Dankesbezeigungen der Patienten zu sehen, die in dieser Oase Zuflucht gefunden haben, und sei es auch nur, um ihren Durst zu stillen oder ihren letzten Tag auf der Reise zur Ewigkeit zu verbringen. Die Menschen kommen gerne zu uns wegen des menschlichen Umgangs, der bei uns gepflegt wird, aber auch weil sie ein Bett mit sauberen Leintücher vorfinden, in dem sie sich, oft nur kurz, ausruhen können. Wie gern möchte ich doch, daß solche Oasen der Barmherzigen Brüder überall in der Wüste zu finden seien, vor allem in den Gebieten am äußersten Rand.

 

Manchmal ist mir zum Weinen ob dem Frust und der Ohnmacht, daß ich die Sündenstrukturen der Gesellschaft nicht ändern kann. In Afrika begegnen wir täglich dem leidenden Antlitz des Gottesknechtes in den Gesichtern unzähliger Menschen, die in Elend und Ausbeutung leben, keine Bildungsmöglichkeiten haben und zu einem oft wahrhaft unmenschlichen Leben verdammt sind.  Andererseits tröstet und richtet mich das Wissen auf, daß jede Tat, die ein Barmherziger Bruder in der Mission vollbringt, eine MISSIO DEI ist, durch die er Gott und das ewige Mysterium sichtbar macht. Wenn wir an die Grenzen unserer menschlichen Belastbarkeit gelangen, gibt er uns die Kraft, die Abgründe zu durchschreiten, die von der Gier des Menschen aufgerissen werden. Der Geist unseres Ordens, dessen Wesen Großmut und Hingabe ist, läßt uns offen sein für neue Wege, auf denen wir uns noch wirksamer in den Dienst der an den Rand Gedrängten stellen können. Die neue Hospitalität ist eine Aufforderung, uns von der Mitte zu den Menschen am Rande zu begeben und neue Methoden ausfindig zu machen, um die Lebensverhältnisse des Armen zu verbessern, sprich, für die Änderung der abwegigen, gesellschaftlichen Strukturen einzutreten, von denen diese demütigenden Verhältnisse bewirkt werden.

 

g) Fr. Juan Bautista Carbó.[39] Lomé (Togo)

 

Als Beobachter, der lange Zeit in Afrika gelebt hat, kann ich sagen, daß das Missionswerk, das vom Orden insbesondere in den letzten fünfzig Jahren entwickelt wurde, sehr fruchtbar und viel umfangreicher ist, als das auf den ersten Blick scheinen mag.

 

Die Barmherzigen Brüder haben ihre Sendung gemäß folgender Weisung aus "Redemptoris Missio", Nr. 42, wahrgenommen: “Der Mensch unserer Zeit glaubt mehr den Zeugen als den Lehrern, mehr der Erfahrung als der Lehre, mehr dem Leben und den Taten als Theorien. Das Zeugnis des christlichen Lebens ist daher die erste und unersetzbare Form der Mission."

 

Wenn wir heute die Orte anschauen, an denen der Orden wirksam geworden ist, stellen wir fest, daß sich um unsere Krankenhäuser ganze Siedlungen gebildet haben. Die Brüder haben mit ihrer Präsenz also wesentlich zur sozialen, wirtschaftlichen und auch religiösen Entwicklung beigetragen. An manche Orte sind die Brüder noch vor den offiziellen “Missionaren” gekommen. Damit will ich nicht sagen, daß wir keine Fehler gemacht haben. Doch wo solche gemacht wurden, waren sie mehr dem Ungestüm und dem “unbedingt etwas unternehmen wollen” zuzuschreiben, als mangelndem guten Willen.

 

Der Zukunft des Hospitalordens in Afrika eröffnen sich vielfältige Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, die wahrzunehmen in erster Linie Sache der afrikanischen Brüder ist, zugleich aber auch eine Herausforderung für den ganzen Orden sind. Die Zukunft ist vielversprechend. Doch bedarf es der Mitarbeit aller, um dieses Wachstum zu fördern, das sehr schnell vor sich gegangen ist und sich gerade deswegen unserer Kontrolle entziehen könnte.

 

Der Orden muß ganz konkret definieren, wie und was er in Afrika tun will, denn die Bedürfnisse sind groß und mannigfaltig. Zudem ist zu beachten, daß die afrikanische Kirche in Zukunft ein großes Gewicht in der Weltkirche haben wird.

 

Außerdem lastet auf uns eine große Verantwortung, weil wir der einzige Männerorden sind, der sich ganz dem Dienst an den Kranken und Armen widmet. Unsere Aufgabe ist deswegen, den Boden zu bereiten und mitzuhelfen, daß das Charisma der Barmherzigkeit in den jungen Kirchen Afrikas, die voller Leben und Männer und Frauen sind, die äußerst empfänglich für das Wort Gottes sind,  feste Wurzeln faßt.

 

Sechstes Kapitel

 

 

INSTRUMENTE IM DIENST DER EVANGELISIERUNG

 

 

Die gesamte Rechts- und Organisationsstruktur des Ordens hat zum Ziel, das Sendungsbewußtsein bei den Brüdern und den Auftrag zur Evangelisierung, den unsere Gemeinschaft durch den Dienst an den Kranken und Hilfsbedürftigen gemeinsam mit den Mitarbeitern in der Kirche erfüllt, zu beleben, zu fördern und zu stärken.

 

In diesem Kapitel wollen wir uns jedoch darauf beschränken, die Organe darzustellen, die der Orden ausdrücklich für seine Tätigkeit in den Entwicklungsländern gebildet hat, wobei jene, die von der Generalkurie ausgegangen sind, von denen, die von den Provinzen eingerichtet wurden, unterschieden werden sollen.

 

 

1. Organe der Generalkurie im Dienst der Missionsarbeit

 

 

a) Missionssekretariat

 

Unter dem Generalat von P. Moses Bonardi begannen mehrere Ordensprovinzen Brüder und Mittel der Missionsarbeit in Afrika zu widmen und versuchten auch, in Indien Fuß zu fassen. Der Orden erlebte in jener Zeit in verschiedenen Teilen der Welt einen großen Zuwachs, was verständlicherweise dem missionarischen Elan der Brüder großen Auftrieb gab.

 

“Zur Ermunterung, Unterstützung, Weiterentwicklung und Regelung der vielversprechenden Bewegung, durch die der Ruf zur Barmherzigkeit unseres Ordensvaters Johannes von Gott auch auf den Weiden erschallen soll, die noch nicht zum Anwesen Christi gehören, damit sie seine Stimme hören und es nur “eine Herde und einen Hirten” (Joh 10, 16) gebe”[40], beschloß das Generaldefinitorium bei der Sitzung am 19. Oktober 1957 eine einheitliche Satzung für die Missionen des Ordens.

 

Seitdem hat sich die Generalkurie bemüht, nicht nur mit finanziellen Mitteln die Missionsarbeit zu unterstützen, sondern hat auch hilfreiche Orientierungen für die Ausbildung der Brüder gegeben, die sich auf einen Missionseinsatz vorbereiteten, den missionarischen Geist wach gehalten und, in jüngster Zeit, dafür Sorge getragen, daß auch in Afrika, Lateinamerika, Asien und Ozeanien die Kriterien der Ausbildungsordnung des Ordens Anwendung gefunden haben.

 

Der Kurs, der vom 5. bis 13. Februar 1980 in Rom für unsere in der Mission tätigen Brüder stattgefunden hat, war ein wichtiges Moment des Gedankenaustausches und Miteinanders, bei dem die Teilnehmer nicht nur die Möglichkeit hatten, sich theologisch, charismatisch und pastoral weiterzubilden, sondern auch im Dialog mit den Mitbrüdern den universellen Hauch der Missionsarbeit des Ordens greifbar zu erleben. Generalprior war damals Fr. Pierluigi Marchesi.

 

Die Charta der missionarischen Solidarität, von der wir später ausführlicher sprechen werden,  entstand ebenfalls unter dem ersten Generalat von P. Marchesi. Die Bemühungen zielten damals in erster Linie darauf ab, die Bildungstätigkeit in Afrika stärker zu koordinieren und den in den Missionen tätigen Brüdern eine universalistische Kultur zu vermitteln. Die Früchte dieser Bemühungen zeigten sich in den folgenden Jahren.

 

 

b) Der gemeinsame Fonds für die Missionen

 

Bei der Konferenz der höheren Oberen, die im Oktober 1989 in Rom stattfand, wurde die Einrichtung eines gemeinsamen Missionsfonds beschlossen, durch den “der finanzielle Unterhalt der Missionswerke des Ordens” abgesichert werden sollte. Als Termin für sein Inkrafttreten wurde der 1. Januar 1992 festgesetzt.

 

Von der Verabschiedung des Beschlusses bis zu seinem Inkrafttreten waren folgende Schritte geplant:

 

·      Weiterleitung des Entwurfes zur Errichtung des gemeinsamen Missionsfonds an die Patres Provinziale mit der Bitte um Meinungen und Empfehlungen sowie der Angabe der Mittel, die in den ersten beiden Jahren zur Verfügung gestellt werden konnten;

·      Einsetzung eines Arbeitskreises bei der Generalkurie zur Orientierung der Einlaufphase;

·      Untersuchung der Koordinations- und Anbindungsmöglichkeiten an die nichtstaatlichen Organisationen, die vom Orden gegründet worden waren.

 

Das Statut des gemeinsamen Missionsfonds wurde im Februar 1992 publiziert. Als Ziele wurden darin angegeben:

 

·      Der Orden richtet den gemeinsamen Missionsfonds zur Unterstützung und zum Ausbau seiner Missionsarbeit ein.

·      Er wird mit dem Ziel gegründet, im Sinne weltkirchlicher Zusammenarbeit auf weite Sicht alle Kosten der Missionswerke des Ordens finanzieren zu können.

 

Nach seinem Inkrafttreten im Januar 1992 “soll sich die Zuständigkeit des Fonds in einer ersten Phase hauptsächlich auf die Generaldelegaturen in Afrika und Vietnam konzentrieren.”[41]

 

 

c)  Die Schule für Missionskunde in Rom

 

Die Ausbildung der Brüder war eine der Hauptsorgen von P. Moses Bonardi. Er war sich der in diesem Zusammenhang bestehenden Lücken vor allem im Bereich der Missionsarbeit vollauf bewußt:

 

            "Wir können nicht verheimlichen, daß sich der Orden auf dieses Unternehmen eingelassen hat, ohne sich große Sorgen um die spezifische Ausbildung der damit Beauftragten zu machen."[42]

Aus diesem Grund wurde an die Schule für Spiritualität, die 1955 in Rom errichtet wurde, eine Abteilung für Missionskunde angeschlossen. Die entsprechende Schulordnung wurde noch im selben Jahr vom Generaldefinitorium beschlossen und vom Generalkapitel im Jahr 1959 ratifiziert. Ihren offiziellen Betrieb nahm die Schule am 14. Oktober 1956 auf.

 

Die Ziele der Schule für Missionskunde waren im Art. 1 ihrer internen Ordnung festgelegt:

 

            "Angesichts der Missionsarbeit, die von einigen Ordensprovinzen geleistet wird, und der besonderen Erfordernisse dieses Apostolats, das sich zunehmend entwickelt, wird der internationalen Schule für Spiritualität eine missionarische Abteilung angeschlossen, an der die Brüder, die zu einen Einsatz in den Missionen bestimmt sind, spirituell, moralisch und kulturell vorbereitet werden sollen."

 

P. Bonardi erklärte den Zweck der Schule folgendermaßen:

 

            "Die Schule, die in Rom mit dem Schuljahr 1956-1957 ihre Tätigkeit aufnehmen soll, hat zum Zweck, den Missionaren alle erforderlichen rechtlichen, kanonischen, sprachlichen, medizinischen und hygienischen Kenntnisse zu vermitteln, damit sie ihre apostolischen und fachlichen Aufgaben mit Sicherheit und Gelassenheit sowie einer angemessenen Vorbereitung übernehmen können."[43]

 

In Art. 33 der Schulordnung wurden die Voraussetzungen für die Zulassung zur Schule aufgeführt:

 

            "Die Provinzen, die vorhaben oder planen, in Missionsländern tätig zu werden, müssen an diese missionarische Abteilung die Brüder mit feierlicher Profeß geben, die sie in die Missionen entsenden wollen. Die Brüder müssen die körperlichen, geistigen und moralischen Voraussetzungen haben, die zur Ausübung des Hospitalapostolats in den Missionsländern erforderlich sind."

 

Die Grundlinien des Lehrplanes, der an der Abteilung für Missionskunde zur Anwendung kam, sind in den Artikeln 34 und 35 beschrieben:

 

            "Die Schüler an der missionarischen Abteilung sollen ein oder zwei Jahre lang die Kurse besuchen, die am Päpstlichen Wissenschaftlichen Missionsinstitut des Päpstlichen Athenäums von Propaganda Fide gehalten werden, sowie einen einjährigen Kurs in Missionsmedizin absolvieren, um das internationale Krankenpflegediplom zu erlangen" (Art. 34).

 

            "In einer Sonderordnung werden die Spezialkurse angegeben, die sie besuchen sollen, um ihre Eignung für die künftige Missionstätigkeit, der sie sich gemäß dem Geist des Ordens widmen sollen, zu verbessern" (Art .35).

 

Die Schule für Spiritualität und Missionskunde wurde in den ersten Jahren im Krankenhaus zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel untergebracht, bis 1963 das internationale Bildungszentrum bzw. Kolleg des Ordens in der Via della Nocetta in Betrieb genommen wurde.

 

Rückschauend kann gesagt werden, daß durch die Schule für Spiritualität und Missionskunde mit ihren Kursen in Theologie, Spiritualität, Hospitalität und Missionskunde einer beträchtlichen Anzahl von Brüdern eine solide Ausbildung gegeben und dadurch das spirituelle, religiöse und apostolische Niveau des Ordens in den Jahren vor und nach dem Konzil wesentlich verbessert werden konnte.

 

Hinsichtlich der Abteilung für Missionskunde sind vor allem zwei positive Aspekte hervorzuheben:

 

·      Einerseits gingen aus ihr eine Reihe qualifizierter Brüder hervor, die später in den Missionsländern tätig geworden sind und mit ihrem Fachwissen und Können die Ausbreitung des Ordens mit neuen Gründungen in Afrika, Amerika und Asien ermöglicht haben.

 

·      Andererseits haben die Brüder, die an ihr ausgebildet wurden (unabhängig davon, ob sie später in die Missionen gingen oder nicht), dazu beigetragen, daß ordensweit die Sensibilität für die Missionsarbeit wuchs, was wiederum den Ausschlag dazu gab, daß verschiedene Provinzen neue Werke in den Entwicklungsländern gründeten oder bestehende unterstützten. Die Früchte der Schule sind bis heute sichtbar, denn viele Brüder, die an ihr ausgebildet wurden, wirken bis heute in unseren Missionswerken.

 

Seit einigen Jahren hat die Schule für Spiritualität und Missionskunde ihre Tätigkeit eingestellt, einmal weil sich die Gegebenheiten und Bedürfnisse geändert haben und zum anderen weil heute die Bildungsangebote in den Provinzen viel reichhaltiger sind. Trotzdem steht das Zentrum weiterhin für Brüder offen, die ihre Ausbildung in Rom absolvieren.

 

 

c) Generalsekretariat für Pastoral

 

Das Generalsekretariat für Pastoral entstand unter dem Generalat von P. Pierluigi Marchesi mit dem Ziel, der Evangelisierungs- und Pastoralarbeit des Ordens neuen Impuls zu geben.

 

Obwohl das unmittelbare Zielfeld dieses Organs nicht die Missionstätigkeit war, gingen von ihm viele wertvolle Anregungen für die Evangelisierungsarbeit des Ordens aus. Von den verschiedenen Dokumenten, die vom Sekretariat publiziert wurden, sei an folgende erinnert:

 

·      "Was ist die Krankenpastoral?" (1980). Mit dieser Schrift wurde "Evangelii nuntiandi" auf die Gegebenheiten des Ordens übertragen.

·      "Die apostolische Dimension des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott" (1982). Dieses Dokument illustrierte die Grundlagen und Zielsetzungen der Evangelisierungsarbeit des Ordens.

 

 

2. Interprovinzielle und Provinzorgane

 

Die Provinzen, die Konvente und Werke in den Missionsländern unterhalten, haben in der Regel Organisationsstrukturen, die für die Animation des Lebens der ganzen Provinz zuständig sind. Trotzdem haben sich diese Provinzen seit jeher bemüht, die Konvente und Werke in den Entwicklungsländern mit besonderen Initiativen und Instrumenten zu unterstützen. Zudem hat sich die Generalkurie, wie wir gesehen haben, dafür eingesetzt, die Zusammengehörigkeit des Ordens auf der ganzen Welt zu festigen, so daß vielerorts zwischen den Provinzen Projekte und Initiativen in effektiver Gemeinschaft und Zusammenarbeit realisiert wurden. Auf diesem Hintergrund entstanden die interprovinziellen Sekretariate, die es heute in allen Ordensteilen gibt. Weil sie einen besonderen Bezug zu unserem Thema haben, werden in der Folge kurz CIAL (Interprovinzielle Kommission der Region Lateinamerika) und APIPC (Interprovinzielle Kommission der Region Asien/Pazifik) dargestellt.

 

 

a) CIAL OH: Interprovinzielle Kommission der Region Lateinamerika

 

Die Interprovinzielle Kommission der Region Lateinamerika ist mit dem Ziel gebildet worden, die Erneuerungsbestrebungen des Ordens in Lateinamerika gemäß den Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils zu koordinieren. Das Jahr 1979, auch das Jahr der Erneuerung genannt, wurde so für die Ordensteile in Lateinamerika wie für alle Provinzen zu einem wahren Gnadenjahr.

 

Nach einer intensiven Sensibilisierungs-, Motivations- und Vorbereitungsarbeit auf allen Ebenen wurden eine Reihe von Programmen eingeleitet und erfolgreich durchgeführt, durch die alle Brüder in Lateinamerika gezielt zur Erneuerung ihres Ordenslebens als Barmherzige Brüder motiviert und hingeführt wurden.

 

Nach der planmäßigen Abhaltung von vier Erneuerungskursen in Bogotá (Kolumbien) spürte man, als man Bilanz zog, das Bedürfnis, mithilfe eines permanenten Organs der Entwicklung, die man eingeleitet hatte, Kontinuität zu geben.

 

Der Gedanke, ein Gremium zur Animation aller Kommunitäten in Lateinamerika einzurichten, ging vom damaligen General, Fr. Pierluigi Marchesi, sowie den Provinzialen aus Kolumbien und Spanien und ihren Delegaten aus.

 

Auf ihre Initiative entstand am 17. Oktober 1979 das Lateinamerikanische Sekretariat für Erneuerung (SELARE), durch das die Animation des Hospitalordens in Lateinamerika neue Impulse erhalten sollte. Der Satzungsentwurf, nach dem es zunächst arbeitete, wurde in der Folge definitiv approbiert.

 

SELARE entstand als eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, die sich in den Dienst des Ordens und der in der Krankenpastoral Tätigen in Lateinamerika stellte. Seine Zielstellung lautete: "Den Erneuerungsprozeß in den verschiedenen Bereichen so koordinieren und fördern, daß die Wirkungskraft des Ordens in Lateinamerika wächst.”

 

Von den zahlreichen Tätigkeiten, die von SELARE ausgegangen sind, verdienen erwähnt zu werden:

 

Ordensintern:

 

·      Im Rahmen einer Reihe von gezielten Besuchen bei allen Kommunitäten in den verschiedenen Nationen wurden die Dokumente der katholischen Kirche, ihrer jeweiligen Dikasterien und der Generalkurie vorgelegt.

·      Es wurden Ausbildungskurse für Animatoren der Kommunitäten, für Ausbilder, zur Vorbereitung auf die feierliche Profeß, zur Krankenpastoral und für Hausobere angeboten.

·      Im Dezember 1979 erschien die erste Ausgabe des Informationsheftes SELARE, durch das die Brüder informiert und motiviert sowie Dokumente und Arbeiten allgemeinen Interesses über das Ordensleben, die ständige Weiterbildung und die Krankenpastoral publiziert wurden.

·      Zugleich begann man unter dem Namen SELARE eine Bücherreihe herauszugeben, in der bisher ca. 50 Bände zu den im vorigen Punkt genannten Themen erschienen sind.

·      Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit der Universität "San Bonaventura" von Bogotá ein Fernkurs zur Ausbildung von Pastoralassistenten im Gesundheitsdienst angeboten.

 

Ordensextern:

 

Alle Initiativen, die von SELARE durchgeführt wurden, hatten zum Ziel, die Pastoralarbeit im Gesundheitsdienst besser zu strukturieren und zu organisieren. Die Instrumente, die zu diesem Zweck konzipiert wurden, sind auch den Ortskirchen in den verschiedenen Nationen angeboten worden, die gern davon Gebrauch gemacht haben, auch weil es vielfach die einzigen sind, die sie sich erlauben können.

 

SELARE fördert, organisiert und wirkt bis heute aktiv an zahlreichen öffentlichen Initiativen mit, die die medizinische Ethik, die Krankenpastoral sowie die Theologie und Spiritualität der Krankheit zum Thema haben.

 

Am 30. Oktober 1989 stimmte die Generalkurie der Satzung zu, mit der, wie in anderen Ordensregionen, in Lateinamerika ein interprovinzielles Sekretariat errichtet wurde (SAL.OH). Seitdem wurde SELARE zu einer Abteilung dieses interprovinziellen Sekretariats. Bei einer Sitzung in Cochabamba am 13. September 1996 wurde es zu CIAL OH (Interprovinzielle Kommission für die Animation in Lateinamerika) umgebildet. In Übereinstimmung mit den Leitlinien, die beim 63. Generalkapitel in Bogotá beschlossen wurden, führt die Kommission in Zusammenarbeit mit SELARE die vorher erwähnten Tätigkeiten fort und ist gern zu neuen weiterführenden Initiativen bereit, die das Wachstum des Ordens und der Kirche in Lateinamerika fördern helfen können.

 

 

b) Interprovinzielle Kommission der Region Asien/Pazifik

 

1979 wurden die Kommunitäten und Werke des Ordens in Asien als ein eigener Bereich anerkannt. In jenem Jahr wählten die Brüder der Region Asien nämlich erstmals eigene Repräsentanten zur Teilnahme am Außerordentlichen Generalkapitel. In derselben Weise verfuhr man beim Generalkapitel 1982.

 

Am 25. Februar 1991 errichtete die Generalleitung des Ordens nach Rücksprache mit den Oberen der Kommunitäten und Werke des Ordens in Asien das interprovinzielle Sekretariat der Region Asien (AIPS). Am 15. Februar 1996 stimmte die Generalleitung einer Satzungsänderung zu, die bei einer Zusammenkunft des Sekretariats im Oktober 1995 in Manila beschlossen worden war und die Eingliederung der Australischen Provinz in die Region Asien vorsah. Die Entscheidung, sich der Region Asien anzugliedern, hatte die Australische Provinz angesichts der vielen kulturellen Parallelen und Verbindungen zwischen den beiden Kontinenten getroffen. Seitdem nennt sich die Kommission interprovinzielle Kommission der Region Asien/Pazifik (APIPC).

Das Ziel der Kommission ist,  die Tätigkeiten der einzelnen Kommunitäten und Werke des Ordens in der Region Asien/Pazifik in gemeinsamen Interessenbereichen zu koordinieren. Die Kommission hat einen Exekutivausschuß, der aus dem Präsidenten, dem Sekretär/Geschäftsleiter und aus einem anderen gewählten Mitglied besteht. Der Exekutivausschuß beratet und beschließt im Namen und Auftrag der gesamten Mitglieder der Kommission all jene Angelegenheiten, die ihm von der Kommission zugewiesen werden.

 

Die Kommission fördert bzw. koordiniert:

 

·      die Zusammenarbeit in den Bereichen der Pastoral, der Missionen, des Lebensstils, der Ausbildung, der Laienmitarbeiter und der Leitung und Verwaltung;

·      die Ausbildung eines stärkeren Bewußtseins hinsichtlich der Anforderungen, vor denen der Orden in Asien steht, damit er eine effektivere Präsenz  erlangen kann. Eine solche Präsenz ist dann gegeben, wenn der Orden durch frische und innovative Ausdrucksformen der Hospitalität fest in Asien Wurzeln faßt;

·      die Anträge um Hilfe an die internationalen Organisationen;

·      die Erstellung wirksamer Programme in den Bereichen der Ausbildung und des Lebensstils;

·      den Austausch von Erfahrungen und Personalkräften unter den Kommunitäten und Werken des Ordens in Asien.

 

Bei der Sitzung in Manila im Oktober 1995 beschloß die Kommission auch die Errichtung eines regionalen Bildungsinstitutes zur Förderung der spirituellen, kulturellen und professionellen Ausbildung der Heil- und Sozialberufe in Asien. Hauptziel des Instituts ist, Brüder und Mitarbeiter auf die Übernahme leitender Funktionen in unseren Werken vorzubereiten. Die Kommission gibt ein dreimonatlich erscheinendes Informationsblatt heraus, in dem sie über ihre Tätigkeiten und wichtige Ereignisse in der Region informiert.

 

 

c) Stiftung “Juan Ciudad” NGO (Nichtstaatliche Organisation)

 

Zur wirksameren Mittelbeschaffung für ihre Werke in Afrika beschlossen die spanischen Provinzen, an ihr Interprovinzielles Sekretariat eine Einrichtung anzugliedern, welche dank großer Zuwendungen von seiten öffentlicher und privater Institutionen und ihres rührigen Einsatzes für die Bedürfnisse der Menschen in Afrika am 1. November 1991 vom Bildungs- und Wussenschaftsministerium sowie vom Wirtschafts- und Finanzministerium Spaniens als Lehr- und Forschungsstiftung anerkannt wurde.

 

Die Stiftung widmet sich der Entwicklung und Förderung des Gesundheitsdienstes in der sogenannten Dritten Welt und bemüht sich, im Rahmen des Möglichen, die 33 Gesundheitszentren und 15 Sozialstationen des Ordens mit insgesamt 4.000 Betten in Afrika und Lateinamerika zu unterstützen. Die Grundorientierung ist zwar die, vor allem für die Werke des Ordens zu arbeiten, aber zugleich wirkt sie auch an gezielten Projekten und Initiativen anderer Einrichtungen und Organisationen mit.

 

Die Stiftung hat ihren Sitz in Madrid und zählt mehrere Zweigniederlassungen in den Regionen Spaniens. Seit Juni 1994 gehört sie zu den nichtstaatlichen Organisationen, die von der Regierung gefördert werden.

 

Die Ziele der Stiftung sind:

 

·      die Gesellschaft für die Mängel und Bedürfnisse in der Dritten Welt vor allem im Hinblick auf den Gesundheitsdienst sensibilisieren;

·      den Werken des Ordens in Afrika und in Lateinamerika zu den erforderlichen personellen, technischen und wirtschaftlichen Ressourcen verhelfen;

·      bei den öffentlichen und privaten Einrichtungen, die im Bereich der internationalen Kooperation und Entwicklungsarbeit tätig sind, um finanzielle Hilfe für die Projekte ansuchen, die von den Werken des Ordens vorgelegt werden;

·      an der Bildungsarbeit zur Entwicklung der Länder mitarbeiten, in denen die Werke des Ordens stehen;

·      Informations- und Lehrtätigkeit in unserer Industriegesellschaft über mögliche präventive und kurative Eingriffe in den unterentwickelten Ländern durchführen;

·      dafür Sorge tragen, daß die Werke des Ordens in der Dritten Welt als “Verteiler und Multiplikatoren”  der Ressourcen dienen, damit ihr ganzes Einzugsgebiet davon profitiert.

 

Die Tätigkeiten sind natürlich unmittelbar auf die obengenannten Ziele hingeordnet:

 

·      Leitung und Finanzierung der Entwicklungsprojekte;

·      regelmäßige Sendung humanitärer Hilfen;

·      Förderung, Bildung und Orientierung der internationalen freiwilligen Helfer;

·      Organisation von Kursen und Seminaren zur Sensibilisierung der spanischen Gesellschaft;

·      regelmäßige Publikation einer Zeitschrift zur Sensibilisierung und Bekanntmachung der Tätigkeit der Werke des Ordens in Afrika und in Lateinamerika.

 

 

d) Verein der Barmherzigen Brüder für die fernen Kranken - AFMAL

 

AFMAL (Abkürzung der italienischen Benennung Associazione con i Fatebenefratelli per i malati lontani) ist ebenfalls eine nichtstaatliche Organisation, die ohne Profitstreben im Bereich des Gesundheitsdienstes und der internationalen Entwicklungsarbeit tätig ist. Der Verein wurde am 30. Oktober 1979 zur Zusammenarbeit mit den zivilen ehrenamtlichen Helfern gegründet und als solcher vom italienischen Außenministerium am 17. Juli 1987 anerkannt. Seit 1993 gehört er zu den von der Europäischen Union anerkannten nichtstaatlichen Organisationen. Der Verein steht unter der Schirmherrschaft unseres Ordens und wird von ihm unterstützt.

 

Sein Hauptinteresse gilt der Entwicklung und Durchführung gesundheitsfördernder Maßnahmen, wobei ein besonderes Augenmerk sozial orientierten medizinischen Programmen gewidmet wird. So ist der Verein einerseits im medizinischen Bereich mit Präventiv-, Pflege- und Rehabilitationsmaßnahmen aktiv, andererseits aber auch in Zusammenarbeit mit anderen nichtstaatlichen Organisationen und humanitären Vereinen an agrartechnischen Projekten und Bildungsinitiativen beteiligt.

 

AFMAL wählt und bildet im In- und im Ausland ehrenamtliche Helfer und professionelles Personal aus.

 

Zur Zeit arbeitet der Verein an konkreten und spezifischen Programmen auf den Philippinen. Außerdem führt er regelmäßig Sensibilisierungskampagnen durch, um die öffentliche Meinung auf Probleme der Unterentwicklung, wie Hunger, Krankheit und Isolation, vor allem in den ärmsten Ländern, hinzuweisen. Zu diesem Zweck werden Seminare und Konferenzen, Werk- und Studienwochen durchgeführt, Informations-  und Lehrmaterial angeboten sowie ein Informationsheft publiziert.

 

 


 

 

 

 

 

 

IV. TEIL

 

HOSPITALITÄT HEUTE

 


Siebtes Kapitel

 

 

DIE NEUE BLÜTE DER HOSPITALITÄT

 

 

1. Europa: dynamische Kraft des Ordens

 

Die Krise, die die Kirche und unser Orden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebten und den Orden in Ländern wie Spanien, Portugal und Frankreich, in denen er eine jahrhundertelange Tradition hatte, auslöschte, wurde allmählich überwunden. Wie wir weiter vorne gesehen haben, konnte sich der Orden dank der Initiative und Hilfe der italienischen Brüder langsam wieder organisieren.

 

Wenn es eine Landkarte mit den Standorten der Häuser des Ordens aus dem Jahr 1900 geben würde, würden wir feststellen, daß sich sein Wirkungskreis ausschließlich auf Europa beschränkte, sieht man von den Häusern ab, die Ende des Jahrhunderts in Israel gegründet worden waren. Das bedeutet, daß Europa die dynamische Triebkraft für die Ausbreitung des Ordens in den anderen Teilen der Welt und auch in anderen Ländern Europas, wie z.B. in Jugoslawien, war. Die Ausbreitung erfolgte auf folgende Weise: Die spanischen Provinzen gründeten Niederlassungen in Süd- und Mittelamerika und in Afrika; die französische Provinz in Afrika und Kanada; letztere weitete ihren Wirkungskreis auf die Vereinigten Staaten und Vietnam aus; die irische Provinz gründete Häuser in Australien und Neuseeland, Südkorea und jeweils ein Haus in den Vereinigten Staaten und in Afrika; die bayerische Provinz gründete Niederlassungen in Japan; die rheinische in Indien, die englische in Afrika, die portugiesische in Brasilien und in Afrika, die lombardische in Afrika und die römische auf den Philippinen.

 

Dieses überwältigende Wachstum gibt Zeugnis von der Lebenskraft des Ordenscharismas, von seinem kirchlichen, apostolischen und missionarischen Geist, vom schlichten und evangelisch wirksamen Zeugnis der Brüder, von der großen sozialen Leistung unserer Häuser und von der Unterstützung, die unser Orden überall erfahren hat.

 

Das ständige Drängen der Kirche, neue Länder zu evangelisieren, der Wunsch des Ordens, seine Tätigkeit in Ländern wieder aufzunehmen, in denen er bereits tätig gewesen war, seine missionarische Berufung, das Verlangen, den Armen und Kranken überall im Stil des hl. Johannes v. Gott zu dienen und das evangelische Zeugnis der Brüder, das in manchen Fällen bis zum Martyrium ging, waren die ausschlaggebenden Motive, denen wir heute den Umstand verdanken, daß unsere Gemeinschaft auf allen fünf Kontinenten in über 50 verschiedenen Ländern aktiv ist.

 

 

a) Die apostolische Tätigkeit unserer Häuser

 

Im 20. Jahrhundert hat der Orden seine apostolische Tätigkeit hauptsächlich in ihm gehörenden Einrichtungen entfaltet, in denen er auf dringende Bedürfnisse der Bevölkerung eine Antwort zu geben versuchte.

 

Heute gehören in Europa so seelisch kranke Menschen, geistig und körperlich Behinderte und behinderte Kinder ebenso zum Tätigkeitsspektrum des Ordens wie allgemeine Krankenhäuser, Altenheime, Obdachlosenheime und andere Einrichtungen, in denen man sich neuer Bedürfnisse annimmt.

 

In diesen Einrichtungen haben wir Brüder uns bemüht, unsere apostolische Sendung im Stil des hl. Johannes v. Gott zu erfüllen. Es war unser Anliegen, in den Dienst der Patienten stets die besten und modernsten technischen Mittel zu stellen. Zugleich haben wir uns bemüht, daß die Pflege ein humanes Gesicht hatte und der religiösen Betreuung der gebührende Stellenwert gegeben wurde. Die Aufnahme aller Menschen ohne Unterschied, die an die Türen unserer Einrichtungen klopften, und das Bestreben, die Würde der Armen und Kranken stärker zur Geltung zu bringen, kennzeichneten in besonderem Maße das Wirken des Ordens in diesem Jahrhundert.

 

Es war eine schwere Zeit für den Alten Kontinent. Der Unterhalt der Werke erforderte große Anstrengungen. Über weite Strecken konnten sie nur dank der Almosen erhalten werden, die unser Orden von zahlreichen Gönnern empfing. Das Verdienst hierfür gebührt unseren ehemaligen Bettelbrüdern, die ein für das Überleben des Ordens grundlegendes Apostolat durchführten. Schließlich begann man, die Rechte der Armen und Kranken vor den öffentlichen Behörden geltend zu machen und zu ihrer Versorgung die Unterstützung der Solidargemeinschaft einzufordern. Auch hier hat der Orden seine prophetische Stimme erhoben und ein Stück Pionierarbeit geleistet. Heute sind seine Werke fast überall in Europa in das öffentliche Gesundheits- und Sozialnetz eingebunden. .

 

Weitere Bereiche, in denen der Orden einen maßgeblichen Beitrag zur Evangelisierungsarbeit der Kirche geleistet hat, waren die Krankenpastoral und die Bioethik. Vor allem in den letzten Jahren hat sich der Orden intensiv bemüht, diese Bereiche in unseren Einrichtungen durch eine systematischere und besser strukturierte Organisation wirksamer zur Geltung zu bringen.

 

Im 20. Jahrhundert haben sich tiefgreifende Veränderungen in der Gesellschaft, im Gesundheitswesen wie auch in der Kirche und im Orden vollzogen. In diesem Umbruch hat der Orden eine große Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit bewiesen, indem er mit Schöpfergeist seine Werke den neuen Gegebenheiten angepaßt hat, das, was modernisiert werden mußte, modernisiert hat, das, was aufgegeben werden mußte, aufgegeben hat und dort, wo es notwendig war, neue apostolische Wirkformen wagte. All das war dank seiner ständigen Erneuerungsbereitschaft und Offenheit für den Heiligen Geist und seiner festen Rückbindung an die tieferen Wurzeln unserer Tradition möglich.

 

 

b) Verwicklung in Situationen von Gewalt und Verfolgung

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand Europa unter dem Zeichen einer starken sozialen und politischen Instabilität, die sich das ganze Jahrhundert hindurch spürbar machte. Zwei Weltkriege, der Bürgerkrieg in Spanien, die Machtergreifung der totalitären Regime mit den sich daraus ergebenden Verfolgungen der kirchlichen Einrichtungen und zuletzt der Balkankrieg sind die traurige Bilanz dieses Jahrhunderts in Europa, das zugleich wichtige Entdeckungen, Entwicklungen und Fortschritte hervorbrachte.

 

Mit Ausnahme des Balkankrieges, war unser Orden an all diesen Konflikten und Verfolgungen direkt beteiligt. Doch auch in den dramatischen Gegebenheiten von Krieg und Zerstörung haben die Brüder nie ihr Hauptziel aus den Augen verloren und sich selbstlos dem Dienst an den Armen und Kranken gewidmet.

 

Im spanischen Bürgerkrieg (1936‑1939) haben 98 Brüder im Dienst der Hospitalität den Tod gefunden. 71 davon sind von Papst Johannes Paul II. am  25. Oktober 1992 seliggesprochen worden. Für 19 ist das entsprechende Verfahren noch im Gang.

 

Die zwei Weltkriege führten für den Orden in den Ländern, die in den Krieg verwickelt waren, vielfach zur Zerstörung seiner Häuser, zu Verarmung und Elend, und in manchen Fällen auch zur Verfolgung und Inhaftierung der Brüder, die bis zuletzt versuchten, am Krankenbett zu bleiben.

 

Deutschland und Österreich: Die zwei Weltkriege haben in den deutschsprachigen Provinzen unauslöschliche Zeichen hinterlassen. Die Brüder erlebten große Not und wurden vielfach zu Opfern der Verfolgung. Unbedingt erwähnt werden muß in diesem Zusammenhang die Gestalt des Dieners Gottes Fr. Eustachius Kugler, dessen Seligsprechung zur Zeit in Rom betrieben wird.

 

Wie alle anderen Einrichtungen in den beiden Nationen, erlitten auch die Häuser des Ordens schwere Beschädigungen im zweiten Weltkrieg, vollzogen danach jedoch auch den großen Aufschwung mit, den die beiden Länder erlebten. Heute haben die Barmherzigen Brüder in Deutschland und Österreich best ausgerüstete Einrichtungen, in denen ein von der Qualität her ausgezeichneter fachlicher und humaner Dienst angeboten wird.

 

Osteuropa: Nach dem zweiten Weltkrieg haben in den Ländern Osteuropas totalitäre Herrschaftssysteme die Macht ergriffen. Dieser Umstand hatte für die Kirche im allgemeinen und für den Orden im besonderen traurige Folgen, denn das Verbot der Ordensgemeinschaften, das in vielen von ihnen erlassen wurde, führte praktisch zum Erlöschen des Ordens. Viele Brüder wurden verfolgt und inhaftiert, weil sie ihrer Berufung als Barmherzige Brüder treu blieben. Ein besonders beeindruckendes Zeugnis gab in dieser Zeit der Provinzial der Böhmisch-Mährischen Provinz, Fr. Cölestin Sule, der im Januar 1951 im Gefängnis in Brünn starb.

 

Einst blühende Provinzen wie die Jugoslawische, Rumänische, Ungarische, Böhmisch-Mährische und Slowakische schrumpften zu einer kleinen Gruppe von Brüdern zusammen, die mutig durchgehalten haben und bis zum Fall der totalitären Machthaber ihrer Berufung treu geblieben sind. Obwohl der Orden verboten wurde, gelang es einigen Brüdern weiterhin heimlich ihr Hospitalapostolat in Krankenhäusern oder im privaten Bereich auszuüben. Heute versucht der Orden, mithilfe der wenigen alten Brüder, die überlebt haben, seine Präsenz in diesen Regionen neuzubeleben. Besondere Unterstützung erhalten bei diesem Unternehmen die Ordensteile in Mitteleuropa von der österreichischen und von der bayerischen Provinz.

 

Schlesische Provinz: Die wenigen Brüder dieser Provinz, zum größten Teil deutscher Abstammung, die den zweiten Weltkrieg überlebten, durften nicht mehr in die Provinz zurückkehren, weil die Region von nun an zum polnischen Staatsgebiet gehörte. Deswegen bildeten diese Brüder einen neuen Ordensteil in Deutschland, die Generaldelegatur Frankfurt a/M., aus der später die Rheinische Provinz wurde (seit 1997 Rheinische Generaldelegatur). Schlesien ist zur Zeit eine Generaldelegatur.

In Polen waren die Folgen des politischen Umsturzes nicht so dramatisch. Obwohl der Staat alle Häuser des Ordens beschlagnahmte, wurde den Brüdern erlaubt, in Gemeinschaften zu leben und die Hospitalität auszuüben.

 

Wie wir gesehen haben, waren die Konsequenzen dieser Zeit für den Orden schwerwiegend und die Verluste groß. Trotzdem war das Verhalten der Brüder beispielhaft: Mit großer Hingabe, Treue und Frömmigkeit blieben sie in dieser krisengeschüttelten Zeit Gott, der Kirche, dem Orden und den Kranken treu.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte und entfaltete sich der Orden mit neuer Kraft in den Ländern Westeuropas. Der Samen des Martyriums und das lebendige Zeugnis der Brüder trug reiche Frucht. Der Orden war nicht zurückgeschreckt, selbst seine wertvollsten Güter zu opfern, so wie Christus am Kreuz sein Leben geopfert hat. Diese Opferbereitschaft war der fruchtbare Boden, auf dem der Orden wieder aufblühte. Heute haben wir die Zuversicht, daß der Samen des Martyriums und des Zeugnisses der Brüder, die uns vorausgegangen sind, weiter Frucht trägt, und der Herr bei den Brüdern von heute und morgen dieselbe Opferbereitschaft und Hingebungsfähigkeit vorfindet.

 

 

c) Die Industriekrise und die Notwendigkeit einer neuen Evangelisierung

 

Die verschiedenen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen, die Europa in diesem Jahrhundert erlebte, hatten auch eine gute Seite und haben der Entwicklung und dem Fortschritt in den einzelnen Ländern unter vielen Gesichtspunkten großen Auftrieb gegeben.

 

Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, der gemeinsame Markt, die internationalen Institutionen, die übernationalen Industrieketten, neue Beschäftigungsformen u.v.m. haben unter sozialem Gesichtspunkt vielerorts zu einem Lebensstandard geführt, der gemeinhin unter dem Namen Wohlfahrtsstaat bekannt geworden ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Bürger genau definierte Rechte und Pflichten hat.

 

Unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit, haben die Krankenversicherungen dazu geführt, daß die medizinische Versorgung in der Mehrheit der europäischen Länder zu einem festen Recht geworden ist, auf das man in vielen Fällen unentgeltlich Anspruch hat, wobei die besten Systeme und Techniken in den Dienst der Bürger gestellt werden.

 

Das hat zugleich jedoch zu einer Gesellschaft voller Kontraste geführt, in der es wachsende Randgruppen und Elendsgebiete gibt. Außerdem hat das Wertesystem einen starken Umbruch erfahren, durch den das Transzendente völlig in den Hintergrund gedrängt und einem moralischen und ethischen Relativismus Tür und Tor geöffnet wurden.

 

Obwohl bereits Paul VI. Europa als Missionsland bezeichnet hatte, war es Johannes Paul II., von dem konkret der Appell ausgegangen ist, in der Welt, vor allem in unserem Europa an der Jahrtausendwende, zu einer neuen Evangelisierung anzusetzen. Dabei geht es nicht darum, ein neues Evangelium zu verkünden, sondern das Evangelium mit neuen Methoden und neuem Elan sichtbar und erfahrbar zu machen.

 

Den Gott des Lebens als obersten Wert des Menschen und der Welt gegenwärtig machen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit dem eigenen Leben Zeugnis geben, für den Schutz des Menschen und seines Rechtes, geboren zu werden, würdig zu leben und zu sterben, eintreten, sind die Pfeiler des Evangeliums, die heute wie gestern von der Kirche in der Welt verteidigt werden müssen.

 

Der Orden bemüht sich, an der neuen Evangelisierung Europas mit seiner Tätigkeit im Gesundheits- und Sozialwesen mitzuwirken. Ein ganz auf Gott hingeordnetes und vom persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet gespeistes Leben, brüderliche Lebensgemeinschaften, die im Namen des Herrn versammelt sind, und der apostolische Dienst an den Armen und Kranken bilden dabei die Grundsäulen.

 

Der Hintergrund, auf dem der Orden versucht, effektiv an der neuen Evangelisierung aus dem eigenen Charisma heraus mitzuwirken, sind:

 

·      Hellhörigkeit für neue Nöte und entsprechende Handlungsformen (psychisch Kranke, chronisch Kranke, Obdachlose, Drogenabhängige, AIDS-Kranke, Sterbende usw.);

·      Öffnung zu und Einbindung der weltlichen Mitarbeiter in den Ordensauftrag;

·      Zusammenarbeit mit kirchlichen und anderen Einrichtungen;

·      Förderung des Pastoraldienstes und der Bioethik.

 

Im Europa von heute ist es sehr wichtig, daß Ordensgemeinschaften wie unsere mit Schlichtheit Zeichen setzen, die von den Werten des Evangeliums Zeugnis geben. Dazu gehört: Sensibilität für die Schwächsten zeigen und Offenheit, Dienstbereitschaft und Nähe für die am wenigsten beschützten sozialen Gruppen demonstrieren. Zugleich haben wir die Aufgabe, dauernd den Pflegestandard in unseren Häusern nach dem Vorbild des heiligen Johannes von Gott zu verbessern. Dazu gehören technische Neuerungen ebenso wie die Humanisierung, der Schutz der Rechte der Patienten ebenso wie die Zusicherung einer angemessenen religiösen Betreuung, das Eintreten für ethische Werte ebenso wie die Verteidigung des Lebens in allen seinen Phasen.

 

 

c) Länder, in denen der Orden tätig ist

 

Deutschland: In Deutschland ist der Orden durch die bayerische Provinz mit 50 Brüdern und 8 Einrichtungen sowie durch die Rheinische Generaldelegatur mit 12 Brüdern und 3 Einrichtungen vertreten. In den letzten Jahrzehnten erlebte der Orden in Deutschland einen progressiven Rückgang der Brüderzahl, während die Einrichtungen, vor allem in Bayern, durch den Modernisierungs- und Technisierungsprozeß der Gesellschaft immer komplexer wurden. Die Verantwortlichen sind dieser neuen Realität dadurch entgegengetreten, daß sie eine wachsende Zahl von Mitarbeitern aktiv am Apostolat in den Häusern beteiligten, von denen das Weiterbestehen der Häuser im Geist des hl. Johannes v. Gott gewährt wird.

 

England: Französische Brüder gingen 1877 nach England und gründeten ein Haus in Scorton. Von 1934 bis 1953 bildeten England und Irland eine Provinz. Danach wurde die Irische Provinz zur Unbefleckten Empfängnis und die Englische Provinz zum heiligen Beda gegründet. Angesichts der rückläufigen Brüderzahl und dem Ausbleiben neuer Berufe hat die Englische Provinz nach eingehender Überlegung beschlossen, die Leitung der großen Werke abzugeben und sich anderweitig zu betätigen. Zur Zeit hat sie ein Allgemeinkrankenhaus in Scorton, eine Tagesstätte für psychisch Kranke und 11 Wohngruppen für geistig Behinderte, die zwischen 1989 und 1993 errichtet wurden. Außerdem führt sie ein Pastoralzentrum in Hemlington, das 1992 gegründet wurde. 1961 errichtete die Provinz ein Werk in Lusaka (Sambia), das 1982 nach Monze verlegt wurde. Zur Zeit zählt die Provinz 19 Brüder.

 

Frankreich: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Leben der Brüder und der Patienten bedingt durch die beiden Weltkriege sehr hart und schwer. Vor allem im ersten Weltkrieg zeichneten sich die Brüder durch ihren aufopferungsvollen Dienst in den Feldlazaretten und Militärkrankenhäusern aus.

 

     Heute bemühen sich die Brüder, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bedürfnisse der Kranken und Hilfsbedürftigen zeitgemäße Antworten zu geben. Die französische Provinz zählt 8 Einrichtungen, die alle aufgrund der besonderen französischen Gesetzeslage zu zivilen Körperschaften konstituiert wurden. Außerdem gehören zur Provinz ein Altenheim auf der Mauritiusinsel (Pamplemousses) und ein Behindertenheim auf der Insel La Reuniòn. Die Provinz hat 80 Brüder.

 

Irland: Der Beginn des Ordens in Irland geht ebenfalls auf französische Brüder zurück, die in Tipperory ein Heim für querschnittgelähmte Kinder gründeten. In der Zeit danach erlebte der Orden in Irland denselben Werdegang wie in England, bis 1953 die Irische Provinz zur Unbefleckten Empfängnis gegründet wurde, die in der Folgezeit ein beeindruckendes Wachstum erlebte: nachdem neue Gründungen in Irland entstanden waren, weiteten die irischen Brüder ihr Wirkungsfeld 1956 nach Australien und 1959 nach Südkorea aus. Außerdem gründeten sie ein Heim für Behinderte in New Jersey in den USA. Heute zählt die Provinz 9 Einrichtungen, an die ein Netz von Wohngruppen für Behinderte angeschlossen ist, und ein Missionswerk in dem afrikanischen Staat Malawi. Die irische Provinz hat derzeit 65 Brüder.

 

Italien: Die zwei Weltkriege mit allen ihren Folgen haben den Orden in Italien in der ersten Hälfte des Jahrhunderts tief gezeichnet. Dazu kamen die restriktiven Maßnahmen des Staates, die teilweise zur Auflösung und Schließung der Krankenhäuser führten. Das Ausbleiben neuer Berufe verschärfte die Krise noch weiter. Trotzdem gelang es unseren beiden italienischen Provinzen, der römischen und der lombardischen, in dieser Zeit, neue Gründungen zu errichten.

 

     Eine herausragende Gestalt dieser Zeit ist der heilige Richard Pampuri, ein Arzt und Mitbruder der Lombardischen Provinz. Er starb am 1. Mai 1930 in Mailand, wurde von Papst Johannes Paul II. am 4. Oktober 1981 selig- und dann am 1. November 1989 heiliggesprochen.

 

     In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Brüder versucht, mit Kreativität und Universalismus auf die Bedürfnisse der Armen, Kranken und Randgruppen einzugehen. Heute führen sie, neben Allgemeinkrankenhäusern, Einrichtungen, in denen chronisch Kranke, Behinderte, psychisch Kranke und Alte betreut werden. Außerdem haben sie Werke im Ausland gegründet, und zwar die lombardische Provinz in Afrika und die römische auf den Philippinen. Zur Zeit leiten die beiden Provinzen, die zusammen 125 Brüder zählen, in Italien insgesamt 23 Einrichtungen, zu denen die beiden Werke gezählt werden müssen, die von der Generalkurie abhängen, das Krankenhaus auf der Tiberinsel und das Zentrum in der Via Nocetta.

 

Österreich: Die Österreichische Provinz besteht aus 35 Brüdern und leitet 10 Einrichtungen, darunter 7 hochqualifizierte Allgemeinkrankenhäuser. Aufgrund ihrer langen Tradition genießen die Barmherzigen Brüder bei der Bevölkerung in Österreich großes Ansehen. Bedingt durch die immer kleiner werdende Brüderzahl hat die Provinzleitung eine fruchtbare Entwicklung der Öffnung hin zu den Mitarbeitern eingeleitet. Das Ziel, das man sich dabei gesetzt hat, ist, den Mitarbeitern die Werte der Hospitalität zu vermitteln. Heute sind bereits mehrere Häuser der Leitung von Mitarbeitern anvertraut.

 

Polen: In Polen besteht der Orden aus der polnischen Provinz und der schlesischen Generaldelegatur. Bereits vor dem Fall des totalitären Herrschaftssystems konnten hier die Brüder teilweise eigene Werke leiten, die zum größten Teil mit homöopathischer Medizin und im Bereich der Betreuung geistig und psychisch kranker Menschen arbeiteten. Heute bemühen sich die Brüder, obzwar nicht ohne Schwierigkeiten, die Rückschläge zu überwinden, zu denen die lange Zeit der Isolation vom Rest des Ordens geführt hat. Dank der intensiven Anstrengungen, die in den Bereichen der Grund- und Weiterbildung unternommen werden, erobert der Orden langsam wieder das Prestige zurück, das er seit 1853, als die Schlesische Provinz errichtet wurde, und seit 1922, als die polnische Provinz wiedererrichtet wurde, bei der Bevölkerung genoß. Heute hat der Orden in Polen 14 Einrichtungen und 90 Brüder.

 

Portugal: Bis 1927 gehörten die portugiesischen Ordenshäuser zur spanischen Provinz. 1927 wurde unter P. General Raphael Mayer die portugiesische Generaldelegatur errichtet. Am 27. März 1928 wurde dann aus den vier bestehenden Einrichtungen für geistig Kranke die portugiesische Provinz zum hl. Johannes v. Gott konstituiert.

 

     Die Betreuung geistig und psychisch kranker Menschen bildet bis heute den Tätigkeitsschwerpunkt der Provinz. Alle Häuser der Provinz, mit Ausnahme von Montemor-o-Novo, sind der psychiatrischen Pflege gewidmet. Zusammen mit den Hospitalschwestern decken die Barmherzigen Brüder in Portugal einen Großteil der psychiatrischen Versorgung. Die Leistung der Brüder und Schwestern wird allgemein anerkannt und geschätzt. Zur Zeit zählt die Provinz 13 Einrichtungen, davon 3 in Brasilien, und 86 Brüder.

 

Slowakische Republik: Mit dem Tod von Fr. Fabian Macej im März 1997 wurde die Slowakische Vizeprovinz im Mai desselben Jahres als Provinzdelegatur der österreichischen Provinz angegliedert. Die Gründe für diese Entscheidung liegen darin, daß nur drei Brüder die totalitäre Herrschaftsepoche überlebt haben und die neuen Kandidaten zur Zeit noch in den gerade erwähnten interprovinziellen Ausbildungszentren in Deutschland und Österreich ihre Ausbildung absolvieren.

 

Spanien: In Spanien entwickelte und konsolidierte sich der Orden auf dem von P. Menni vorgezeichneten Weg. 1934 wurde Spanien unter dem damaligen Provinzial und heute Seligen Guillermo Llop in drei Provinzen aufgeteilt, nämlich in die andalusische Provinz zu U.L. Frau vom Frieden, in die aragonische Provinz zum hl. Erzengel Raphael und in die kastilische Provinz zum hl. Johannes v. Gott.

 

     Nach dem spanischen Bürgerkrieg erlebten die Provinzen trotz vieler Einschränkungen und Schwierigkeiten einen großen Zuwachs an neuen Berufen, der die Gründung neuer Einrichtungen ermöglichte und 1956 auch die Ausweitung der Tätigkeit nach Afrika. In Übereinstimmung mit dem Ordenscharisma haben die Brüder versucht, kreativ auf neue Nöte zu reagieren, indem sie Einrichtungen mit einer ausgeprägt sozialen Orientierung eröffneten, in denen heute Drogenabhängige, chronisch Kranke, AIDS-Kranke, Sterbende, geistig und psychisch Behinderte u.v.a. betreut werden. Neben einer von der Qualität hochstehenden Pflege bemüht man sich besonders um die geistliche Begleitung. Ein besonderes Augenmerk wird auf ethische Themen und die Mitarbeit ehrenamtlicher Helfer gerichtet. Dadurch sollen Fortschritt und Menschlichkeit ein harmonisches Ganzes bilden. Zur Zeit zählt der Orden in Spanien 46 Einrichtungen und 396 Brüder.

 

Tschechische Republik: Die einst blühende böhmisch-mährische Provinz, 1919 gegründet und dem heiligen Erzengel Raphael gewidmet, besteht heute aus 9 Brüdern, die das totalitäre Herrschaftssystem überlebt haben, das nach dem zweiten Weltkrieg eingeführt wurde. Mit der Hilfe der österreichischen und bayerischen Provinz gelang es den Brüdern, 3 der 7 Häuser, die der Orden vor dem zweiten Weltkrieg hatte, zurückzuerlangen. Die neuen Berufe werden in den interprovinziellen Ausbildungszentren des Ordens in Deutschland und Österreich ausgebildet.

 

Ungarn: Die ungarische Provinz, 1856 unter der Schirmherrschaft der Unbefleckten Empfängnis gegründet, ist zur Zeit eine Provinzdelegatur der österreichischen Provinz. Das totalitäre Herrschaftsregime haben 3 Brüder überlebt. Die Kandidaten werden in den interprovinziellen Ausbildungszentren des Ordens in Deutschland und Österreich ausgebildet. In Ungarn hat der Orden 5 Häuser.

 

Vatikan: Seit 1874 leitet der Orden im Vatikan die weithin bekannte Vatikanapotheke, in der eine internationale Kommunität von Barmherzigen Brüdern, die direkt von der Generalkurie abhängt, den Betrieb führt und zugleich ambulante Pflegedienste in der Vatikanstadt versieht.

 

 

2. Der Orden in Amerika heute

 

a) Der Neubeginn

 

Die Wiedererrichtung des Ordens in Amerika begann 1901. Neue Gründungen wurden von diesem Zeitpunkt an durch die spanischen Provinzen und durch die portugiesische Provinz errichtet. Am 5. Dezember 1994 beschloß das Generaldefinitorium die drei bis dahin in Lateinamerika bestehenden Vizeprovinzen zu Provinzen zu erheben. So entstanden die Provinz Mexiko und Mittelamerika zu U.L. Frau von Guadalupe, die Provinz des Oberen Südamerika zum Ehrwürdigen P. Francisco Camacho und die Provinz des Unteren Südamerika zum hl. Johannes v. Avila.

 

1927 kamen französische Brüder nach Kanada, wo sie 1933 in Montreal das Krankenhaus “Notre Dame de la Merci” errichteten. 1941 gingen kanadische Brüder in die Vereinigten Staaten und gründeten 1953 ein eigenes Haus in West Adams Blvd. in Los Angeles. Portugiesische Brüder gründeten 1963 ein Krankenhaus in Divinopolis und legten damit den Grundstein zum heute in Brasilien bestehenden Ordenswerk, das eine Provinzdelegatur der portugiesischen Provinz ist.

 

 

 

 

b) Beschaffenheit und Tätigkeitsbereiche unserer Werke in Amerika

 

Der Orden hat in diesem Jahrhundert seine Sendung in Amerika gezielt auf die hilfsbedürftigsten Armen und Kranken konzentriert. Dabei arbeitete er in eigenen Einrichtungen, übernahm aber teilweise auch Einrichtungen der öffentlichen Hand und der Kirche.

 

Unsere Werke konnten lange Zeit hindurch nur dank der Spenden der Bevölkerung erhalten werden. Noch heute ist in einigen Ländern Südamerikas das Almosensammeln eine unerläßliche Hilfsquelle für unsere Häuser, obwohl beinahe überall durch die wirtschaftliche Entwicklung Abkommen zur Finanzierung der Häuser mit öffentlichen und privaten Sozialleistungsträgern bestehen.

 

Die psychiatrische Versorgung bildet den Tätigkeitsschwerpunkt des Ordens auf dem amerikanischen Kontinent. Praktisch alle Provinzen widmen einen Großteil ihrer Ressourcen der Pflege und Betreuung von geistig und psychisch kranken Menschen. Dieser Tätigkeitsbereich bildete, ähnlich wie in Spanien und Portugal, eine Konstante seit der Wiedererrichtung. Zweifellos gehören geistig und psychisch kranke Menschen in Lateinamerika zur schwächsten sozialen Kategorie. Aus diesem Grund widmeten der Selige Benedikt Menni und seine ersten Gefährten diesen Menschen ihre besondere Zuwendung.

 

Daneben bewahrte der Orden jedoch stets auch ein offenes Auge für andere Nöte und neue Bedürfnisse. So wurden etwa mehrere orthopädische Fachkliniken und Heime für schwerstbehinderte Kinder errichtet.

 

Daraus entwickelten sich die beiden heutigen Haupttätigkeitsfelder des Ordens in Südamerika: die Psychiatrie und die Betreuung behinderter Kinder. In der Zwischenzeit haben andere Bedürfnisse Aufnahme in die Tätigkeitsprogramme des Ordens gefunden: Obdachlosen, Alten und Randgruppen gehört die Aufmerksamkeit der Brüder ebenso wie Basismedizinprogrammen und heilerzieherischen Initiativen, die in Zusammenarbeit mit den Ordenskrankenhäusern durchgeführt werden.

 

Außer diesen praktischen Maßnahmen ist der Orden in Amerika bemüht, die Werte zu fördern und weiter zu vermitteln, die dem Charisma des hl. Johannes v. Gott zugrunde liegen. Dies geschieht durch die konkrete Förderung der Krankenpastoral, die Förderung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Verteidigung der ethischen Prinzipien der Kirche, die Humanisierung, durch Angebote zur fachlichen und humanen Fortbildung sowie durch eine vernünftige Anwendung der modernsten technischen Mittel.

 

Trotzdem bleibt noch viel zu tun. So wäre zum Beispiel ein breiter gefächertes Tätigkeitsspektrum denkbar. Außerdem wäre zu überlegen, ob der Orden seine Tätigkeit mehr auf einige Länder als auf andere konzentrieren sollte, um den Bedürfnissen der Kranken, Armen und Randgruppen wirksamer gerecht zu werden.

 

 

 

 

 

 

c) Länder, in denen der Orden tätig ist

 

In Südamerika ist der Orden wieder in den Ländern tätig, in denen er vor seinem Erlöschen im 19. Jahrhundert gewirkt hatte. Außerdem weitete er seinen Wirkungskreis auf Nordamerika aus. Konkret gibt es die Barmherzigen Brüder in folgenden Ländern:

 

Argentinien: Sanatorio San Juan de Dios (Ramos Mejia), Allgemeinkrankenhaus; Hospital San Juan de Dios (Lujan), psychiatrisches Fachkrankenhaus ; Consultorio San Juan de Dios (Hurlingham), Beratungsstelle.

 

Bolivien: psychiatrische Klinik "Gregorio Pacheco" (Sucre); psychiatrische Klinik “San Juan de Dios” (Cochabamba); psychopädagogisches Zentrum (Sucre).

 

Brasilien: Hospital Sao Joao de Deus (Divinopolis), Allgemeinkrankenhaus; Residencia Sao Joao de Deus (Itaipava), Altenheim; Hospital Sao Joao de Deus (Pirituba), Einrichtung für geistig Behinderte.

 

Chile: Sanatorio Maritimo San Juan de Dios (Vina del Mar), Heim für behinderte Kinder; Hospital Psiquiatrico Ntra. Sra. del Carmen (Santiago del Cile), psychiatrisches Fachkrankenhaus.

 

Ecuador: Centro de Reposo San Juan de Dios (Quito), Einrichtung für geistig kranke Menschen; Albergue nocturno San Juan de Dios (El Tejar-Quito), Obdachlosenheim.

 

Kanada: 1940 wurde die kanadische Ordensprovinz zur Gnadenvollen Jungfrau Maria errichtet. Später dehnten die kanadischen Brüder ihren Aktionsradius nach Vietnam und den Vereinigten Staaten aus. Zur Zeit gibt es drei Kommunitäten in Montreal und eine in Quebec. Die Brüder, 20 an der Zahl, sind in einer Therapiegemeinschaft für Drogenabhängige und in einem Heim für Obdachlose tätig und arbeiten in Krankenhäusern und anderen Diensten mit.

 

Kolumbien: Allgemeinkrankenhäuser: Clinica San Rafael (Santafe de Bogotá); Clinica San Juan de Dios (La Ceja); Hospital Parroquial Bto. Benito Menni (Machetà). Einrichtungen für geistig und psychisch kranke Menschen: Hospital San Rafael (Pasto); Clinica San Juan de Dios (Chia); Clinica San Juan de Dios (Manizales); Clinica N.S. de la Paz (Santafe de Bogotá). Weitere Einrichtungen in der Hauptstadt: Krankenpflegeschule "S. Rafael"; Instituto San Juan de Dios (Kolleg) und Centro de Salud San Juan Grande (Poliklinik in einem Elendsviertel).

 

Kuba: Sanatorio San Juan de Dios (Havanna), Einrichtung für geistig kranke Menschen; Clinica San Rafael (Havanna), ursprünglich ein Heim für poliokranke Kinder, heute Altenheim. Zur Zeit wird ein Altenheim in Camaguey gebaut.

 

Mexiko: Sanatorio Psiquiatrico San Juan de Dios (Zapopan), psychiatrische Klinik; Sanatorio Psiquiatrico N.S. de Guadalupe (Cholula), psychiatrische Klinik; Clinica San Rafael (Tlalpan); psychiatrische Klinik.

 

Peru: Hogar Clinica San Juan de Dios (Lima), orthopädisches Fachkrankenhaus; Hogar Clinica San Juan de Dios (Arequipa), Kinderkrankenhaus, an das ein Rehabilitationszentrum angeschlossen ist und von dem aus von den Brüdern eine Pfarrei mitbetreut wird; Clinica San Juan de Dios (Chiclayo), Heim für behinderte Kinder; Clinica San Juan de Dios (Cuzco), Heim für behinderte Kinder; Centro de Reposo San Juan de Dios (Piura), psychiatrische Einrichtung.

 

Venezuela: Hospital San Juan de Dios (Caracas), Kinderkrankenhaus; Clinica San Rafael (Maracaibo), Kinderkrankenhaus mit Unfallmedizin, Orthopädie und Rehabilitation. Hospital San Juan de Dios (Merida), psychiatrische Klinik.

 

Vereinigte Staaten: 1950 wurden die Häuser in den USA zu einer Vizeprovinz und einige Jahre später zur Provinz zur Seligsten Jungfrau von den Engeln erhoben. Heute hat die Provinz drei Häuser, die sich in Los Angeles, Ojai e Apple Valley befinden. Außerdem hat der Orden ein Heim für lernbehinderte Menschen im Bundesstaat New Jersey, das von der irischen Provinz betrieben wird.

 

 

3. Afrika: neue Lebenskraft für den Baum der Hospitalität

 

a) Treue zum Charisma in schwierigen Situationen

 

Unser Orden ist entstanden, um für die Schwächsten da zu sein. In Afrika war es für den Orden nie schwer, diesem Kernauftrag treuzubleiben, weil die Brüder und ihre Werke überall gebraucht und geschätzt werden. Im Gesundheitsdienst in Afrika besteht nämlich nach wie vor großer Handlungsbedarf, so daß unsere Arbeit allerorts als dringend notwendig bezeichnet werden kann.

 

Der Orden verfügt nicht über eine Struktur bzw. über die notwendigen Mittel, um Katastrophensituationen zu bewältigen. Das ist auch nicht seine Aufgabe. Doch wenn solche Situationen dort, wo wir Brüder tätig sind, eintreten, sind wir stets an der Seite der Kranken und Hilfsbedürftigen geblieben.

 

In den letzten Jahren hat die soziale, politische und wirtschaftliche Instabilität in vielen Ländern Afrikas zu von Gewalt und Krieg beherrschten Situationen geführt, die zahlreiche Opfer gefordert haben. Obwohl bisher kein Bruder in Afrika eines gewaltsamen Todes gestorben ist, stehen wir in verschiedenen von Krieg und Gewalt heimgesuchten Regionen an vorderster Front. Im folgenden möchten wir in diesem Zusammenhang besonders auf die Lage in drei Nationen hinweisen:

 

·      Mozambique: Im Juni 1975 kamen Unabhängigkeitsbewegungen totalitärer Prägung (mit an der Spitze FRELIMO) an die Macht, von denen die Verstaatlichung aller Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen, einschließlich der der Kirche und des Ordens, angeordnet wurden.

 

     Die Brüder kehrten darauf nach Portugal zurück, mit Ausnahme von Fr. Manuel Nogueira, der sich weiter der Pflege von Kranken und der Evangelisierung widmete, wofür er 1979 zweimal ins Gefängnis kam. Heute leben und wirken Brüder, zwar in ruhigeren Gegebenheiten, aber nicht ohne Schwierigkeiten (unsere ehemaligen Werke sind immer noch beschlagnahmt), in Nampula.

 

·      Liberia: 1990 kam es durch eine Gruppe von Rebellen zu einem bewaffneten Aufstand gegen das damalige Regime. In den erbitterten Kämpfen, die unzählige Menschenleben, darunter auch das des Staatspräsidenten, kosteten, wurde unser Krankenhaus zu einem Zufluchtsort für viele Menschen, die vor dem Krieg flüchteten. Die Brüder haben in dieser Zeit Großartiges unter humanitärem und evangelischem Gesichtspunkt geleistet, bis man sie evakuierte. Danach wurde unser Krankenhaus geplündert und schwer beschädigt.

 

     Sofort nach dem Krieg kehrten die Brüder, trotz der unsicheren Verhältnisse, am 7. Juni 1991 nach Liberia zurück, um das Krankenhaus wieder aufzubauen und ihre missionarische Tätigkeit wieder aufzunehmen. Im April 1996 flammte der Konflikt erneut mit dramatischen Folgen für die Zivilbevölkerung auf. Trotzdem beschlossen die Brüder freiwillig, in ihrem Krankenhaus in der Hauptstadt Monrovia zu bleiben.

 

·      Sierra Leone: Analog zu dem Nachbarland Liberia kam es in Sierra Leone 1995 zu einem bewaffneten Aufstand durch eine Gruppe von Rebellen gegen die Staatsregierung. Die Folge war Terror, Zerstörung und der Tod unzähliger Menschen. Nachdem durch die Abhaltung demokratischer Wahlen die Befriedung des Landes erreicht zu sein schien, stürzte ein neuer Staatsstreich im Jahr 1997 das Land erneut ins Chaos.

 

     Die Brüder, die in unserem Missionskrankenhaus in Lunsar im Inneren des Landes im Einsatz sind, leben in ständiger Bedrohung. In das Krankenhaus sind bereits mehrere Male bewaffnete Rebellen eingedrungen. In der Umgebung kam es zu schweren Auseinandersetzungen. Bisher sind die Brüder noch jedesmal mit dem Schrecken davongekommen und widmen sich weiter unerschrocken den vielen Kranken, Hilfesuchenden und Flüchtlingen, die zu ihnen kommen.

 

 

b) Bemühungen, den Orden nach Afrika zu verpflanzen

 

Der Hospitalorden begann sein Wirken in Afrika im 20. Jahrhundert mit einer Gründung in Mozambique (1943), auf die bald weitere folgten, und zwar in Somalia (1955), Ghana (1956), Togo (1961), Sambia (1962), im Indischen Ozean auf der Insel La Reunion (1962), Liberia (1963), Sierra Leone (1967), Kamerun (1968), Benin (1970), Senegal (1975) und Malawi (1992). Einige dieser Gründungen wurden zu stabilen Niederlassungen, andere mußten aufgegeben oder woanders hin verlegt werden. Dieser starke missionarische Impuls ist einerseits der wachsenden Brüderzahl zu verdanken, die die europäischen Provinzen (Portugal, Spanien, Italien, England und Frankreich) in dieser Zeit verzeichneten, und andererseits dem Wunsch, dem Appell zur Missionsarbeit Folge zu leisten, den die Kirche mit besonderem Nachdruck nach dem II. Vaticanum lanciert hatte. Der Orden mobilisierte eine große Zahl von Brüdern und Mitteln für den afrikanischen Kontinent. Und auch als sich in den Mutterprovinzen der Rückgang der Berufe empfindlich spürbar machte, blieb dieser Missionsbereich ein privilegierter Tätigkeitsschwerpunkt des Ordens.

 

 

c) Konkrete Maßnahmen mit diesem Ziel

 

Unser Orden ist sich seit jeher bewußt, daß er mit seiner Sendung daran mitwirken soll, das Reich Gottes bis in die verborgensten Winkel der Erde auszubreiten. In Afrika hat er dazu in diesem Jahrhundert große Anstrengungen unternommen. Die wichtigsten Maßnahmen in diesem Sinn waren folgende:

 

·      Eine Gruppe von Provinzen beschließt, das Werk des Ordens nach Afrika auszuweiten. 1943 gründet die portugiesische Provinz die erste Niederlassung des Ordens in diesem Jahrhundert in Afrika. Andere Provinzen ziehen nach.

 

·      Mit der Schaffung einer Abteilung für Missionskunde, die, wie wir weiter vorne gesehen haben, 1955 an die Schule für Spiritualität angeschlossen wurde, gaben P. General Moses Bonardi und sein Nachfolger P. Higinio Aparicio der Missionstätigkeit des Ordens einen bedeutenden Impuls.

 

     Durch sie wurde ordensweit eine neue Sensibilität für die Missionen gefördert. Zahlreiche Brüder wurden an ihr in qualifizierter Weise auf ihren späteren Einsatz in den Missionen vorbereitet. Die Brüder, die an ihr ausgebildet wurden, aber dann nicht in die Mission gingen, trugen dazu bei, das Bewußtsein und die Sensibilität für die Missionen zu stärken. Es steht außer allem Zweifel, daß diese Schule einen maßgeblichen Beitrag zur Verstärkung des missionarischen Wirkens des Ordens geleistet hat

 

·      Ausgehend von den 50iger Jahren stellten immer mehr Provinzen Mittel und Brüder für die Missionstätigkeit zur Verfügung. In wenigen Jahren entstanden so zahlreiche Neugründungen, in denen bis heute eine intensive apostolische, soziale und gesundheitsfördernde Arbeit betrieben wird.

 

·      Eine der Hauptsorgen in Afrika war immer die Erweckung und Ausbildung einheimischer Berufe. Insbesondere seit den 80iger Jahren, in denen das Buch “Die Ausbildung des Barmherzigen Bruders” auf Gesamtordensebene erschien, geht man in diesem Bereich in koordinierterer und systematischerer Form vor.

 

·      Die Errichtung der afrikanischen Generaldelegatur leitete eine wichtige Entwicklung ein. Es war nicht leicht, Brüder, Konvente und Werke aus verschiedenen Kulturkreisen zusammenzubringen. Trotzdem gelang es 1989 unter P. General Brian O’Donnell, nachdem es einige Jahre hindurch einen Koordinator für alle Häuser Afrikas gegeben hatte, die Generaldelegatur zu errichten, die ein praktisches Zeichen der Offenheit und Universalität setzte. Das Projekt dazu war bereits unter dem Generalat von P. Pierluigi Marchesi entstanden.

 

     Unter der Leitung der Generaldelegatur wurden auf dem Schwarzen Kontinent große Schritte nach vorne in verschiedenen Bereichen gemacht: Ausbildung, Leitung und Verwaltung, Lebensstil u.v.a. Trotzdem bleibt noch ein großes Stück Weg zurückzulegen.

 

·      Die Arbeit, die der Orden in Afrika leistet, ist sehr umfangreich und von unschätzbarem Wert.

 

·      Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir zum Schluß unterstreichen möchten, ist die Aufnahme und Eingliederung zahlreicher ehrenamtlicher Helfer aus dem Ausland in unseren Häusern für befristete Zeit. Von diesen Einsätzen profitieren nicht nur die Brüder und die Werke, sondern auch die Helfer selbst, die nach Afrika kommen. An ihnen vollzieht sich nämlich auf sinnbildliche Weise der Ausspruch des hl. Johannes v. Gott: “Brüder, tuet euch selbst Gutes..."

d) Die Internationalität der Ausbildungszentren

 

Zu Beginn wurde die Ausbildung in Afrika wie in den Mutterprovinzen durchgeführt. In manchen Fällen gab man die Postulanten nach Europa, weil sich die Brüder in der Mission nicht in der Lage fühlten, als Ausbilder zu fungieren. Diese Maßnahme erwies sich jedoch schon bald als ein Mißerfolg. Angesichts der Unbeständigkeit der einheimischen Berufe in Europa beschloß man so, die Ausbildungstätigkeit erneut direkt in Afrika vorzunehmen.

 

Da in diesen Jahren jedes Missionshaus des Ordens in Afrika von einer anderen Provinz abhing und die Entfernungen unter ihnen sehr groß waren, war jedes Haus gezwungen, den ganzen Ausbildungszyklus allein zu bewerkstelligen, was natürlich mit großen Schwierigkeiten verbunden war.

 

In den 70iger Jahren begannen die in Afrika tätigen Brüder den Austausch untereinander zu suchen, gemeinsame Lösungen anzustreben und gewisse Bereiche untereinander zu koordinieren. Der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde 1980 erreicht, als in Rom unter dem Generalat von P. Pierluigi Marchesi im Rahmen der Erneuerungskurse auch ein Kurs für die in der Mission tätigen Brüder abgehalten wurde.

 

Trotzdem blieben einige Schwierigkeiten bestehen. Insbesondere im Bildungsbereich fehlte es an Brüdern mit der notwendigen Eignung, um dem afrikanischen Nachwuchs, der immer zahlreicher an die Türen des Ordens klopfte, eine angemessene Ausbildung zu gewährleisten. Anfang der 80iger Jahre beschlossen die kastilische und die aragonische Provinz, ihre Novizen in das Noviziat der andalusischen Provinz nach Nguti in Kamerun zu geben, und eröffneten so einen neuen Zyklus fruchtbarer Zusammenarbeit. Bald verfuhr man auch mit den Scholastikern in der gleichen Weise und bildete sie gemeinsam in Afagnan in Togo aus, wo sie, neben ihrer religiösen und humanen Bildung, in Zusammenarbeit mit der Krankenpflegeschule des Krankenhauses “Villa San Pietro” der römischen Provinz ihre fachliche Ausbildung zu Krankenpflegern erhielten.

 

Die Zusammenarbeit verlief jedoch nicht ohne Rückschritte und Schwierigkeiten. Deswegen berief der Generalprior im März 1985 eine Versammlung nach Afagnan in Togo ein, bei der einstimmig beschlossen wurde, daß der Orden durch die Gewinnung und Ausbildung einheimischer Berufe endgültig in Afrika heimisch gemacht werden sollte und dazu alle beteiligten Provinzen Personal und Mittel zur Verfügung stellen sollten. Als konkrete Schritte dazu wurden der Bau eines gemeinsamen Noviziates in Lomé (Togo) sowie eines gemeinsamen Scholastikates in Koforidua (Ghana) beschlossen. Den beiden Zentren wurde ein internationales Gepräge gegeben, um den Kandidaten eine möglichst homogene Ausbildung zu gewährleisten.

 

Im November 1986 fand in Lomé (Togo) am Sitz des Noviziats unter der Leitung von Fr. Valentin Riesco der erste Ausbildungskurs für die in Afrika in der Ausbildung tätigen Brüder statt. Bei dem Kurs, an dem zehn Brüder teilnahmen, wurden die Kriterien und Leitlinien des Buches “Die Ausbildung des Barmherzigen Bruders” auf die afrikanischen Gegebenheiten übertragen. Bei zwei Folgetreffen wurde Zielkontrolle gehalten und neue Pläne entworfen.

 

1986 genehmigte die Regierung von Togo die Errichtung einer Krankenpflegeschule am Ordenskrankenhaus in Afagnan, an der in der Folge die jungen Brüder ihre Ausbildung zu Krankenpflegern erhielten. Die Schule nahm den Betrieb am 12. Dezember 1989 mit einer ersten Klasse von 20 Schülern auf. Aus der Schule sind bis heute 36 Diplomkrankenpfleger und 44 Hilfskrankenpfleger hervorgegangen. In den Schulkurs 1994-1997 sind 27 Schüler eingeschrieben. Bedauerlicherweise ist der Schule bisher nicht die Befugnis zuerkannt worden, die entsprechenden Studientitel zu vergeben. Verhandlungen in diesem Sinn sind, vor allem zum Wohl der Schüler, mit den verantwortlichen Behörden im Gang

 

Die Internationalisierung der Ausbildungszentren hat sich als ein sehr kluger Schritt zur festeren Konsolidierung des Ordens in Afrika herausgestellt. Durch die Zusammenlegung der Ausbildungszentren hat nicht nur die Qualität der Ausbildung gewonnen, sondern wurde auch der Zusammengehörigkeitssinn der afrikanischen Brüder gestärkt, was angesichts der großen Verschiedenheit an Kulturen, Denkweisen, Brauchtümern usw. grundlegend für ihre gemeinsame Zukunft ist.

 

 

e) Die afrikanische Generaldelegatur

 

Der Grundstein zu ihr wurde bei der Versammlung in Afagnan im Jahr 1985 gelegt, als man beschloß, eine zentrale Koordinationsstelle unter Einbezug folgender Länder zu schaffen: Senegal, Sierra Leone, Liberia, Ghana, Togo, Benin und Kamerun. Das Hauptziel dieser Maßnahme war, bestimmte allgemeine Kriterien, vor allem im Bildungsbereich, zu vereinheitlichen. Zum ersten Generalkoordinator wurde Fr. Justino Izquierdo berufen, der 1986 von Fr. Juan Bautista Carbò abgelöst wurde.

 

In den vier Jahren, in denen diese Koordinationsstelle bestand, konnte die Zusammenarbeit unter den Ordenshäusern in Westafrika bedeutend verbessert werden. Bei mehreren Treffen am Sitz der Koordinationsstelle und im Noviziat in Lomè (Dezember 1986 und Januar 1988) wurde die eingeschlagene Richtung bestätigt und neue Impulse zur Weiterführung des Erreichten gegeben..

 

Nach den Provinzkapiteln 1989 berief die Generalleitung ein Treffen nach Los Molinos (Madrid) mit den neuen spanischen Provinzialen und den Brüdern ein, die aus Afrika zu den Provinzkapiteln gekommen waren. Außerdem wurden die Provinziale aus England und Portugal eingeladen. Bei dem Treffen wurde die Errichtung der afrikanischen Generaldelegatur beschlossen, die dann später von den betroffenen Provinzdefinitorien ratifiziert wurde. Aus der zentralen Koordinationsstelle wurde die afrikanische Generaldelegatur, die man unter den Schutz des heiligen Richard Pampuri stellte. Auch Sambia und Mozambique schlossen sich ihr an. Zum ersten Generaldelegaten wurde der ehemalige Generalkoordinator Fr. Juan Bautista Carbò berufen, dem Fr. Justino Izquierdo, Fr. Benoit Lokossou und Fr. Ivo Tangwa Tatah als Räte zur Seite gestellt wurden.

 

Unter der Leitung der Generaldelegatur gelang es, ein gemeinsames Vorgehen im Bereich der Berufepastoral durchzusetzen, gemeinsame Aufnahmekriterien für die Kandidaten festzulegen, ein stärkeres, gemeinsames Denken auszubilden und den Kommunitäten ein internationales Gepräge zu geben.

 

Die wichtigsten Fortschritte wurden zweifellos im Bereich der Berufepastoral erzielt. Obwohl man bereits seit 1986 gemeinsame Pläne entworfen hatte, gab es bei der Umsetzung in der Praxis große Schwierigkeiten. Allmählich schaffte man es jedoch, nicht zuletzt dank der großen Opferbereitschaft mancher Brüder, in den Ausbildungszentren eine wirksame Bildungsarbeit zu realisieren und nach den Kriterien des Ausbildungsbuches des Ordens vorzugehen. Die Früchte haben nicht auf sich warten lassen: Heute zählt der Orden in Afrika 80 einheimische Brüder, die unserer Ordensfamilie zu großer Hoffnung Anlaß geben.

 

 

f) Errichtung von zwei neuen Provinzen in Afrika

 

Die afrikanische Generaldelegatur erfüllte weitgehend die Hoffnungen und Erwartungen, die man in sie gesetzt hatte und bereitete den Boden für die Errichtung der zwei neuen Provinzen vor. Nach der Befragung aller Brüder und dem Studium aller gangbaren Optionen, beschloß man bei der Konferenz der Delegatur, die vom 14. bis 19. April 1997 in Lomé (Togo) unter dem Vorsitz von P. General Pascual Piles stattfand, daß die Ordenshäuser in Afrika nach ihrer geographischen und sprachlichen Zugehörigkeit in zwei Provinzen gegliedert werden sollten. Aus dem englischsprachigen Teil wurde die Provinz zur Mutter der Barmherzigkeit mit Häusern in Ghana, Sierra Leone, Liberia, Kamerun und Sambia. Aus dem französischsprachigen die Provinz zum hl. Richard Pampuri mit Häusern in Senegal, Togo, Benin und Mozambique.

 

Das Generaldefinitorium hat diesen Beschluß bei einer Sitzung am 25. April 1997 ratifiziert und die Provinziale und Provinzräte der beiden neuen Provinzen ernannt. An die Spitze der Provinz zur Mutter der Barmherzigkeit wurden Fr. José M. Viadero als Provinzial und die Brüder Raphael Ngong Teh, sac., Justino Izquierdo, John Oppong, sac., und Ngha Nicholas Mue als Provinzräte berufen. Die Brüder Jesús Labarta, Leopold Gnami, José M. Chavarri, Benoit Lokossou und Fiorenzo Priuli wurden hingegen zum Provinzial bzw. Provinzräten der Provinz zum hl. Richard Pampuri ernannt.

 

Der Weg zu diesen Entscheidungen war lang und mühsam. Auch der Weg in die Zukunft kündigt sich schwierig und anstrengend an, wenn man die Größe, Entfernungen und die sprachliche und kulturelle Verschiedenheit bedenkt. Doch mit der großen Opferbereitschaft, die die Brüder bisher gezeigt haben, werden auch diese Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden werden. Wir haben die feste Zuversicht, daß durch die Errichtung der beiden Provinzen das Wirken des Ordens in Afrika einen wichtigen neuen Impuls erhalten wird.

 

 

4) Asien: Die Barmherzigen Brüder in einer Kultur voller Kontraste

 

Auf dem asiatischen Kontinent hat der Orden in den letzten 35 Jahren einen großen Beitrag zum Evangelisierungswerk der Kirche vor allem in den Entwicklungsländern geleistet. Unsere in Asien tätigen Brüder haben in teilweise sehr verschiedener Weise auf die Bedürfnisse der Armen und Kranken geantwortet. Der Orden hat die Entwicklung der staatlichen Gesundheitsdienste und - programme dadurch gefördert, daß er, ohne in Konkurrenz zu den öffentlichen Einrichtungen zu treten, neue Pflege- und Betreuungsmodelle eingeführt hat.

 

In den asiatischen Ländern, wo die Gesundheitsstrukturen fehlten, konzentrierte der Orden seine Tätigkeit auf medizinische Programme, bei denen ganz besonders der soziale Hintergrund beachtet wurde. Solche Programme fordern von den Verantwortlichen nicht nur die Fähigkeit, partnerschaftliche Beziehungen zur Zielbevölkerung aufzubauen und in Teamarbeit vorzugehen, sondern auch ein großes Einfühlungsvermögen für die Lage der Armen. Vor allem ist dazu aber notwendig, daß sie vom Charisma der Hospitalität durchdrungen sind.

 

Israel: Nach Israel kamen die Brüder 1891. Auf die Initiative von P. Alfieri wurden zwei Krankenhäuser gegründet: eines in Tantur (Jerusalem) und eines in Nazareth, in denen zwei Konvente zum Krankendienst und zur Ausübung des missionarischen Apostolats gebildet wurden. Heute hat der Orden in Israel nur mehr das Krankenhaus in Nazareth, das von der lombardischen Provinz abhängt.

 

Japan: Die bayerische Provinz gründete 1951 ein Werk in Kobe. Heute ist Japan eine Provinzdelegatur mit zwei Werken. Da die japanische Gesellschaft den Wert des Menschen in eminenter Weise an seiner Leistungsfähigkeit mißt, ist das christliche Zeugnis der Brüder mit ihrer Zuwendung zu den Schwächsten für die Kirche von großer Bedeutung.  Dieses Zeugnis geben die Brüder, indem sie sich um Menschen kümmern, die lange Aufenthalte in psychiatrischen Krankenhäusern hinter sich haben und längere Pflege und Betreuung brauchen.

 

     Das fürchterliche Erdbeben am 17. Januar 1995 hat den Konvent und die Kappelle der Brüder in Kobe-Suma vollständig zerstört und das Gebäude der Einrichtung teilweise schwer beschädigt. Glücklicherweise gab es weder Tote noch Schwerverletzte. Nach dem ersten Schock gelang es den japanischen Brüdern mit der Hilfe der bayerischen Provinz und einem Zuschuß der Regierung, die Gebäude in kurzer Zeit wieder zu errichten. Das zweite Haus in Kobe-Kita überstand das Erdbeben, ohne Schäden zu erleiden.

 

     Die Einrichtung in Kobe‑Suma nimmt auch Patienten für kurze Aufenthalte auf, z.B. zur Erholung von Krankheiten, und bietet auch nichtmedizinische Dienste, wie z.B. Kneippkuren, an. Den zahlreichen nichtchristlichen Patienten kommen die Brüder durch ein ökumenisches Pastoralprogramm entgegen.

 

     In Kobe-Kita führen die Brüder ein Pflegeheim für geistig behinderte Menschen. Das Programm dieses Zentrums ist auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten.

 

     In einem Land, in dem die Christen gerade 1% der Bevölkerung ausmachen und es im ganzen 430.000 Katholiken gibt, ist die Zahl der Ordensberufe natürlich sehr gering. Trotzdem zählt der Orden mehrere japanische Brüder mit feierlicher Profeß.

 

Vietnam: Kanadische Brüder gingen 1952 nach Vietnam und ließen sich im Norden des Landes nieder. Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs wurde das Krankenhaus der Brüder in Tan Bien (Ben Hoa City) vom Staat beschlagnahmt. Dasselbe Schicksal wurde dem Noviziat in Da Nang City zuteil. Die kanadischen Brüder mußten das Land verlassen. Seitdem gab es zu den vietnamesischen Brüdern nur sporadische Kontakte, die größtenteils über die französische Provinz liefen. In jüngster Vergangenheit hat sich die Lage jedoch wesentlich verbessert, so daß heute ein direkter Kontakt möglich ist. Weiterhin schwierig ist aber, die Erlaubnis dafür zu erhalten, daß Vertreter der Kirche aus dem Ausland, darunter auch die Mitglieder unserer Generalleitung, in einem örtlichen Ordenshaus wohnen dürfen, wenn sie zu Besuch kommen. Ebenso schwierig ist es, daß einheimischen, vietnamesischen Ordensleuten die Ausreise genehmigt wird.

 

     Die Kapelle der Brüder ist dauernd mit Menschen gefüllt, die kommen, um vor dem Allerheiligsten und den Bildern der Gottesmutter, des hl. Johannes v. Gott und des hl. Richard Pampuri zu beten. Ein weiterer vielbesuchter Ort ist das Grab von Fr. William Gagnon, einem Mitbruder amerikanischer Abstammung, das sich im Friedhof neben dem Haus der Brüder in Tan Bien befindet. Fr. William gehörte zur kanadischen Provinz und war der Gründer des Ordenswerkes in Vietnam. Gemeinsam mit anderen kanadischen Brüdern war er zuerst als Missionar in Nordvietnam tätig und flüchtete dann bei Ausbruch des Krieges in den Süden. Fr. William ist als ein vorbildhafter Barmherziger Bruder im Gedächtnis der Bevölkerung verhaftet geblieben und genießt große Verehrung. Jeden Tag pilgern Patienten des Krankenhauses und zahlreiche andere Menschen zu seinem Grab. Im Leben wie im Tod ist er seinen Brüdern und den Menschen in Vietnam nahe geblieben. Er liebte Land und Leute aus ganzem Herzen und diente ihnen mit großer Hingabe und Opferbereitschaft.

 

     Mehrere einheimische Brüder haben das Diplom zur Ausübung der orientalischen Medizin und der Akupunktur erlangt. Diese arbeiten in Sozialstationen, wo vor allem Arme gepflegt werden. Außerdem führen die Brüder einen Betrieb zur Herstellung von Heilkräuterpräparaten, die sie nicht nur in ihren Sozialstationen vertreiben, sondern auch an die umliegenden Krankenhäuser abgeben.

 

     Die Brüder werden von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern unterstützt. In sieben Pfarrgemeinden sind Bruderschaften des hl. Johannes v. Gott mit jeweils mehr als 30 Mitgliedern entstanden, die Krankenbesuche machen und Sterbende begleiten. Diese an der Gestalt des hl. Johannes v. Gott orientierten Pfarrgruppen haben um ihren Anschluß an den Orden gebeten, um an seinen geistlichen Gütern teilzuhaben. Der feierliche Anschluß fand während des Besuches von P. General im Jahr 1995 statt.

 

     Trotz großer Einschränkungen gelang es den vietnamesischen Brüdern, viele neue Berufe zu gewinnen und ihnen eine solide Ausbildung zu geben. Ende 1995 gab es 70 Barmherzige Brüder in Vietnam. Der ständige Zuwachs an neuen Berufen ist ein vielversprechendes Zeichen für die Zukunft des Ordens in Vietnam.

 

Korea: 1959 kamen irische Brüder nach Südkorea. Heute ist Südkorea eine Provinzdelegatur mit drei Werken. Das große Verdienst der Barmherzigen Brüder in Südkorea ist, daß sie die Betreuung geistig und psychisch kranker Menschen humanisiert haben und so ein wichtiges prophetisches Zeichen in diesem Sektor des Gesundheitsdienstes gesetzt haben. Die Zukunft kündigt sich angesichts des zahlreichen Nachwuchses sehr vielversprechend an.

 

     Seit der Inbetriebnahme des Krankenhauses in Kwangju im Jahr 1960 hat der Orden sein Tun rigoros in den Dienst der Armen gestellt, die sich die kostspielige Behandlung in den bestehenden Gesundheitseinrichtungen nicht leisten konnten. Neben der Hinwendung zu den Ärmsten wurden die Brüder auch in ökumenischer Hinsicht tätig, indem sie ein Verhältnis enger Zusammenarbeit mit dem örtlichen Krankenhaus der Presbyterianer zur Versorgung mittelloser Kranker aufbauten, aus dem sich enge persönliche Beziehungen zwischen den beiden Gruppen entwickelt haben.

 

     Das Krankenhaus wurde zugleich zum Stützpunkt verschiedener Hilfsmaßnahmen im Einzugsgebiet. So wurden beispielsweise regelmäßige Besuche in einem naheliegenden Dorf mit Leprakranken gemacht, auf der Straße lebenden Kindern und Jugendlichen unentgeltlich medizinische Behandlung angeboten und ein von der öffentlichen Hand verwaltetes Armenhaus unterstützt. Über 15 Jahre lang haben Brüder, Novizen und Postulanten ehrenamtlich jeden Tag in diesem Haus gearbeitet, in dem über 400 Personen in unmenschlichen Verhältnissen lebten. Ganz besonders schlimm war die Lage der Geisteskranken und der Waisen. Mit der Genehmigung der öffentlichen Behörden hat der Orden auf dem Gelände des Hauses ein Gebäude für die Pflege geistig kranker Menschen errichtet. Dieses Zentrum war damals für Südkorea ein Pilotprojekt.

 

     Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der damit einhergehenden Verbesserung des Lebensstandards wurden auch in Korea Sozialversicherungen eingeführt, durch die heute auch die medizinische Versorgung des armen Bevölkerungsteiles größtenteils gesichert wird.  Die Klinik der Brüder ist auf Hautkrankheiten, Kinderheilkunde und interne Medizin spezialisiert und wird von vielen Patienten in Anspruch genommen. Sie dient weiterhin als Stützpunkt für vielfältige Initiativen. Dazu gehört die Hauskrankenpflege bei Sterbenden und unheilbar Kranken ebenso wie ein Zentrum für Krebspatienten in der Endphase, ein Programm für Altenpflege ebenso wie ein Dienst für psychisch kranke Menschen.

 

     Gestützt auf die Erfahrungen, die mit dem obenerwähnten Pilotprojekt im Bereich der Arbeit mit geistig kranken Menschen gesammelt wurden, hat der Orden einen innovativen psychiatrischen Dienst aufgebaut, der mehr den Charakter eines “Lebenszentrums” als einer Heilanstalt hat. Diese Leistung hat bei der Bevölkerung große Anerkennung gefunden. Bis heute ist das Haus der Brüder ein gern besuchter Ort zur Weiterbildung der in diesem Bereich tätigen Heilberufe. Von den Barmherzigen Brüdern Koreas und ihren Mitarbeitern sind eine Reihe wissenschaftlicher Bücher und Abhandlungen zum Thema Geisteskrankheiten und psychischen Problemen veröffentlicht worden.

 

     In Chuncheon, einer nordöstlich von der Hauptstadt Seul gelegenen Stadt, übernahm der Orden 1984 auf Bitten der zivilen Behörden und des Ortsbischofes, der vor seinem Tod 1994 erklärte, daß eines der wichtigsten Werke, das ihm als Bischof gelungen sei, die Gewinnung der Barmherzigen Brüder für seine Diözese gewesen sei, eine Nachtherberge für 150 Obdachlose. Das Heim wird vom Orden und der Gemeindeverwaltung partnerschaftlich geführt.

 

     1990 hat der Orden auf Bitten der Erzdiözese Seoul ein Zentrum für junge lernbehinderte Menschen errichtet. Wegen der Knappheit an Mitteln und Personal spielen ehrenamtliche Helfer und ganz besonders Universitätsstudenten bei der Durchführung der Förderungsprogramme für die Heimbewohner eine bedeutende Rolle.

 

     Die Brüder in Korea haben erkannt, daß sie, wenn sie weiterhin wirksam im Dienst der Armen tätig sein wollen, alternative Wege bei der Beschaffung der erforderlichen finanziellen Mittel gehen müssen. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Abteilung geschaffen, die ausschließlich mit der Sammlung von Spenden für die Werke des Ordens befaßt ist. Die gesammelten Gelder werden nach dem Gutachten der höheren Oberen für Projekte zugunsten der Armen oder für Projekte, die vom Staat oder anderen Sozialträgern keine Hilfe bekommen, eingesetzt.

 

Indien: Die Entstehung des indischen Ordensteiles ist von zwei interessanten Aspekten gekennzeichnet. Zum einen gehörten zur Gründergruppe, die 1969 aus der rheinischen Provinz in Deutschland kam, zwei einheimische Brüder, die bereits Profeß gemacht hatten. Zum anderen wurde von Fr. Fortunatus Thanhäuser, der ebenfalls Mitglied der Gründergruppe war, eine neue Schwesternkongregation ins Leben gerufen. Die Schwestern von der Nächstenliebe des hl. Johannes v. Gott, so ihr Name, die 1992 ihr erstes Generalkapitel feierten, arbeiten eng mit den Brüdern zusammen.

 

     Am 1. Januar 1997 wurde die bisherige Indische Provinzdelegatur der Rheinischen Provinz zur Indischen Generaldelegatur erhoben

 

     Obwohl das wichtigste Werk der Brüder in Indien ein Allgemeinkrankenhaus ist, haben sie ein weitgespanntes Tätigkeitsspektrum, zu dem u.a. ein Armenhaus für chronisch Kranke, ein Altenheim, eine Sozialstation und nicht zuletzt auch ein Wohnbauprogramm gehören, durch das bis heute mehr als 2000 armen Familien ein Heim gegeben werden konnte. Während der laufende Bedarf des Allgemeinkrankenhauses des Ordens in Kattappana im allgemeinen aus eigenen Mitteln abgedeckt werden kann, sind die anderen Werke weitgehend auf Hilfe aus dem Ausland, vor allem aus Österreich und Deutschland, angewiesen. Das Missionswerk der Brüder in Indien wird seit seiner Gründung maßgeblich von der Österreichischen und von der Bayerischen Provinz unterstützt- Der in Deutschland operierende Verein "Indienhilfe des Hospitalordens vom hl. Johannes von Gott e. V." finanziert seit 1979 ausgewählte Projekte des Ordens in Indien.

 

     In Kattappana, der ersten Gründung, haben die Brüder am Krankenhaus auch eine Krankenpflegeschule errichtet, die von der Mahatma Gandhi-Universität anerkannt ist. Im Krankenhaus kann unentgeltlich eine Notaufnahme und ein ophtalmologischer Dienst in Anspruch genommen werden, deren ehrenamtliche Helfer auch regelmäßig Besuche in den armen Dörfern der Umgebung machen.

 

     Im Pratheeksha Bhavan (Haus der Hoffnung) in der Nähe des Krankenhauses betreuen die Brüder und Schwestern liebevoll Menschen mit chronischen Krankheiten. In dem Haus werden auch Kinder aus armen Familien aufgenommen und mittellose Familien unterstützt, die sich in Not befinden.

 

     In Poonamalle (Madras/Chennai) befindet sich der Sitz der indischen Generaldelegatur, das Noviziat, das Postulantat und das Prä-Postulantat. An das Zentrum ist ein Altenheim mit einer kleinen Sozialstation für arme Familien angeschlossen.

 

     In Deshgaon in Zentralindien ist eine weitere Gründung des Ordens. Dabei handelt es sich um ein Gesundheitszentrum mit einigen Zimmern für Notfälle, das auch ambulante Dienste in den umliegenden Dörfern durchführt.

 

     In Velloor (Kerala) wird zur Zeit die Gründung einer Behinderteneinrichtung vorbereitet.

 

     Der Orden verzeichnet in Indien einen ständigen Zuwachs an neuen Berufen. Die jungen Brüder werden zu Krankenpflegern ausgebildet oder erlernen andere Sozialberufe und erhalten eine profunde Ausbildung im Geist des hl. Johannes v. Gott, um die Werte und die Philosophie des Ordens später wirksam in die Praxis umsetzen zu können.

 

Philippinen: Der langgehegte Traum des Ordens, auf die Philippinen zurückzukehren, ging 1988 in Erfüllung, als die römische Provinz ein Ausbildungszentrum und eine Sozialstation in Quiapo, einem Elendsviertel von Manila, gründete. In einem Land mit so großen Unterschieden, schwelenden Spannungen und beschränkten Mitteln kann unser Orden einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.

 

     Die Sozialstation in Quiapo ist zwischenzeitlich zu einer Poliklinik umfunktioniert worden, die unentgeltlich ihre Dienste anbietet. 1996 wurde zudem eine Schule für taubstumme Kinder eingerichtet, in der auch Kurse zur Berufsausbildung von Jugendlichen durchgeführt werden.

 

     In Amadeo (Cavite) wurde 1990 ein Noviziat errichtet, an das 1996 eine Einrichtung für lernbehinderte Kinder angeschlossen wurde.

 

     Die philippinische Provinzdelegatur der römischen Provinz ist die jüngste Gründung des Ordens in Asien. In Zusammenarbeit mit der Ortskirche kann der Orden in diesem Land, dem katholischsten ganz Asiens, einen wichtigen Beitrag zur Evangelisierung leisten.

 

 

4) Ozeanien: neue Horizonte der Hospitalität

 

In Australien und Neuseeland ist heute, wie in Europa und den USA, ein postmodernes Gesellschaftsmodell dominierend, unter dessen Einfluß die Religion zu einer vollkommen von der Kollektivität getrennten Privatsache geworden ist. Persönliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Feminismus zählen viel mehr als das Bekenntnis zu einem Glauben. In diesen veränderten Gegebenheiten haben die Ordensleute begonnen, sich aus den großen Einrichtungen, die einst die Hochburgen der apostolischen Tätigkeit der Ordensgemeinschaften waren, zurückzuziehen und sich auf kleinere Dienste und offene bzw. individuelle apostolische Tätigkeitsformen zu konzentrieren..

 

Australien: Die ersten Barmherzigen Brüder, die 1947 in der Erzdiözese von Sydney ankamen, gehörten zur letzten Welle irischer Missionare, die auf den australischen Kontinent kamen. Zu jener Zeit stand die Pflege und Betreuung geistig behinderter Kinder in Australien auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Brüder wandten sich dieser Tätigkeit zu und öffneten nach und nach drei Sonderschulen und eine Förderwerkstätte für geistig  behinderte Kinder und Jugendliche. Ihre Leistungen auf diesem Gebiet haben das Evangelisierungswerk der Kirche enorm gefördert, gaben sie mit ihrem Dienst doch ein eindrucksvolles christliches Zeugnis der Nächstenliebe.

 

     Zugleich widmeten sich die Brüder in Australien auch der Psychiatrie, die bis dahin als reine Aufbewahrungs- und Wegsperrtätigkeit betrieben wurde. In den zwei psychiatrischen Krankenhäusern des Ordens wurden neue Methoden angewandt, wie z.B. ein verstärkter Einsatz der Gruppentherapie und differenzierte pharmakologische Heilverfahren.

 

     1997 feierte der Orden sein 50jähriges Bestehen in Australien. Zur Zeit ist er in den beiden Bundesstaaten New South Wales und Victoria tätig, und zwar mit einem Heim für geistig behinderte Kinder in Morisset, zwei psychiatrischen Krankenhäusern in Sydney sowie einem Netz von sozialen und therapeutischen Diensten für Behinderte in Melbourne.

                                                                                                                                                      

Neuseeland: Bereits dem ersten Ordensoberen in Australien, der 1947 aus Irland gekommen war, wurde aufgetragen,  das Werk des Ordens auch auf das benachbarte Neuseeland auszuweiten. Der Plan konnte 1955 in die Praxis umgesetzt werden, als vier Brüder nach Christchurch, der Hauptstadt des Bundesstaates South Island in Neuseeland gingen, wo sie eine Sonderschule für lernbehinderte Kinder eröffneten.

 

     Die Schule, "Marylands" mit Namen, wurde wegen ihrer fortschrittlichen, heilpädagogischen Lehrmethoden in ganz Neuseeland bekannt. Sie wurde 28 Jahre lang von den Brüdern geleitet, bis sie dem Staat übergeben wurde. Danach widmete sich der Orden in Christchurch in einem Heim der Betreuung psychisch kranker Erwachsener. Außerdem errichtete er eine Wohngruppe für jugendliche Kriminelle, bei denen es sich in der Mehrzahl um Maori handelt. 1995 übernahm der Orden zusätzlich in Hastings in North Island von den Kleinen Schwestern der Armen ein Altenheim.

 

     Der Tätigkeitsschwerpunkt des Ordens in Neuseeland liegt zur Zeit in der Altenarbeit und Rehabilitation behinderter Menschen. Außerdem kümmert er sich um Obdachlose, vor allem Jugendliche. Seine wichtigsten Werke sind das Altenheim in Hastings und das Obdachlosenheim in Christchurch. Seit 1955 sind mehrere junge Männer aus Neuseeland in den Orden eingetreten, von denen das Werk des Ordens sowohl in Neuseeland selbst als auch in Papua-Neuguinea wesentlich mitgetragen wird.

 

Papua‑Neuguinea: Papua-Neuguinea zählt ca. 3 Millionen Einwohner, von denen die Hälfte Christen sind. Davon sind wiederum ca. die Hälfte Katholiken. Die gebirgige Landschaft führte zu einer konfessionsmäßig zersplitterten Evangelisierung, wobei jede Konfession sich ein Gebiet zu eigen machte. Diese Aufteilung bestand bis zum Ende der Kolonialzeit. Danach haben sich die christlichen Kirchen auch außerhalb ihrer politischen und natürlichen Grenzen ausgeweitet. Die melanesianische Kultur kennt keine Form des Ordenslebens oder Priesteramtes

 

     Die Barmherzigen Brüder kamen 1971 nach Papua-Neuguinea. In der Hafenstadt Port Moresby begannen sie, sich um behinderte Kinder zu kümmern. 1976 dehnte der Orden seinen Wirkungskreis in das Bergdorf Kamina aus, in dem die Brüder eine Sozialstation in Betrieb nahmen, von der sie die Bildung, Landwirtschaft und andere Bereiche förderten. 1994 zogen sich die Brüder aus Kamina zurück und konzentrierten ihre Tätigkeit auf das Noviziat in Port Moresby.

 

     Die meisten der einheimischen Brüder in Papua-Neuguinea stehen noch in der Ausbildung. Trotzdem führt der Orden ein Heim für jugendliche Obdachlose in Holola (Port Moresby) und ein Zentrum für Alkohol- und Drogenabhängige in Goroka. Außerdem sind die Brüder seelsorgerisch in einem Gesundheitszentrum in Raihu (Aitape) tätig und leiten in Port Moresby eine Förderwerkstätte für Leprakranke.

 

     Es gibt bereits mehrere einheimische Profeßbrüder und einen anhaltenden Strom neuer Kandidaten. Das Scholastikat ist in Aitape. Hier werden die jungen Brüder darauf vorbereitet, die Werke des Ordens selbständig weiterzuführen. Das Zentrum für Alkohol- und Drogenabhängige in Goroka wird in Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz geführt, der es gehört.

 

     Die vielfältigen Ausdrucksformen, in denen die Hospitalität umgesetzt werden kann, sind der ganz besondere Beitrag des Ordens zum Evangelisierungswerk der Kirche in Papua-Neuguinea. In diesen Ausdrucksformen spiegeln sich wirkungsvoll so wichtige christliche Werte wieder wie die Hingabe an den Nächsten und die Dienstbereitschaft für den Schwächsten.

 

Achtes Kapitel

 

 

AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN

FÜR DIE MISSIONSTÄTIGKEIT DES ORDENS

 

 

1. Die Berufung des Barmherzigen Bruders im Licht der Missionsarbeit

 

Alle Getauften sind dazu berufen, Evangelisatoren und Zeugen des Reiches Gottes zu sein. "Die ganze Kirche ist missionarisch und das Werk der Evangelisierung ist eine Grundpflicht des Gottesvolkes" (EN 59). Aber es gibt verschiedene Dienste innerhalb der Einheit dieser Sendung (vgl. EN 66).

 

Johannes Paul II. betont in der Enzyklika "Redemptoris Missio" den fruchtbaren und reichhaltigen Beitrag, den das Ordensleben zur Evangelisierung leistet. Er lädt besonders die aktiven Ordensgemeinschaften ein, unabhängig davon, ob sie eine spezifisch missionarische Ausrichtung haben oder nicht, für die Ausbreitung des Reiches Gottes zu arbeiten. "Die Kirche muß die großen Werte des Evangeliums, deren Trägerin sie ist, bekannt machen. Niemand bezeugt diese Werte wirksamer als der , der ein geweihtes Leben... lebt" (RMi 69).

 

Für uns Barmherzige Brüder ist "der eigentliche Sinn unseres Lebens, durch unser Apostolat die Liebe Jesu sichtbar und erfahrbar zu machen und... unser Leben in den Dienst der Evangelisierung der Kranken und Armen zu stellen"  (DGK 5.6; vgl. Konst. 1984,41). Deswegen ist es unsere Aufgabe, den missionarischen Geist unablässig wachzuhalten und ihn auch in der Verkündigung “ad gentes” zu bezeugen, indem wir unserer Präsenz in den Missionsländern neuen Impuls geben (vgl. Konst. 1984, 48), um überall auf der Welt von der barmherzigen Liebe des Vaters zu den Kranken und Hilfsbedürftigen Zeugnis zu geben.

 

Wenn wir den missionarischen Geist nach dem Vorbild unseres hl. Stifters unter uns lebendig erhalten wollen, müssen wir:

 

a) Mit Freude unsere Identität und Weihe als Ordenschristen leben und bezeugen

 

Unsere Sendung wird in erster Linie an unserem Lebensstil sichtbar. Wenn wir fest in unserer Weihe als Barmherzige Brüder ruhen, zeigen wir, daß Gott der höchste Wert in unserem Leben ist und daß unser einziger Wunsch darin besteht, seinen Willen zu erfüllen. Indem wir für jeden Hilfsbedürftigen ein offenes Ohr haben, ihn aufnehmen und pflegen, erwidern wir die erfahrene Gottesliebe und zeigen unsere Liebesfähigkeit.

 

Unser Glauben, den wir durch die tägliche Begegnung mit Gott im persönlichen Gebet, in der Eucharistie und im Stundengebet nähren, muß sich konkret im praktischen Einsatz für den Armen und Kranken zeigen (vgl. DGK 5.4). "Das geweihte Leben ist beredter Ausdruck dafür, daß einer, je mehr er aus Christus lebt, ihm um so besser in den anderen dienen kann, indem er bis in die vorderste Missionsfront vorstößt und größte Risiken auf sich nimmt" (VC 76; vgl. EN 69).

 

"Die Hospitalität, die wir als Gabe empfangen habe, verlangt von uns, die Brüderlichkeit in Einfachheit zu leben" (Konst. 1984, 36b). Wir sollen:

 

·      Lebensgemeinschaften bilden,

·      die in einer geteilten Welt die menschliche Zusammengehörigkeit bezeugen

·      und die Bruderliebe wie echte Brüder leben und die Umgebung, in der sie eingegliedert sind, mit dem Gedanken der Geschwisterlichkeit durchdringen (vgl. DGK 5.5.1).

 

Die Pflege der Geschwisterlichkeit in unseren Gemeinschaften ist eine vorrangige Aufgabe unserer Sendung als Barmherzige Brüder.

 

b) Zeugen Christi sein

 

"Der besondere Beitrag der Personen des geweihten Lebens zur Evangelisierung besteht vor allem im Zeugnis eines Lebens der vollständigen Hingabe an Gott und an die Brüder und Schwestern" (VC 76). Indem wir Barmherzigen Brüder der Spur Jesu von Nazareth, der umherzog und allen Gutes tat (vgl. Apg 10,38), "indem er die verschiedensten Gebrechen und Leiden heilte" (Mt 4, 23), und von Johannes von Gott folgen, "der in restloser Hingabe den Armen und Kranken diente" (Konst. 1984, 1), wirken wir an der Rettung des Menschen und der Welt mit, und zwar durch unsere Präsenz und Nähe, durch die Achtung und den Schutz der Rechte der menschlichen Person, durch die Anwendung aller erforderlichen Mittel für eine ganzheitliche Pflege, durch die Hinwendung zum kranken und hilfsbedürftigen Menschen als Mittelpunkt unserer Interessen, durch die explizite Verkündigung des Evangeliums und dadurch, daß wir uns von den Ärmsten evangelisieren lassen (vgl. POE 37).

 

c) Ganzhingabe an Gott und restlose Verfügbarkeit für den Dienst am Menschen und an der

    Gesellschaft

 

"Durch ihre Ganzhingabe im Ordenstand sind sie im Höchstmaß frei und willens, alles zu verlassen und hinzugehen, um das Evangelium zu verkünden bis an die Grenzen der Erde" (EN 69; vgl. RMi 69). Unsere Berufung als Barmherzige Brüder verlangt eine bedingungslose Verfügbarkeit. Wir müssen bereit sein, überallhin zu gehen, wo ein kranker oder hilfsbedürftiger Mensch um unsere Hilfe bittet. Dieses Gebot gilt nicht nur für die Missionsländer, sondern betrifft alle Realitäten, in denen der Orden tätig ist.

 

d) Inkulturation, Ökumenismus und Universalismus

 

Diese drei Elemente sind grundlegend zur Erhaltung unseres missionarischen Geistes. Wir müssen den verschiedenen Kulturen mit großer Achtung, Offenheit und Wertschätzung begegnen und uns bemühen, verschlossene oder voreingenommene Haltungen, die dem Evangelium keinen großen Dienst erweisen, zu überwinden (vgl. VC 79,80). Der Universalismus sollte uns dazu bewegen, stets eine Kultur des Dialogs und der Solidarität zwischen den Völkern, den Institutionen und den Einzelnen zu fördern, wobei echter Pluralismus und Achtung vor allen unsere Grundlage bilden müssen. Der Ökumenismus ist nach dem II. Vaticanum eine Aufgabe, durch die immer stärker zum Dialog und zur Zusammenarbeit zwischen den Religionen hingearbeitet werden soll. "Der Dialog ist ein Weg zum Reich Gottes und wird sicherlich Frucht bringen, auch wenn Zeiten und Fristen dem Vater vorbehalten sind" (RMi 57; vgl. VC 101).

 

e) Angemessene Vorbereitung und Ausbildung

 

Unsere Sendung als Barmherzige Brüder verlangt "eine menschliche, theologische und berufliche Ausbildung als unabdingbare Voraussetzung, um bei den Kranken und Hilfsbedürftigen einen wirksamen Einsatz zu erbringen, den sie verdienen und mit Recht von uns erwarten" (Konst. 1984, 43). Es liegt auf der Hand, daß die Ausbildung je nach den Gegebenheiten der Regionen, in denen der Orden tätig ist, und den Bedürfnissen der Menschen, die wir betreuen,  gestaltet werden muß. Als allgemeine Grundlage ist jedoch überall eine angemessene persönliche Reife und eine solide spirituelle Basis im weitesten Sinn wünschenswert und notwendig, damit die Weihe als Barmherzige Brüder mit Hingabe und missionarischem Geist umgesetzt werden kann.

 

f) Sich dem Orden und der Kirche in der Mission gemeinschaftlich verbunden fühlen

 

Durch unsere Sensibilität, Sorge und Verbundenheit mit den Missionswerken des Ordens und der Kirche signalisieren wir sichtbar und konkret unseren missionarischen Geist. Das persönliche und gemeinschaftliche Gebet, die Solidarität und Zusammenarbeit mit den Missionswerken und ihre Förderung im Rahmen unserer Möglichkeiten sind Forderungen, die wir alle erfüllen müssen. Wir sollen zwar eingebunden in der jeweiligen Realität leben und uns ihr verpflichtet wissen, doch zugleich uns tief mit dem Gesamtorden und der Weltkirche verbunden fühlen. "Nur eine tiefe Liebe zur Kirche vermag den Eifer des Missionars zu stärken... Für jeden gilt: Die Treue zu Christus kann nicht von der Treue zu seiner Kirche getrennt werden" (RMi 89).

 

 

2. Die missionarische Animation: eine ständige Herausforderung für unsere Kommunitäten

 

Unsere Kommunitäten müssen sich, wenn sie wirksame Zeichen für die Gegenwart des Gottesreiches in der Welt sein wollen, der missionarischen Animation und dem Verkündigungsdienst mit demselben Elan wie ihrer unmittelbaren praktischen Tätigkeit widmen. Ausgehend von dem Geheimnis der Menschwerdung und der Auferstehung sollen sie Zeichen und Zeugen dafür sein, daß sie gesandt sind, das Gottesreich zu errichten, das das Hauptziel jedes Evangelisierungswerkes ist.

 

·      Gottvater hat seinen eingeborenen Sohn mit dem Auftrag in die Welt gesandt, das harmonische Verhältnis zwischen Mensch und Schöpfer wiederherzustellen und die Menschen, nach dem Schöpferplan, am Leben Gottes teilhaben zu lassen (vgl. Joh 12, 49; 6-9; 1 Joh 4, 9-10). “Um den Willen des Vaters zu erfüllen, hat Christus das Reich der Himmel auf Erden begründet, uns sein Geheimnis offenbart und durch seinen Gehorsam die Erlösung gewirkt" (LG 3).

·      Christus hat wiederum die Gemeinschaft, die er zu seiner Kirche konstituierte, mit dem Auftrag in die Welt gesandt, allen Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden (vgl. Mk 16,15; Joh 20,21; Lk 24.46; Hebr 1,8). "Wie nämlich der Sohn vom Vater gesandt ist, so hat er selbst die Apostel gesandt...Diesen feierlichen Auftrag Christi zur Verkündigung der Heilswahrheit hat die Kirche von den Aposteln erhalten und muß ihn erfüllen bis zu den Grenzen der Erde" (LG 17).

·      Kraft ihrer Zugehörigkeit zur Kirche, sendet unsere Gemeinschaft ihre Mitglieder, damit sie in Übereinstimmung mit unserem Charisma die Frohbotschaft verkünden und sichtbar machen. Deswegen pflegen wir in treuer Erfüllung des Auftrags, den die Kirche vom Herrn empfangen hat, ständig den missionarischen Geist auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene und widmen uns der missionarischen Animation (vgl. Konst. 1984, 48 und Gst. 58).

·      Unsere Kommunitäten erfüllen dann den Auftrag zur missionarischen Animation, wenn sie ständig bereit sind, den missionarischen Geist unseres Ordens zu fördern und andere an ihm zu beteiligen durch "Formen der missionarischen Kooperation" (vgl. RMi 77 u.f.; Gst. 59), die sich wie folgt darstellen können:

·      Das Zeugnis des eigenen Lebens, verwurzelt in evangelischem Radikalismus, der sich in allen Bereichen des Gemeinschaftslebens zeigt (Glaubens- und Gebetsleben, Bruderleben und apostolischer Dienst).

·      Innere Beteiligung an der Missionsarbeit durch das Gebet, Opfer und die pastorale Tätigkeit bei unseren Patienten und Heimbewohnern mit dem Ziel, ihnen den österlichen Wert des in Gemeinschaft mit Christus ertragenen Leidens nahezubringen.

·      Sich über die Missionstätigkeit der Kirche im allgemeinen und die des Ordens im besonderen informieren.

·      Interesse, Förderung und Unterstützung der Ausbildung der Missionsberufe.

·      Beteiligung an der materiellen und finanziellen Unterstützung unserer Missionswerke

·      Mitarbeiter dafür gewinnen, ihr Fachkönnen und Glaubensengagement in befristeter oder ständiger Weise in den Dienst der Missionen zu stellen.

·      Durch die ständige Weiterbildung auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene sich mit den neusten Entwicklungen und Herausforderungen im Missionsbereich vertraut machen.

·      Entsprechende Initiativen mit den Instrumenten koordinieren, die der Orden für die missionarische Animation und Förderung vorgesehen hat.

 

Wenn unsere Kommunitäten die missionarische Animation wirksam leben, geben sie damit ein Zeichen für ihre Glaubensreife, ihr Ruhen in Christus als Ordenschristen und ihr Verantwortungsbewußtsein für die Rettung aller Menschen zum  Aufbau des Reiches Gottes (vgl. RMi 77).

 

 

3. Die Charta zur missionarischen Animation

 

Dieses Dokument entstand bei einer Sitzung des Sekretariates für die Missionen im Mai 1984 in Rom.

 

In der Einleitung wird ein Rückblick auf die Missionstätigkeit des Ordens gegeben und die Notwendigkeit zur Errichtung des Generalsekretariates für die Missionen erklärt. Im Anschluß werden die für die Missionsarbeit erforderlichen Grundhaltungen illustriert: Opferbereitschaft, Anpassungsvermögen und Fähigkeit zum Zuhören. Dabei wird darauf aufmerksam gemacht, daß wir alle, direkt oder indirekt, an der Missionsarbeit mitwirken und in ihr einen bevorzugten Raum zur Evangelisierung und Förderung des Menschen sehen sollen.

 

In der Charta sind weiter in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche und unseren Konstitutionen und Generalstatuten die Leitlinien zur missionarischen Entwicklung und Animation im Orden enthalten. Dabei wird hervorgehoben, daß sich die missionarische Animation des Barmherzigen Bruders durch zwei sich einander ergänzende Tätigkeiten vollzieht: durch die Sendung “ad gentes" (Verkündigungsdienst) und die missionarische Animation innerhalb des Ordens. Letztere wird viel wirksamer sein, wenn die in den Missionen tätigen Brüder durch Kontakte und Besuche die Kommunitäten und anderen Einrichtungen des Ordens sensibilisieren. Obwohl wir alle kraft der Taufe und unserer Ordensweihe berufen sind, aktiv an der missionarischen Animation mitzuwirken, ist es sinnvoll, daß sich einige Brüder ganz besonders dieser Aufgabe widmen und die Kommunitäten sie dabei bestmöglich unterstützen.

 

Es werden folgende konkrete Aktionen angeregt:

 

·      jährliche Begegnungen auf Provinz- und interprovinzieller Ebene mit dem Ziel, das Interesse für die Missionen zu fördern;

·      Behandlung missionarischer Themen bei der Grundausbildung und ständigen Weiterbildung;

·      Sensibilisierung der Mitarbeiter, der Ortskirche und anderer Organisationen.

 

Die Charta  zur missionarischen Animation hat im Orden folgendes bewirkt:

 

·      die Erhellung dieser Dimension der Berufung zum Barmherzigen Bruder und wertvolle Impulse für die Zukunft (so begann man zum Beispiel auf ihre Anregung hin, in einigen Provinzen die Missionswoche abzuhalten, eine Einrichtung, die heute in den meisten Ordensteilen besteht);

·      eine größere Sensibilität für die Missionswerke, die zu einer größeren Solidarität, Gütergemeinschaft und Unterstützung führte;

·      die Beseitigung einer Lücke und das Bewußtsein, daß eine gezieltere Politik im Bereich der Missionsarbeit auf Gesamtordensebene erforderlich war.

 

 

4. Grundlagen unserer Missionsarbeit

 

Um seine Wurzeln wissend und den Auftrag der Kirche zur neuen Evangelisierung ernstnehmend, blickt der Orden an der Schwelle zum dritten Jahrtausend hoffnungsvoll in die Zukunft, in der den Barmherzigen Bruder unverändert eine große Aufgabe an der Seite des leidenden Menschen erwartet: "Das ist der Wirkungsbereich des Barmherzigen Bruders bei der Neuevangelisierung: Zeuge der christlichen Zuwendung zu dem Menschen in seiner Ganzheit sein, wofür wir den Ausdruck Humanisierung geprägt haben; Zeuge der Solidarität mit den Armen, den Kranken und Verlassenen sein; kurz den Menschen ein Bruder sein" (DGK 4,1).

 

Da die Verhältnisse, in denen wir tätig sind, von Ort zu Ort verschieden sind, muß von Fall zu Fall bedacht werden, wie in ihnen die Evangelisierung von uns schöpferisch und treu zum Charisma realisiert werden kann. (vgl. Konst. 1984, 6). Folgende grundlegende Kriterien sollten dabei von allen befolgt werden.

 

 

a) Die Hospitalität ist der zentrale Kern unseres Lebens

 

"Unsere Existenz in der Kirche hat den Sinn, das Charisma der Hospitalität nach dem Vorbild des heiligen Johannes von Gott zu leben und offenbar zu machen" (Konst. 1984,1).

 

Die Hospitalität ist der Wesenskern, der unser Dasein bestimmt und uns "zur Erfüllung unserer Sendung, das Reich Gottes unter den Armen und Kranken zu verkünden und gegenwärtig zu machen" (Konst. 1984, 2), befähigt. Durch sie haben wir am Gründerwerk unseres hl. Stifters teil. Sie ist eine Gabe Gottes, die wir jeden Tag im Gebet und in der Hingabe an die Brüder erneuern müssen. Die Hospitalität läßt uns wach bleiben und in steter Umkehrbereitschaft leben, damit wir wie Jesus und Johannes von Gott den Kranken und Verlassenen heilmachende Hilfen zu ihrer ganzheitlichen Befreiung anbieten können (vgl. POE 63).

 

Die erfahrene Barmherzigkeit Gottes drängt uns, uns restlos Gott zu schenken und unermüdlich für den Menschen in Not da zu sein, um ihm und allen damit die Frohe Botschaft vom reich Gottes zu verkünden.

 

 

b) Der Orden als Mitträger der Heilssendung der Kirche

 

Als Jünger Jesu ist es unsere Aufgabe, an der Evangelisierung mitzuwirken und Zeugen dafür zu sein, daß er gekommen ist, den Menschen vom Leiden zu heilen und zu erlösen. Dies tun wir, indem wir das Evangelium von der Barmherzigkeit leben und in die Praxis umsetzen. “Die Kirche blickt mit Bewunderung und Dankbarkeit auf die vielen Personen des geweihten Lebens, die durch ihre Hilfe für die Kranken und Leidenden in bedeutsamer Weise zu ihrer Sendung beitragen" (VC 83).

 

In Übereinstimmung mit der Tradition des Ordens stellen wir den leidenden Menschen in den Mittelpunkt unserer Sorgen und Zuwendung und pflegen ihn ganzheitlich. So führen wir das Heilswerk Christi fort. Neben den medizinischen, psychischen und sozialen Hilfen, ist für uns die geistliche Betreuung von ganz besonderem Interesse (vgl. VC 83).

 

 

c) Evangelisierung, Humanisierung und Förderung des Menschen

 

Wahre Evangelisierung geht immer Hand in Hand mit dem konkreten Einsatz für den Menschen. Die Herausforderung für uns Barmherzigen Brüder lautet heute, daß unsere Heilmethoden zugleich christliches Heilsangebot, d.h. Evangelisierung, sein müssen. Humanisierung und Evangelisierung müssen für uns ein untrennbares Ganzes bilden, denn "dort wo die Liebe nicht ist, ist auch Gott nicht, wenngleich Gott überall ist" (LB 15).

 

Eine größtmögliche technische und fachliche Qualität unter Einsatz der modernsten Mittel mit einem behutsamen und rücksichtsvollen Umgang mit den Menschen, die sich uns anvertrauen, verbinden, das wird heute von uns verlangt. Unter diesem doppelten Zeichen bemüht sich der Orden seit Johannes von Gott, seinen Auftrag zu erfüllen..

 

Die Förderung des Menschen gehört unlösbar zu unserer Sendung. Wir tragen zu ihr je nach unseren Möglichkeiten bei. In den Regionen, in denen die Armut am größten ist und die Mittel fehlen, zeigen wir uns durch konkrete Aktionen mit den Betroffenen solidarisch, indem wir uns bemühen, ihnen mit einfachen, verhältnismäßigen, aber wirksamen Mitteln zu helfen.

 

Ein Risiko, das den Einsatz des Barmherzigen Bruders für die Förderung des Menschen beeinträchtigen kann, ist, daß er sein Selbstbewußtsein ausschließlich oder vorwiegend aus der sozialen Nützlichkeit und Effizienz seines Tuns bezieht und darüber vergißt, daß seine eigentliche und letzte Bestimmung die ist, für die Liebe Gottes zu den Menschen Zeugnis abzulegen. Ein weiteres Risiko ist, daß er der Wissenschaft und Technik nicht die gebührende Beachtung schenkt, wohingegen es unsere Aufgabe ist, den Dialog zwischen beiden zu fördern und zu zeigen, daß Wissenschaft und Technik in dem Maß zur Zivilisierung und Humanisierung der Welt beitragen, in dem sie vom Wissen um Gott durchdrungen sind (vgl. DGK 4.3).

 

 

d) Universelle Offenheit und Inkulturation

 

Diese zwei Grundhaltungen müssen wir unablässig pflegen und weiter ausbauen, wenn wir unseren Auftrag glaubwürdig erfüllen wollen. Der Orden hat bei der Ausübung seiner apostolischen Sendung nie Unterschiede zwischen den Menschen gemacht: alle Kranken und Hilfsbedürftigen haben ein Recht auf seine Zuwendung und Hilfe. Trotzdem sagen wir im Bewußtsein um unsere Grenzen mit Johannes von Gott: "Während ich so viele Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe..., gerate ich in große Traurigkeit, weil ich ihnen nicht helfen kann" (2 GL 8).

 

An jede Situation und an jeden hilfsbedürftigen Menschen müssen wir getragen von dem Gedanken der Solidarität herangehen, indem wir wie Jesus handeln, der, obwohl er Gott war, sich uns Menschen gleich machte und unser Leben teilte (vgl. Phil 2, 6). Wir müssen mit großem Respekt an die verschiedenen Kulturen herangehen, uns angemessen vorbereiten und ausbilden und ihre Ideen, Stile und Brauchtümer achten. Nur so können wir die Barmherzigkeit und Liebe Gottes zu den Menschen glaubwürdig bezeugen: “Die Synode betrachtet die Inkulturation als eine Priorität und Dringlichkeit im Leben der Teilkirchen für eine tatsächliche Verwurzelung des Evangeliums in Afrika, als ein Erfordernis der Evangelisierung, als einen Weg zur vollen Evangelisierung, als eine der größten Herausforderungen für die Kirche auf dem Kontinent angesichts des nahenden Jahrtausends" (EA 59).

 

 

e) In Zusammenarbeit mit der Kirche und anderen Institutionen und offen für den

    interreligiösen Dialog

 

Wir sind nicht allein in dem Tätigkeitsbereich, zu dem wir durch unsere Sendung bestimmt sind. Deswegen sind wir gerne zur Zusammenarbeit mit kirchlichen und anderen Einrichtungen bereit, die sich wie wir für den kranken und hilfsbedürftigen Menschen einsetzen, vorausgesetzt, unsere Handlungsfreiheit wird nicht beschnitten. Gruppen und Organisationen, mit denen eine Zusammenarbeit möglich ist, sind: andere Ordensgemeinschaften, kirchliche Vereine, Vereine anderer Konfessionen, soziale Organisationen und die öffentliche Verwaltung.

 

Diesen Geist der Offenheit und Zusammenarbeit müssen wir ganz besonders mit den kirchlichen Einrichtungen pflegen und weiter ausbauen. Mit derselben Bereitschaft müssen wir den interreligiösen Dialog fördern, denn "da der interreligiöse Dialog Teil der Sendung der Kirche zur Verkündigung des Evangeliums ist, können sich die Institute des geweihten Lebens nicht der Verpflichtung entziehen, sich auf diesem Gebiet zu engagieren, ein jedes gemäß seinem Charisma und nach den Weisungen der kirchlichen Autorität” (VC 102; vgl. RMi 55). Deswegen müssen sich die Brüder, die in den Missionen tätig sind, spezifisch auf die ökumenische Zusammenarbeit vorbereiten und ausbilden.

 

 

 

 

f) Die prophetische Dimension unserer Sendung als Barmherzige Brüder

 

"In unserer heutigen Welt, in der sich die Spuren Gottes oft zu verlieren scheinen, erweist sich ein starkes prophetisches Zeichen seitens der Personen des geweihten Lebens als dringend notwendig” (VC 85). Die Ordensleute stehen seit jeher bei der Durchführung des Sendungsauftrages der Kirche an vorderster Front (vgl. EN 69).

 

Unser Orden hat immer prophetische Zeichen gesetzt, sei es durch die schlichte und aufopferungsvolle Hingabe an die Kranken im alltäglichen Dienst, sei es durch unerschrockenes Auftreten und die Anprangerung ungerechter Zustände in Grenzsituationen. Das stille Wirken vieler Brüder an Grenzposten des Krankendienstes und das Zeugnis des Martyriums, das viele von ihnen erlitten haben, sprechen in eindrucksvoller Weise für die prophetische Kraft des Ordens.

 

Wir müssen heute dieses Erbe übernehmen und mit unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Zeugnis fruchtbar weiter entfalten. Dabei sollten wir ganz besonders folgende Punkte berücksichtigen:

 

·      Unser prophetisches Zeugnis gründet auf unserem Lebensstil, auf der Qualität der Beziehungen, die wir zu unseren Mitmenschen unterhalten, auf den Werten, die unserem Leben Sinn geben, kurzum, auf unserer Lebensform, die eine Alternative zu dem Lebensmodell bilden muß, das heute in der Welt dominiert und sowohl Gott als auch den Menschen in seinem Personsein entwertet.

·      Dazu ist notwendig, daß wir, als Einzelne und als Gemeinschaften, einen schlichten und bescheidenen Lebensstil pflegen, nicht der Versuchung der Bequemlichkeit und des Konsumismus erliegen, mit den Schwächsten solidarisch sind und uns konkret für sie engagieren und kritisch zu ungerechten Haltungen, Strukturen und Maßnahmen Stellung nehmen. All dies müssen wir persönlich und gemeinschaftlich als Aufgabe übernehmen, wenn wir unserem prophetischen Erbe treu bleiben wollen.

·      Wir wissen um unsere Pflicht, darüber zu wachen, daß das Recht der Person, geboren zu werden, menschenwürdig zu leben, bei Krankheit gepflegt zu werden und in Würde zu sterben, gewahrt bleibt (vgl. Konst. 1984, 23). Wir wissen, daß wir uns zur Stimme derjenigen machen sollen, die keine Stimme haben, damit überall jeder Person die menschliche Würde zuerkannt werde und der Mensch im Mittelpunkt jedes Tätigkeitsprogrammes stehe (vgl. EA 70). "Außerdem erinnert die Kirche die Personen des geweihten Lebens daran, daß es zu ihrer Sendung gehört, die Bereiche des Gesundheitswesens, in denen sie tätig sind, zu evangelisieren, indem sie versuchen, durch die Vermittlung der Werte des Evangeliums das Leben, das Leiden und das Sterben der Menschen unserer Zeit zu erleuchten. Es ist ihre Aufgabe, sich im Dienst des Evangeliums vom Leben der Humanisierung der Medizin und der Vertiefung der Bioethik zu widmen" (VC 83).

·      Wie Jesus sollen wir uns mit den Leidenden, Ausgeschlossenen und Schwächsten identifizieren. Obwohl wir traditionsgemäß unseren Auftrag bisher hauptsächlich in eigenen Häusern ausgeübt haben, sollen wir in den heutigen Gegebenheiten bereit sein, unsere Arbeit auch außerhalb unserer Werke zu entfalten, vor allem dort, wo die Eingliederung unserer Mitarbeiter die treue Fortschreibung der Werte des Ordens gewährleistet und die Stabilität des Werkes keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

·      Obwohl alle Bereiche der Armut, der Krankheit, des Elends und des Leidens für uns Barmherzige Brüder bevorzugte Handlungsgebiete zur Umsetzung des Evangeliums von der Barmherzigkeit sind, müssen wir den ärmsten und verlassensten Kranken unsere ganz besondere Aufmerksamkeit widmen (vgl. VC 83). Dazu gehören: Obdachlose, Sterbende, AIDS-Kranke, Drogenabhängige, Immigranten, Alte und chronisch Kranke. Wenn wir unseren Blick in die Missionsländer richten, entdecken wir zusätzliche Dringlichkeiten: endemische Armut, epidemische Krankheiten (Malaria, Lepra, Polio, parisitäre Pathologien u.v.a.), die geistig und psychisch Kranken, die noch vielmals von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, Konsequenzen der Kriege, Flüchtlinge und Heimatvertriebene.

 

 

g) Gemeinsam mit den Mitarbeitern

 

In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Kirche ist unser Orden seit geraumer Zeit bemüht, zu unseren Mitarbeitern ein partnerschaftliches Verhältnis herzustellen. Das Dokument “Gemeinsam dem Leben dienen - Die Barmherzigen Brüder und ihre Mitarbeiter" (1992) enthält die pastoralen und praktischen Leitlinien, nach denen auf dieses Ziel hingearbeitet werden soll.

 

Es ist ein Geschenk für die Kirche und für den Orden, daß so viele Mitarbeiter, ehrenamtliche Helfer und Wohltäter unsere Sendung mittragen und gemeinsam mit uns die Hospitalfamilie bilden. In Gemeinschaft mit ihnen führen wir unsere apostolische Sendung fort (vgl. VC 54).

 

Es ist unsere Aufgabe, uns für die weitere Ausfaltung dieses Gemeinschaftssinnes einzusetzen. Dazu bieten sich vielfältige Möglichkeiten an, die mit gegenseitiger Achtung wahrgenommen werden sollten. Beim letzten Generalkapitel haben die Mitarbeiter wie folgt zu ihrer Integration in den Orden Stellung genommen:

 

            "Die Vertreter der Mitarbeiter anerkennen und schätzen die Bemühungen des Ordens, sich selbst und sein Handeln vor dem Hintergrund der Erfordernisse der Zeit zu hinterfragen und zu erneuern, und sind der Ansicht, daß die Integration der Mitarbeiter in den Sendungsauftrag des Ordens heute... wichtig, notwendig und unentbehrlich ist" (Erklärungen des 63. Generalkapitels, S. 31).

 

Es gilt, neue Projekte einzuleiten und die bestehenden weiterzuentwickeln. Dabei sollen wir Brüder die treibende Kraft und Vordenker sein, während die Mitarbeiter unseren Einsatz für die Schwächsten teilen und unterstützen sollen. Es gibt Erfahrungen in dieser Richtung, die als Grundlage für neue Unternehmungen dienen sollten.

 

 

h) Verkündigungsdienst

 

Alles, was bisher gesagt wurde, gilt auch, natürlich mit den gebührenden Anpassungen, für die Tätigkeit des Ordens in den Missionsländern. Trotzdem möchten wir hier den Appell herausstreichen, der von der Kirche in “Vita Consecrata” an die Ordensleute hinsichtlich des Verkündigungsdienstes gerichtet wurde:

 

Es ist Aufgabe des geweihten Lebens, “in jedem Teil der Welt für die Festigung und Ausbreitung des Reiches Christi zu arbeiten, indem sie die Botschaft des Evangeliums überallhin, auch in die entferntesten Gegenden bringen" (VC 78; vgl. LG 44). In Entsprechung zu diesem Appell ist der Orden heute auf allen fünf Kontinenten aktiv, nachdem er in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts enorme Anstrengungen unternommen hat, den Orden nach Afrika, Asien und Ozeanien zu verpflanzen.

 

Die Leistungen, die in diesen Jahren vollbracht wurden, sind enorm und die Brüder in den Missionen sind für uns alle wahre Vorbilder. Wir sollten uns um ein engeres Näheverhältnis bemühen und zu unserer gegenseitigen Bereicherung den Austausch intensivieren. Wir können viel für unsere Brüder in den Missionen tun; aber wir können von ihnen und den Menschen, denen sie helfen auch viel empfangen.

 

Alle Brüder haben die Pflicht, mit ihrem Gebet und ihrer Nähe das Evangelisierungswerk des Ordens mitzutragen. Darüber hinaus sollte jeder bereit sein, direkt in den Missionsländern zu arbeiten.

 

 

5. Neue Hospitalität: Neuevangelisierung im Geist des heiligen Johannes von Gott

 

Erinnern wir uns zunächst, wie das 63. Generalkapitel die neue Hospitalität verstanden wissen wollte:

 

            "Die neue Hospitalität ist an allererster Stelle eine Bewegung, die den Orden selbst zum Gegenstand hat und den innersten Kern seiner Identität betrifft. Durch sie soll in erster Linie das Primat der Evangelisierung vor allen anderen Aufgaben des Ordens bekräftigt und verdeutlicht werden. Es handelt sich weder um ein ‘neues Charisma’, noch um den Versuch, es an das Wertesystem unserer Gesellschaft anzupassen. Das Neue gilt nicht für den Inhalt des Charismas, der unberührt fortbesteht, sondern bezieht sich darauf, daß wir die Gabe, die uns der hl. Johannes v. Gott als Vermächtnis hinterlassen hat, in Entsprechung zu den Bedürfnissen und Erwartungen des Menschen von heute, der unter Krankheit, Alter, Ausgrenzung, Behinderung, Armut und Einsamkeit leidet, mit einer neuen Sprache, neuen Zeichen und neuen Formen des Apostolates leben und zur Entfaltung bringen sollen” (Erklärungen des 63. Generalkapitels, S. 13).

 

Von einer neuen Hospitalität sprechen, heißt, sich die Frage stellen: Wie kann und soll der Orden heute wirksam seinen Auftrag erfüllen?

 

Unser apostolischer Auftrag verlangt, daß wir den Gedanken der Hospitalität im Geist des hl. Johannes v. Gott definieren und in die Praxis übertragen. Dieser Gedanke soll für den kranken und hilfsbedürftigen Menschen gedacht, gemeinsam mit den Mitarbeitern gelebt und im Dienst an der Gesellschaft von heute umgesetzt werden.

 

Unser Evangelisierungswerk richtet sich traditionsgemäß an eine Vielzahl von kranken und hilfsbedürftigen Personen. Heute unterscheiden wir unter “klassischen” Patienten und “neuen” Armen, Menschen, die den Rhythmus der Gesellschaft nicht mitzuhalten imstande sind, und solchen, die darunter zusammenbrechen, Industrieländern mit modernsten Mitteln und Entwicklungsländern mit einer rudimentären Medizin.

 

Mit unserer Arbeit leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft von heute, und zwar überall, wo wir sind, unabhängig davon, ob wir mit unserem Dienst das öffentliche Gesundheits- und Sozialnetz ergänzen oder, dort wo es fehlt, es ersetzen.

 

In den letzten Jahren hat sich unser Orden eingehend befragt, wo sein Tun am notwendigsten ist, und hat in Beantwortung darauf seine Optionen getroffen.

 

Das Dokument des letzten Generalkapitels “Neuevangelisierung und Hospitalität an der Schwelle zum dritten Jahrtausend” listet diese Optionen in dem Abschnitt 5.6.1. auf und nennt: Obdachlose, Sterbende, AIDS-Kranke, Drogenabhängige, Immigranten, Alte und chronisch Kranke.

 

In diesen und anderen Tätigkeitsbereichen sollen unsere Werke, durch den Dienst, den sie erfüllen, und durch die Form, in der sie ihn erbringen, Lebensräume sein, in denen die barmherzige Liebe Jesu Christi zu den Kranken und Hilfsbedürftigen in evangelischer Zeichenhaftigkeit aufleuchtet. An dem Betreuungsmodell, das dazu notwendig ist, wirken in erster Linie die Brüder und die anderen gläubigen Menschen mit, die mit ihnen zusammenarbeiten (Laien, andere Ordensleute und Priester), aber wie uns das Konzil gelehrt hat, auch die Mitarbeiter, die, ohne unseren Glauben zu teilen, den Samen des Reiches Gottes in sich tragen und dadurch unbewußt an seinem Aufbau teilhaben. Deswegen sollen wir auch mit ihnen freudig unsere Sendung teilen.

 

Davon leiten sich eine Reihe von Schlüssen her, denen wir bei der Erfüllung unseres Sendungsauftrages Rechnung tragen müssen:

 

1.         Alle Personen, die in unseren Häusern tätig sind, müssen sich zum Dienst am menschlichen Leben und zu seinem Schutz vereint fühlen und ihre menschlichen, fachlichen und spirituellen Werten in den Dienst des gemeinsamen Zieles stellen.

 

2.         Die Brüder und ihre christlichen Mitarbeiter sollen das angewandte Betreuungsmodell mit der Erfahrung des Erlösergottes bereichern, der ein Freund des Lebens ist und für alle das Beste wünscht. Diese Erfahrung soll den anderen Mitarbeitern sowie den Kranken und Hilfsbedürftigen weiter vermittelt werden.

 

3.         Ohne eine Gruppe zu bilden, die Druck ausübt, sollen wir Christen in unseren Werken und in unserer Arbeitsumgebung in Wort und Zeugnis Kirche bilden, auch wenn wir unterschiedliche Kriterien haben und verschiedenen Sektoren der Kirche angehören. Es ist sicher keine leichte Aufgabe, diesen Gemeinschaftsgeist auszubilden, aber wir sollten keine Mühe scheuen, um eine echte Hauskirche aufzubauen.

 

4.         Eine große Herausforderung an unsere pastorale Sendung liegt darin, daß wir mit Schlichtheit und Freude unseren Glauben vor unserer Umwelt bezeugen sollen. Dabei sollen wir mit evangelischem Geist freundschaftlich und verständnisvoll auf die zugehen, die anders denken und glauben als wir.

 

5.         Eine andere große Aufgabe unserer pastoralen Sendung besteht darin, den gütigen und barmherzigen Christus und seine frohe Botschaft zu den Kranken und Hilfsbedürftigen zu bringen, die sich von Gott abgewandt haben oder mit ihrem Schicksal hadern.

 

Wir sind dazu berufen, gelebtes Evangelium zu sein: mit Achtung vor jedem Menschen, in Gemeinschaft mit der Ortskirche und mit ökumenischer Offenheit für die verschiedenen Konfessionen.

 

Wir leben in einer Welt, in der sich die Menschen immer stärker über den Sinn des Lebens, die Gründe ihres Schicksals und über die Existenz Gottes befragen.

 

Der Orden ist in Regionen tätig, wo man noch nie von Jesus Christus sprechen gehört hat. Er wirkt in musulmanischen, hinduistischen, konfuzianischen und animistischen Kulturkreisen. Obwohl unsere Sendung nicht unmittelbar die Verkündigung des Wortes zum Ziel hat, wissen wir, daß wir mit unserem Dienst deutliche kirchliche Zeichen setzen, auch dann, wenn diese nicht verstanden oder mißverstanden werden.

 

Mit unserem Dienst am kranken und hilfsbedürftigen Menschen und der Pastoralarbeit, die wir in Zusammenarbeit mit Schwestern, Priestern und Gläubigen durchführen, arbeiten wir mit der Ortskirche zusammen und ergänzen so mit unserem karitativen Werk den Dienst, den andere Ordensleute, Priester und Katechisten durch das Wort erfüllen, indem wir mit den Zeichen unseres Lebens die heilmachende Gegenwart Christi sichtbar machen:

 

            "Unser Leben als Barmherzige Brüder in der Kirche wurzelt in der Person Jesu und in seinen Taten. In seinem irdischen Leben waren die Kranken, die Armen und die Demütigen die Bevorzugten seiner Liebe" (Konst. 1984, 41b). 

 

 

 

 

 

 


DOKUMENTATION UND BIBLIOGRAPHIE

 

 

1. DOKUMENTATION

 

Zweites Vatikanisches Konzil

 

- Ad Gentes. Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche

- Apostolicam  Actuositatem. Dekret über das Laienapostolat

- Dei Verbum. Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung

- Gaudium et Spes. Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute

- Lumen Gentium. Dogmatische Konstitution über die Kirche

- Nostra Aetate. Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen

- Perfectae Caritatis. Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens 

- Sacrosanctum  Concilium. Konstitution über die heilige Liturgie

 

Paul VI.

 

- Evangelii Nuntiandi. Apostolisches Schreiben. Die Evangelisierung in der Welt von heue

 

Johannes Paul II.

 

- Salvifici Doloris. Apostolisches Schreiben über den Sinn des menschlichen Leidens

- Redemptoris Missio. Enzyklika über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags

- Ecclesia in Africa. Apostolisches Schreiben über die Kirche in Afrika

- Vita Consecrata. Apostolisches Schreiben über das geweihte Leben

 

IV. Generalkonferenz des lateinamerikanischen Episkopats

Santo Domingo (12. - 28. Oktober 1992) (Celam IV).

 

Hospitalorden des heiligen Johannes von Gott

- Konstitutionen des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott. Rom, 1984.

- Erklärungen des 63. Generalkapitels. Santafé de Bogotá, 1994.

- Die apostolische Dimension des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott. Rom, 1982.

- Gemeinsam dem Leben dienen - Die Barmherzigen Brüder und ihre Mitarbeiter. Rom, 1991.

- Johannes von Gott lebt. Rom, 1991.

- Neuevangelisierung und Hospitalität an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. Rom, 1994.

- Die Präsenz des Ordens in Spanien. Madrid, 1986.

- Was ist die Krankenpastoral? Rom, 1980.

- Regel des hl. Augustinus - Briefe des hl. Johannes v. Gott. Rom, 1984.

      

 

2. BIBLIOGRAPHIE ÜBER DIE MISSIONSTÄTIGKEIT DES ORDENS

      

2.1. Werke mit allgemeinem Inhalt

 

Corentin, F.,  L´Oeuvre Hospitalière de Saint Jean de Dieu et son Ordre. Paris, 1937.

Cruset, J., Cronica Hospitalaria, Ed. Hospitalaria, Barcelona 1971.

Gameiro, João.,  Os Irmãos Hospitaleiros de S. João de Deus em Portugal. Lissabon, 1943. 

Gómez Bueno, Juan Ciudad., Historia de la Orden Hospitalaria de S. Juan de Dios. Granada,                                           1963.

Gómez-Moreno y Martínez, Manuel.,  San Juan de Dios. Primicias Históricas Suyas. Dispuestas y Comentadas por Manuel Gómez-Moreno. Madrid, 1950.

Mc Mahon, Norbert.,  The Story of the Hospitallers of St. John of God. Dublin, 1958.

Russotto, Gabriele.,   San Giovanni di Dio e il suo Ordine Ospedaliero (2 Bände) Rom, 1969.

Santos, Juan.,  Chronología Hospitalaria y Resumen Historial de la Sagrada Religión del Glorioso Patriarca San Ivan de Dios... Madrid, 2 Bände 1715 (Erster Teil), 1716 (Zweiter Teil). Zweite Ausgabe (2 Bände) Madrid, 1977.

Strohmeyer, H., Der Hospitalorden des hl. Johannes von Gott. Barmherzige Brüder.                                                  Regensburg, 1978.

 

2.2. Werke zur Missionstätigkeit, die vom Orden außerhalb Europas durchgeführt wurde

 

Clavijo y Clavijo, Salvador.,  La Obra de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios en América y Filipinas. Madrid, 1950.

                                             San Juan de Dios en la Marina de Guerra Española. Presencia y                    Nexo. Madrid, 1950.

Filipe, Nunno.,  Irmaos de São João de Deus. 50  Anos de presença en Africa. Lissabon, 1994.

Ortega Lázaro, Luis.,  Para la Historia de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios en                               Hispanoamérica y Filipinas. Madrid, 1992.  

VV.AA.,  Labor Hospitalario-Misionera de la Orden de San Juan de Dios en el mundo fuera                     de Europa. Madrid, 1929. 

 

2.3. Schriften der Generaloberen des Ordens

 

Antía, Juan Grande, Cartas circulares de los Superiores Mayores de la antigua Congregación     española. AIP, Granada.

                   Cartas circulares de los Superiores Mayores de la Congregación Italienna. AGFR,     Rom.

Aparicio Rojo, Higinio,  Carta circular a los Hermanos de las Provincias españolas. Rom,            1963.

                   - Rundschreiben mit Richtlinien zur Ausbildung im Orden. Rom, 1960.

                   - Echi dei nostri missionari in Indocina e in Giappone, in Vita Ospedaliera, VII Jhg,      Nrº 2, März-April 1952.

Bonardi, Mosé, Lettera ai religiosi dell’Ordine. Rom, 1954, 55 u. 56.

Lizaso Berruete, Félix.,  Perfil Juandediano del Beato Benito Menni (463 Cartas). Granada,         1985.

Mapelli, Celestino u. Brockhusen., P. Giovanni M. Alfieri. (3 Bände.) Mailand, 1988.

Marchesi, Pierluigi.  Die Hospitalität der Barmherzigen Brüder: Aufbruch ins Jahr 2000. Rom,

                    1986.

                   - Die Vermenschlichung. Antwort eines Barmherzigen Bruders an einem

                   geschichtlichen Wendepunkt. Rom, 1981.

Meyer, Rafael, Cenni biografici dei Superiori Generali dell´Ordine Ospedaliero di S. Giovanni   di Dio. Rom, 1925.

Meyer, Rafael u. Antía, Juan Grande., Apuntes Biográficos de los Superiores Generales de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios dada a la luz por el Rvmo. P. General de dicha Orden Rvdmo. P. Fr. Rafael Meyer, Pbro. traducida del Italienno y aumentada con las biografías de los Superiores Generales de la Congregación de España por el Rdo. P. Fr. Juan Grande Antía, Pbro. (de la misma Orden). Madrid, 1927.

Russotto, Gabriele,  Un grande animatore. Padre Giovanni Maria Alfieri, 1807-1888. Rom,        1968.

 

2.4. Herausragende Brüdergestalten

 

Alvarez Sierra Manchón, José.,  Antón Martín y el Madrid de los Austrias. Madrid, 1961. 

                   - Il Venerable P. Pietro Soriano, Fatebenefratelli 17 (1952).

                   - El P. Menni y su obra. Ed. Hospitalaria. Barcelona, 1967. 

                   - P. Menni. Cartas del siervo de Dios. Rom, 1975.

Cousson, J. Corestin.,  Paul de Magallón d´Argens. Lyon, 1958.

Gil Roldán, Carlos.,  Glorias de los Hijos de S. Juan de Dios N. P. de la Congregación de España. Noticias históricas de los servicios que a Dios y al Rey han hecho desde su fundación entiempo de calamidades públicas, de guerra y peste. Madrid, 1796.

Gomollón, Aurelio., Hospitalarios edificantes:

                   - M. R. P. Juan de Dios Magallón, in La Caridad, 10 (1951), S. 51-53. 

                   - R. P. Braulio María Corres Díaz de Cerio, in La Caridad, 11 (1952), S. 367-371.  

                   - Rvdo. Padre Eliseo Talochon de la Orden de San Juan de Dios, médico cirujano de Luis XVIII Rey de Francia (1753-1817), in La Caridad, 12 (1953), S. 318-320. 

                   - R. Padre Gabriel, hijo de los Condes de Ferrara, in La Caridad, 13 bis (1955), S        49-52.

Lizaso Berruete, Félix., Braulio Ma. Corres, Federico Rubio y compañeros Mártires, Hospitalarios de San Juan de Dios. Madrid, 1992.

Marcos Bueno, Octavio.,   Testimonio martirial de los Hermanos de San Juan de Dios en los días de la persecución religiosa española. Madrid, 1980.   

Pozo Zalamea, Luciano del., Caridad y Patriotismo. Reseña histórica de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios, escrita con ocasión del quincuagésimo aniversario de su reflorecimiento en España (1867-1917). Barcelona, 1917.

Russotto, Gabriele,  Immolati per amore de Dio. Rom, 1962.

                   - La guerra civile di Spanien (1936-1939) nell´Archivio Generale dei

                   Fatebenefratelli. Rom, 1987. 

                   - San Giovanni di Dio e il suo Ordine Ospedaliero. Rom, 1969. Mit einem eigenen

                   Bericht über die polnischen Ordensmärtyrer (S. 117-118).

                   - Eustachio Kugler Fatebenefratello. L´uomo e la sua spiritualità. Rom, 1960.

Santos, Juan., Los cinco primeros compañeros de San Juan de Dios (con las vidas de otros         venerables Padres). Barcelona, 1914.

Saucedo Cabanillas, Rafael María.,- El descubrimiento de Australia y la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios, in Paz y Caridad,  1 (1950), S. 16-19 u.  2 (1950), S. 83-87.

                   - “Hasta el cielo”. Biografía y martirio de 54 Hermanos Hospitalarios de San Juan     de Dios, Madrid,   1952.

                   - I nostri Martiri di Polonia, in Vita Ospedaliera, 2 (1947), S. 102-107. Publiziert           auch in La Caridad, 6 (1946) S. 432-437.

                   - Il Servo de Dio P. Guglielmo Llop dei Fatebenefratelli, Rom, 1957. Vita        Ospedaliera, 1 (1957). 

                   - Los Siervos de Dios R. P. Braulio Ma. Corres y compañeros mártires de la Orden     Hospitalaria de San Juan de Dios. Barcelona, 1948.

Soria, Domingo de, - Portento de la Gracia, Vida admirable y heroicas virtudes del Serafín del amor divino, esclarecido con el don de Profecías, el Venerable Siervo de Dios Fr. Francisco Camacho. Por Fray Domingo Soria OH., Fundador del Hospital de Coquimbo, Guánuco y Valdivia. Madrid, 1833.

VV.AA.,     - El Beato Ricardo Pampuri. Madrid, 1981.

                   - Labor Hospitalario-Misionera de la Orden de San Juan de Dios en el mundo fuera   de Europa. Madrid, 1929. Mit besonderen Bezügen zu den:

                        - kolumbischen Ordensmärtyrern (S. 65-86)

                        - chilenischen Ordensmärtyrern (S. 87-101)

                        - brasilianischen Ordensmärtyrern (S. 102-111)

                        - philippinischen Ordensmärtyrern (S. 111-129)

                        - Ehrwürdigen P. Camacho (S. 121-142)

                        - Fr. Cebrián de los Llanos (Fr. Cebrián de la Nada) (S. 143-157)

                        - Fr. Manuel Chaparro (S. 158-163)

                   - Recordando una vida, una obra, un martirio en el Padre Juan Jesús Adradas, Pbro.,           OH. Madrid, 1960.

 

2.5.- Andere Schriften über die Missionstätigkeit des Ordens

 

Alvarez Sierra Manchón, José.,  Influencia de San Juan de Dios y su Orden en el progreso de la             medicina y de la cirugía. Madrid, 1950

Eseverri Chaverri, Cecilio., Historia de la Enfermería Española e Hispanoamericana.      Barcelona, 1984. Zweite erweiterte Ausgabe, Madrid, 1995.

González Pinto, Rodrigo., La obra hospitalaria en la asistencia a los enfermos mentales. Madrid, 1950.

Russotto, Gabriele., Riflessi di un´anima. Rom, 1955.

Valencia, Justiniano.,  Instrucciones sobre asistencia a los enfermos mentales. Madrid, 1931.

Ventosa Esquinaldo, Francisco.,  Historia de la Enfermería Española. Madrid, 1984.

 

 

 

 

 

 

 

 



[1]               CASTRO, Francesco de, Geschichte des Lebens und der heiligen Werke des Johannes von Gott, (VIII. Kap.).

[2]              CASTRO, ebd., (IX. Kap.).

[3]              CASTRO, ebd., (III. Kap.).

[4]              CASTRO, ebd., (VI. Kap.).

[5]               CASTRO, ebd., (XIV. Kap.).

[6]              CASTRO, ebd., (XI. Kap.).

[7]               CASTRO, ebd., (XXI. Kap.).

[8]              CASTRO, ebd., (XX. Kap.).

[9]              CASTRO, ebd., (XVII. Kap.).

[10]             CASTRO, ebd., (XX. Kap.).

    [11] CASTRO, ebd., (XVI.. Kap.).

    [12] CASTRO, ebd., (XII.. Kap.).

    [13] CASTRO, ebd., (XIV. Kap.)..

[14]             Pius XI., Aus der Botschaft, die der heilige Vater bei einer außerordentlichen Udienz an die Mitglieder des Generalkapitels des Ordens richtete, bei dem u.a. auch die Umstrukturierung des Krankenhauses zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel diskutiert wurde. Rom,24. Mai 1930.

[15]             P. Giovanni M. Alfieri, Aus einem Schreiben an den Gesamtorden vom 20.08.1865. Zu jener Zeit grassierte eine schwere Choleraepidemie in Europa und P. Alfieri forderte die Brüder auf, sich mutig der Opfer anzunehmen.

[16]             Idem 15.01.1867.

[17]              J.Cruset, Cronica Hospitalaria, Ed. Hospitalaria, Barcelona 1971, S.87-88..

[18]             Fr. F.Lizaso, Perfil Juandediano del Beato Benito Menni. Granada 1985, Brief 33, 25-XI-1900.

[19]             Idem, Gw., Brief 79, 1-II-1888.

[20]             Idem, Gw., Brief 76, 24-X-1887.

[21]             Idem, Gw., Brief 83, 15-X-1885.

[22]             Idem, Gw., Brief 42, 8-III-1911.

[23]             Fr. G.Russotto, Riflessi di un’anima, Rom 1955, Brief 28, 14-VIII-1923.

[24]             Idem, Gw., Brief 80, 8-VI-1927.

[25]             Idem, Gw., Brief 21, 5-IX-1923.

[26]             Idem, o.c., Lettera 88, 23-VIII-1927.

[27]             P. E.Blandeau, Rundschreiben an den Orden, 29-I-1941.

[28]             P. M. Bonardi, Rundschreiben an den Orden, 15-VIII-1954.

[29]             Idem, id, 28-XI-1955.

[30]             P. H. Aparicio, Rundschreiben an den Orden, 12-II-1967.

[31]             Idem, id, 28-XI-1969.

[32]             Idem, Rundschreiben an die spanischen Provinzen, 2-II-1963.

[33]            Fr. Anthony Leahy gehört zur Australischen Provinz. Er lebt und wirkt seit vielen Jahren in Papua Neuguinea, wo er auch Novizenmagister war.

[34]            Fr. Fortunatus gehört zu den Urhebern des Missionswerkes des Ordens in Indien und ist der Gründer der Schwestern von der Nächstenliebe des heiligen Johannes von Gott.

[35]             Priester-Mitbruder aus Vietnam. War viele Jahre lang Novizenmagister.

[36]            Priester-Mitbruder aus Portugal. Er blieb während der Revolution in Mozambique und ist ein wahrer Zeuge der Treue zur Hospitalität. Er wurde mehrmals verhaftet.

[37]             Fr. Ricardo ist Arzt und gehört zur Aragonischen Provinz. Er hat die besten Jahre seines Lebens den Kranken in Sierra Leone gewidmet, bis ihn das Alter und eine Krankheit zwangen, auf Anordnung der Oberen nach Spanien zurückzukehren.

[38]             Fr. Rafael Teh ist ein aus Kamerun gebürtiger Priester-Mitbruder.

[39]             Fr. Juan B.Carbó war bis zum 1. Mai 1997 Generaldelagt in Afrika.

[40]             Statuten für die Missionen, Einleitung, Rom, 1957, S. 3.

[41]             Vgl. Satzung des gemeinsamen Missionsfonds, Februar 1992. Generalarchiv des Ordens, Ordner Or. 51, Akte I., C.

[42]             Moses Bonardi, Rundschreiben, 28-XI-1955.

[43]             Moses Bonardi, ebd.

 
 

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